Familie Manaudou:Schrank mit 1000 Türen

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Florent Manaudou, der derzeit schnellste Schwimmer der Welt, bereichert die Geschichte einer schillernden Schwimm-Familie um weiteres Kapitel.

Von claudio catuogno, Kasan

Es sagt sich so leicht daher, dass Schwimmer aussehen wie Schränke. Tatsächlich sieht bei der Schwimm-WM in Kasan aber vor allem einer aus wie ein Schrank: Florent Manaudou. 1,99 Meter, 99 Kilo. Wenn der Franzose jubelt - wie zum Beispiel am Samstag, als er mal wieder allen gezeigt hat, dass er derzeit der schnellste Schwimmer der Welt ist -, dann treten an den erstaunlichsten Stellen die Muskeln heraus. Florent Manaudou ist gewissermaßen ein Schrank mit tausend Türen und Fächern. All die anderen? Sind im Vergleich bloß Kommoden.

Es ist auch dieser Körper, der Florent Manaudou regelmäßig auf die Titelbilder der französischen Zeitschriften befördert. Netterweise ordnet er diese Titelbilder chronologisch auf seiner Homepage, sodass man sich schnell einen Überblick verschaffen kann. Gala: "Ein Mann in Gold." Shape: "Auf der Suche nach der perfekten Bewegung." Aujourd'hui: "Der Gold-Rausch." Têtu: "Meine Generation ist toleranter."

Es ist aber noch etwas anderes, das Florent in Frankreich so populär macht: sein Name.

Als Florent Manaudou, 24, am Samstag bei der Siegerehrung der Nationalhymne lauschte - er hatte gerade die 50 Meter Freistil gewonnen in 21,19 Sekunden -, da wurde auf der Videoleinwand kurz seine Schwester Laure, 28, eingeblendet, die fürs französische Fernsehen arbeitet. Laure lächelte, und Florent lächelte auch, als er sah, dass Laure lächelte. Es ist nämlich so: "Dank ihr haben sich Türen für mich leichter geöffnet. Auch wenn ich viel dafür tun musste, um zu beweisen, dass ich eben nicht nur der Bruder von Laure bin."

Schon seine Schwester hielt die Schwimm-Welt in Atem

Spätestens seit dem 3. August 2012 ist er nicht mehr bloß der kleine Bruder; an diesem Tag wurde Florent Manaudou in London Olympiasieger über die 50 Meter Freistil, die schnellste Disziplin des Schwimmens. Aber so ganz konnte er sich selbst mit diesem Erfolg nicht emanzipieren: L'Équipe titelte: "Großes Baby".

Wenige Namen haben eben im Schwimmen einen so vielversprechenden Klang wie Manaudou. Der Name verspricht zum Beispiel: Schönheit, Drama, Leidenschaft. Laure Manaudou, das war ja jene Frau, die das Schwimmen populär gemacht hat in Frankreich. 2004 gewann sie Olympia-Gold über 400 Meter Freistil. Laure Manaudou war auf so vielen Titelseiten, dass man sie gar nicht zählen kann, auf vielen allerdings auch unfreiwillig. Sie hat das Land mit allerlei in Atem gehalten: mit einem extrem prolligen Trainer, mit ihrem Liebesleben, mit einer Flucht nach Italien, mit einem Rücktritt, mit einem schauerlichen Comeback.

"Es begann alles mit meiner Schwester, und jetzt ist Frankreich eine Schwimm-Nation." So einfach ist es manchmal. Man braucht halt nur den richtigen Namen und den richtigen Körper.

© SZ vom 09.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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