FCA verliert 1:3:Grellgelb - und doch ganz blass

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Der FC Augsburg unterliegt trotz 70-minütiger Führung in Frankfurt und hadert statt mit sich selbst mit dem Schiedsrichter. Übers Restprogramm spricht noch niemand, es verheißt jedoch Ungutes.

Von Frank Hellmann, Frankfurt

Hinterher hat Martin Hinteregger erst einmal mit der Enttäuschung nur bei sich sein wollen. Ein gutes Stück abseits von den Kollegen schleppte sich der kantige Innenverteidiger in Richtung der Augsburger Fankurve, nahm einen kräftigen Schluck aus der Trinkflasche, rammte die kräftigen Arme in die Hüfte. Es dauerte eine Weile, bis sich der Österreicher wieder einer Mannschaft anschloss, die trotz ihres grellgelben Auswärtslooks im Frankfurter Stadtwald unter dem Strich einen blassen Auftritt hingelegt hatte.

Mag die 1:3 (1:0)-Niederlage für den FC Augsburg wegen der späten Gegentreffer in den finalen 13 Minuten unglücklich zustande gekommen sein, so passierte doch nichts zufällig. "Frankfurt war spielerisch nicht besser. Wir haben uns einfach nichts zugetraut und um die Tore gebettelt", stellte Hinteregger ohne Umschweife fest. "Wir müssen anders Fußball spielen." Wenn der 24-Jährige auch gleich noch gesagt hätte, dass er im Verbund mit seinem Verteidigerkollegen Kevin Danso bei den beiden Treffern des Mexikaners Marco Fabian (78. und 87.) eine mehr als unglückliche Figur abgab, wäre die Analyse punktgenau gewesen.

Gleichwohl: Hinteregger war nicht der einzige, der Klartext redete. Auch Torwart Marwin Hitz fand deutliche Worte für den vor allem in der zweiten Halbzeit völlig mutlosen Auftritt. "Da war von uns gar nichts mehr zu sehen. Man muss auch mal versuchen, einen Ball zu halten. Aufgrund unserer Leistung ist das Ergebnis keine Überraschung: Der Frankfurter Sieg war komplett verdient."

Augsburg sichert nach dem 1:0 nur noch das eigene Tor

Der Schweizer Nationalkeeper hatte übrigens auch nicht seinen besten Tag erwischt: Beim ziemlich ungewöhnlichen Kopfballtor Fabians zum 1:1 bekam Hitz die Kugel nicht zu fassen. Und in der Nachspielzeit vertändelte der 29-Jährige gegen Ante Rebic, so dass der bis dahin im Abschluss komplett glücklose kroatische Nationalspieler auch noch zu seinem Erfolgserlebnis kam (90. +1). Augsburg als Aufbauhelfer für eine anfangs grandios verunsicherte Frankfurter Elf, die nach zehn sieglosen Partien endlich, endlich die magische 40-Punkte-Marke durchbrach. Und die plötzlich wieder den Blick nach oben statt nach unten richten darf. "Es geht sehr eng in dieser Liga zu. Es sieht aber so aus, dass wir es geschafften haben könnten", sagte Trainer Niko Kovac, der die Eintracht nun auf das DFB-Pokalhalbfinale bei Borussia Mönchengladbach (Dienstag 20.45 Uhr) sichtlich entspannter vorbereiten kann.

Der FC Augsburg steht hingegen womöglich jene nervenaufreibende Zusatzschicht bevor, die sich Frankfurt in diesem Jahr partout ersparen wollte: die Relegation. Der aktuelle Tabellen-16. muss sich selbstkritisch eingestehen, dass eine tüchtige Teamleistung aus einer Halbzeit bei den Hessen nicht reichte. Nachdem der gerade von einem Kapselriss im Knie genesene Jeffrey Gouweleeuw nach Zuspiel von Halil Altintop das frühe 1:0 erzielt hatte (9.), schalteten die bayerischen Schwaben in einen Modus, der fast nur noch auf Torsicherung bedacht war - und nach einer Stunde gar keine Entlastung mehr vorsah.

"Wir waren anfangs gut im Spiel, gut in den Zweikämpfen, aber dann haben die Kräfte nachgelassen. Bei der zweiten Auswechslung haben sich drei Spieler bei mir gemeldet", sagte FCA-Trainer Manuel Baum. Der 37-Jährige ("extrem bitter, dass wir nun wieder ohne Punkte nach Hause fahren müssen") reklamierte mildernde Umstände, weil er neben den verletzten Raúl Bobadilla oder Caiuby auch Dominik Kohr (zehnte gelbe Karte), Alfred Finnbogason (Rotsperre) und Ja-Cheol Koo (Gelb-Rot-Sperre und Innenbandverletzung) ersetzen musste. Ein personeller Aderlass, den ein Verein wie der FC Augsburg eben nicht ohne Weiteres schultern kann.

FCA-Manager Reuter hadert mit Schiedsrichter Zwayer

Stefan Reuter versuchte, auch noch Schiedsrichter Felix Zwayer in die Verantwortung zu nehmen, weil der Unparteiische bei einer Konterchance von Julian Günther-Schmidt, der mit dem herauslaufenden Lukas Hradecky zusammenstieß, keinen Strafstoß verhängte (64.). "Für mich war das ein klarer Elfmeter - der Torwart trifft den Ball nicht", schimpfte Reuter. Doch Verschwörungstheorien wollte der 50-Jährige denn auch nicht entwerfen, weshalb lieber die üblichen Parolen für die letzten vier Saisonspiele erklangen: "Jeder Punkt hätte uns gutgetan. Aber wir haben auch so das Zeug, dagegenzuhalten und bis zum Schluss zu kämpfen. Deshalb gehen wir optimistisch in die kommenden Wochen."

Reuter ist heilfroh, "dass wir bis zum nächsten Spiel acht Tage Zeit haben - jeder Tag hilft uns in dieser Situation, damit wir die Blessuren auskurieren können." Es braucht unerschrockene Kämpfertypen wie Kohr oder Bobadilla, um beispielsweise am kommenden Sonntag gegen den Hamburger SV eine besonders brisante Begegnung aus dem Tabellenkeller zu bestreiten. Angesichts des weiteren Programms für den Monat Mai - bei Borussia Mönchengladbach, gegen Borussia Dortmund und zur TSG Hoffenheim - könnte dem gemeinen FCA-Anhänger ja bereits angst und bange werden. Baum wollte so weit gar nicht blicken: "Ich schaue nur auf die nächste Woche, dass wir uns perfekt auf den HSV vorbereiten. Da werden wir alles reinlegen."

Und im besten Fall zeigt seine Mannschaft dann auch wieder fußballerische und personelle Alternativen - sonst könnte dieser Abstiegskampf für Augsburg böse enden.

© SZ vom 23.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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