Formel 1:D'Artagnan und der alte Kämpfer

Lesezeit: 3 min

Vor dem Rennen in China sticheln die WM-Rivalen Fernando Alonso und Michael Schumacher.

René Hofmann

Die Rivalen haben sich herausgeputzt. Michael Schumacher war beim Friseur. Er trägt das Haupthaar jetzt noch kürzer.

So kurz, dass die Kopfhaut durchschimmert, wenn die Sonne darauf scheint. Kampfschnitt nennt sich das. Beim Militär.

Fernando Alonso mag es extravaganter. Zu besonderen Anlässen hat er in diesem Jahr oft etwas Besonderes gezeigt. Zu seinem Heimrennen in Barcelona erschien er mit einem Dreitagebart.

In der Türkei tauchte er mit einem Brillanten im linken Ohrläppchen auf. Für den Ausflug nach Schanghai hat er sich an zwei Stellen im Gesicht ein paar Haare stehen lassen.

An der Oberlippe und am Kinn sprießt feiner Flaum, womit er an einen Musketier erinnert. D'Artagnan und der entschlossene alte Kämpfer - als Slogan passt das gut zu den letzten drei Formel-1-Rennen 2006.

"Jetzt wird die WM entschieden", sagt Fernando Alonso: "Wer öfter gewinnt, ist Meister." - "Es ist sehr, sehr eng", sagt Michael Schumacher. Die Meisterschaft reduziert sich auf das Duell zwischen den beiden.

Nur noch zwei Punkte liegt Schumacher hinter Alonso. Den Großen Preis von China gibt es erst zum dritten Mal. Die Formel 1 spielt in dem Land keine große Rolle, da ist plakatives Marketing gefragt.

Auf den vielen Werbewänden an den breiten Straßen, die durch das Sumpfland um Schanghai zur Strecke führen, zeigen Riesenposter Schumacher und Alonso im Profil. Dazwischen haben die Plakatmaler einen dunklen Gewitterhimmel gepinselt über den Blitze zucken. Die Atmosphäre ist geladen, die Stimmung gereizt.

Revanche im Gegenzug

Als miserablen Sportsmann soll Alonso Schumacher zuletzt bezeichnet haben. "Das stimmt so nicht", sagt der Spanier: "Ich wurde gefragt, ob ich ihn mit Zinedine Zidane vergleichen würde. Der war für mich aber immer schon der größte Sportler." Ein richtiges Dementi ist das nicht.

Schumacher revanchiert sich im Gegenzug, indem er sich weigert, Alonso auf eine Stufe zu stellen mit Mika Häkkinen. Mit dem Finnen lieferte Schumacher sich viele Zweikämpfe. Dass er Respekt für ihn hat, hat Schumacher oft betont. Ob er das gleiche für Alonso empfindet?

"Mit ihm kämpfe ich ja zum ersten Mal", tut Schumacher die Frage ab. Pat Symonds, Technikchef bei Renault und in ähnlicher Position bei Benetton an den ersten beiden WM-Titeln von Michael Schumacher beteiligt, behauptet mit Blick auf das knappe WM-Finale: "Fernando kann mit Druck besser umgehen."

Michael Schumacher gibt dazu kalt lächelnd zurück: "Dass er so denken muss, ist klar." Jeder redet sich die eigene Situation eben schön so gut es geht.

Die Strafversetzung in Monza und der Ärger darüber seien kein Thema mehr, versichert Fernando Alonso. "Einiges von dem, was vorgefallen ist, werde ich mir merken. Aber wenn ich ins Auto steige, spielt das keine Rolle mehr", sagt er. "Unser Auto funktioniert optimal. Wir haben keine Probleme", behauptet er keck.

Sogar einem Motorschaden bei den jüngsten Testfahrten gewinnt er Gutes ab: "Jetzt wissen wir wenigstens, warum mein Motor letztes Mal kaputt gegangen ist."

Zehn Runden vor dem Ziel hatte der beim Großen Preis von Italien geraucht, was Michael Schumacher zehn Punkte aufholen und Ferrari in der Konstrukteurswertung an die Spitze ziehen ließ.

Im Fahrerlager tippen viele auf Schumacher. "Ich sehe Michael vorne", sagt Toyota-Pilot Ralf Schumacher: "Renault hat zuletzt mehrmals geschwächelt." BMW-Mann Nick Heidfeld sagt: "Ich denke, dass Michael es macht. Er hat das stärkere Auto."

Während Alonso sich müht, seine Mannschaft stark zu reden, ist Schumacher damit beschäftigt, die Favoritenrolle von sich zu weisen. Er sagt: ,,Viel wird davon abhängen, wessen Reifen besser zur Strecke passen.'' So oder so - Nuancen werden die WM entscheiden. Auf 25 Punkte war Alonsos Vorsprung schon angewachsen. Was jetzt übrig ist, ist nicht mehr der Rede wert. ,,Wie 2000 und 2003 war Monza ein entscheidendes Rennen'', sagt Schumacher, ,,jetzt hoffe ich, dass es auch so ausgeht, wie damals.'' Da wurde er Weltmeister.

Um Mitternacht im Hotel

In Schanghai bringt der Blick zurück weniger Ermutigendes. 2004 bremste Schumacher ein Plattfuß, 2005 warf ihn ein Unfall in der Einführungsrunde zurück. Zwölfter - besser war der siebenmalige Weltmeister in Schanghai noch nicht. ,,Ich bin zuversichtlich, dass es dieses Mal besser wird'', hat er seinen chinesischen Fans zum Auftakt versprochen, und sie gleichzeitig beruhigt. Seit Dienstag ist er in der Stadt. An den ersten Abenden kam er erst um Mitternacht in sein Hotel. Ob das angesichts der WM-Situation nicht etwas spät sei, wollte eine einheimische Reporterin von ihm wissen. Nein, nein, gab Schumacher zurück, für ihn sei das normal.

© SZ vom 29.9.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: