Flügelflitzer:Ich Tarzan, Du Dida

Lesezeit: 2 min

Sportler schauspielern gerne - als Nebenjob, nach dem Karriereende oder auf dem Platz. Die Erfahrung zeigt: Jeder bekommt die Rolle, die er verdient.

Lars Spannagel

Es begann alles mit Johnny Weissmüller. Als Sportler noch keine Millionäre waren, errang der Schwimmer als Schauspieler Geld, Ruhm und Frauenherzen. Zwischen 1932 und 1948 rang Weissmüller als Film-Tarzan mit Krokodilen, schwang sich im Lendenschurz von Ast und Ast und rettete leicht bekleidete Frauen aus aussichtslosen Situationen. Dazu schrieben ihm Drehbuchautoren Zeilen wie Diamanten - schnörkellos, in ihrer Komprimiertheit strahlend: "Ich Tarzan, Du Jane", oder "Too much talk - Tarzan much better." Welchem Sportler würde das nicht gefallen?

Allerdings war Weissmüller auch der perfekte Mann für die Rolle: Er stellte 51 Schwimmweltrekorde auf und gewann fünf olympische Goldmedaillen sowie eine bronzene im Wasserball. Nie verlor er ein Schwimmrennen - ein Übermensch, der legitime Herrscher des Dschungels. Außerdem war Weissmüller in seiner Jugend begeisterter Jodler, den Tarzan-Schrei schuf er selbst. Auf dem Grabstein des geborenen Königs der Wildnis steht schlicht: "Johnny Peter Weissmuller, Tarzan, 1904-1984".

Von Boninsegna bis Dida

Sportler und Schauspieler eint die Sucht nach Applaus, nach der Liebe des Publikums und nach dem ganz großen Auftritt. Nicht umsonst wird das Old-Trafford-Stadion von Manchester United auch "Theatre of Dreams" genannt. Leider wollen manche Sportler bereits während ihrer aktiven Karriere als Darsteller glänzen und entlarven sich dabei als Schmierenkomödianten. Der Fußballer Roberto Boninsegna mimte 1971 auf dem Gladbacher Bökelberg eine schwere Verletzung, als ihn eine Getränkebüchse traf. Das von Netzer, Heynckes & Co. verwöhnte Publikum wusste die anspruchsvolle Performance nicht zu schätzen. Auch der Brasilianer Rivaldo spielte bei der WM 2002 überzeugend einen Versehrten, obwohl ihm ein türkischer Gegner den Ball lediglich vors Knie geschossen hatte.

In der Champions League versuchte sich nun Dida, der brasilianische Torwart des AC Mailand, an seiner ganz persönlichen Hauptrolle. Bei der Niederlage seines Teams in Glasgow berührte ein über das Spielfeld rennender Celtic-Fan den Torwart sanft an der Wange. Der Brasilianer nahm die Verfolgung auf, sank dann wie vom Befehl eines Action-Regisseurs getroffen zu Boden. Da lag er nun, presste einen Eisbeutel gegen seinen unversehrten Kopf und ließ sich schließlich vom Feld tragen.

Es ist Dida nicht zu wünschen, dass ihn ein Produzent anruft und ihm nach seiner Darbietung eine Rolle anbietet. Für welchen Film käme Dida mit seinem vorgetäuschten K.o. in Frage? "Das Glaskinn kehrt zurück"? "Die Ohnmacht des modernen Mannes"? "Der nasse Sack"? "Die Angst des Torwarts vor dem Fan"? "Fahrstuhl zum Schaffott"? Dida sollte zwischen den Pfosten bleiben, so mancher Sportler hat mit einem Ausflug nach Hollywood schon seinen Ruf ruiniert.

So zum Beispiel Bruce Jenner, Zehnkampf-Olympiasieger von 1976. Jenner gab sein Debüt im Film "Can't stop the music", einer komödiantischen Musical-Pseudo-Biographie der Band Village People. Der Film war so erfolgreich, wie er sich anhört: "Can't stop the music" gewann 1980 die allererste "Goldene Himbeere" für den miesesten Film des Jahres, Jenner war als schlechtester Schauspieler nominiert und drehte nie wieder einen Kinofilm.

Berti Vogts und das heldenhafte Kaninchen

Nicht ganz so schlimm traf es deutsche Fußball-Helden bei ihren Ausflügen ins Schauspielfach. Paul Breitner versuchte sich 1976 in der Rolle des Sergeant Stark im Western "Potato Fritz". Berti Vogts stand im "Tatort" vor der Kamera, seine wunderbar hölzern vorgetragene Zeile "Gebt dem Kaninchen eine Möhre extra, es hat uns das Leben gerettet" ist unvergessen.

Dida muss keine Goldene Himbeere fürchten. Ihn erwartet eine ganz andere Ehrung: Die Kontroll- und Disziplinarkommission der Uefa hat Ermittlungen gegen ihn aufgenommen. Und Johnny Weissmüller wäre zu seiner Rettung nicht einmal auf einen Baum geklettert.

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: