FC Ingolstadt:Mit Köpfchen

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Ganz schön allein: Kölns verwaister französischer Stürmer Anthony Modeste erzielt nach einer präzisen Kopfballvorlage von Marcel Risse das Ausgleichstor in Ingolstadt. (Foto: Alexander Hassenstein/Getty)

Dem FC Ingolstadt gelingt eine Rarität: ein Tor aus dem Spiel heraus. Dennoch langt es für den Aufsteiger am Ende nur zu einem 1:1 gegen den 1. FC Köln.

Von Sebastian Fischer, Ingolstadt

Marvin Matip lief als Erster auf den Rasen, winkte zu allen Seiten, niemand rümpfte die Nase. Sein Teamkollege Ramazan Özcan schritt hinterher, die Zuschauer applaudierten. Und selbst als alle elf Spieler des FC Ingolstadt am Dienstagabend vor dem Spiel gegen den 1.FC Köln auf dem Rasen standen, war kein "Ih" oder "Bäh" zu hören, sondern warmer Applaus. Der FC Ingolstadt sei "eine ekelhafte Mannschaft" hatte Lewis Holtby vom Hamburger SV am Wochenende gesagt. Doch in Ingolstadt denken sie naturgemäß anders über den Aufsteiger; sie sind stolz auf dessen Erfolg, wenn er auch nicht immer attraktiv zustande kommt. Auch das 1:1 (1:0) gegen Köln war nicht sonderlich schön. Aber Ingolstadt blieb im fünften von sieben Rückrundenspielen ungeschlagen.

Die Hamburger Vorwürfe waren ja schon vorher von den Zahlen als faule Ausreden entlarvt worden. Nur 333 Fouls hatte Ingolstadt bis Dienstag in 23 Spielen begangen, war dagegen aber 399 Mal gefoult worden. "Wir setzen spielerische Akzente und bekommen dafür auch Anerkennung", hatte Trainer Ralph Hasenhüttl seine Mannschaft verteidigt. Und als wollten die Spieler seine Worte beweisen, boten sie den Zuschauern gegen Köln etwas, dass sie lange nicht mehr gesehen hatten: ein herausgespieltes Tor. In der 36. Minute kombinierten sich die Ingolstädter mit ungeahnter Leichtigkeit durch den Kölner Abwehrblock. Pascal Groß natürlich, der Initiator aller FCI-Angriffe, spielte Danny da Costa frei, und der Rechtsverteidiger flankte scharf in die Mitte. Lukas Hinterseer musste bloß den Fuß hinhalten.

Am 13. Spieltag hatte Ingolstadt das letzte Mal ein Tor aus dem Spiel heraus geschafft, zum 3:1 gegen Darmstadt traf damals Moritz Hartmann. Danach gelangen sieben Treffer ausschließlich nach Standardsituationen. Dass es nun Hinterseer war, der wie schon beim 1:1 gegen Hamburg und vor zwei Wochen beim 2:0 gegen Bremen traf, war auch eine besondere Geschichte dieses Abends. Hinterseer hatte noch vor ein paar Wochen kein Geheimnis aus seiner Unzufriedenheit gemacht.

Nach der Verpflichtung von Angreifer Dario Lezcano war er zum Rückrundenstart nur noch Ersatzspieler gewesen. Doch inzwischen ist Hartmann Ersatz, mit fünf Treffern bester Ingolstädter Torschütze. Und Hinterseer, der nun vier Tore geschossen hat, wurde von den Fans gefeiert.

Eklig? Köln beginnt mit vier Innenverteidigern und zwei Zerstörern im Mittelfeld

Es hatte ja schon vor dem Anpfiff viel auf ein nicht unbedingt atemberaubendes Spiel hingedeutet. Immerhin spielte die schwächste Offensive der Liga (Ingolstadt), gegen eine Elf mit rheinauf- und rheinabwärts bekannter Vorliebe zum Nullnull. Peter Stöger musste zudem Nationalspieler Jonas Hector ersetzen (Oberschenkelprellung), der zuletzt häufig kreativ im zentralen Mittelfeld aufgefallen war. Stöger reagierte mit der Aufstellung von vier ausgebildeten Innenverteidigern, einem zum Zerstören ausgebildeten defensiven Mittelfeldpärchen (Matthias Lehmann und Kevin Vogt) - und vier Offensivspielern, die eben sehen mussten, wie sie damit klarkommen würden, dass ihnen niemand beim Angreifen helfen würde.

Zunächst fiel das Loch im Kölner Mittelfeld kaum auf. Der FC verteidigte eng am eigenen Strafraum und spielte schnell und gradlinig nach vorne. Einen Pass von dem in die Startelf rotierten Verteidiger Frederik Sörensen verlängerte Anthony Modeste mit der Fußspitze, und plötzlich lief Yannick Gerhardt unbedrängt in den Strafraum. Zwar geriet sein Querpass zu steil für den mitgelaufenen Leonardo Bittencourt. Doch immerhin hatte damit schon nach sieben Minuten eine Strafraumszene mehr stattgefunden, als so mancher in 90 Minuten vermutet hatte: eine.

Nun war längst nicht alles schön, was danach geschah. Beide Teams verloren im Mittelfeld immer wieder hektisch den Ball; beide spielten, nun ja, vorsichtig. Ingolstadt war dabei besser, doch nach 72 Minuten schafften es die Kölner plötzlich in den gegnerischen Strafraum, Marcel Risse scheiterte, legte aber den abprallenden Ball auf Modeste quer - und der drückte ihn mit dem Kopf zum Ausgleich ins Netz. Nun waren die Kölner noch einmal besser, Yannick Gerhardt hätte per Volley vier Minuten nach dem Ausgleich fast die Führung erzielt. Aber auch Ingolstadt hatte durch Marvin Matips Kopfball nochmals die Großchance zum Siegtreffer (80.). Es blieb dabei: Der FCI ist 2016 genauso schwer zu schlagen wie im Vorjahr. Und den Gegnern gehen die Ausreden aus.

© SZ vom 02.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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