Eishockey: DEL-Halbfinale:Verabredung unter Verwirrten

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Kölns Revanche: Nach der 1:5-Niederlage in München gewinnen die Haie vor den eigenen Fans mit dem gleichen Ergebnis. (Foto: Henning Kaiser/dpa)

1:5 für Köln in München, 1:5 für München in Köln - die Halbfinal-Serie zeigt, dass man in den Eishockey-Playoffs schon mal durcheinander kommen kann.

Von Ulrich Hartmann, Köln

Eishockey-Playoffs fühlen sich wohl am ehesten so an wie ein Jetlag. Man verliert die zeitliche und auch ein bisschen die emotionale Orientierung. "Alles Gute!", sagte der Münchner Trainer Don Jackson am Freitagabend zum Kölner Trainer Cory Clouston, "wir sehen uns am - was ist heute? Freitag? - wir sehen uns am Sonntag!" So klingt keine Kampfansage. So klingt eine Verabredung unter Verwirrten.

Wer bislang bezweifelt hat, dass Eishockeyspieler etwas Kluges sagen können, noch dazu während anstrengender Playoffs, der hat dem Kölner Torjäger Patrick Hager noch nicht zugehört. Hager sagte vor dem dritten Spiel zwischen München und Köln an diesem Sonntag über die Erfolgsrezepte beider Teams nach ihren jeweiligen 1:5-Niederlagen: "Wer in Playoffs am besten vergessen kann, der kommt am weitesten." Das hätte Konfuzius nicht besser formulieren können - wenn er sich denn für Eishockey interessiert hätte.

Spielten die Kölner mit zusammengebundenen Schlittschuhen?

Die Serie zwischen München und Köln verspricht spannend zu werden, auch wenn die ersten beiden Spiele, jedes für sich, es überhaupt nicht waren. So ist es auch am Freitagabend in der Kölner Arena erst spannend geworden, als das Eishockeyspiel vorbei war. Denn da musste die Arena über Nacht in eine Handballhalle umgebaut werden. Ein Wettlauf gegen die Zeit, damit am Samstagnachmittag dort die deutschen Handballer gegen Dänemark spielen konnten.

Solange am Freitagabend noch Eishockey gespielt wurde, war der Spannungsbogen aber ziemlich flach. Die Kölner Haie wollten die zweite Begegnung der Halbfinalserie gegen den EHC München unbedingt gewinnen, nachdem sie das erste Spiel am Mittwoch in München deutlich mit 1:5 verloren hatten. Das wollten sie mit gleicher Münze heimzahlen - und taten es aufs Tor genau: 5:1 (3:0, 1:1, 1:0).

Gerade mal vier Treffer hatte der Münchner Torwart David Leggio in den fünf Stunden Eishockey der Viertelfinalserie gegen die Straubing Tigers kassiert - und dann am Freitagabend allein im ersten Drittel gleich drei. Die Kölner haben im ersten Durchgang aufgedreht, als hätten sie im ersten Spiel mit zusammengebundenen Schlittschuhen spielen müssen. Patrick Hager per Fernschuss (4.), Nick Latta mit läuferischen Anleihen beim Eiskunstlauf (7.) und Ryan Jones noch mal mit einem Gewaltschuss aus etwa zehn Metern (19.) haben erstmals in diesen Playoffs so etwas wie ein bisschen Mitleid für den zuvor so souveränen Goalie Leggio aufkommen lassen. 3:0 stand es zur ersten Pause.

Die Rückkehr ins Spiel im Mittelabschnitt versagten sich die Münchner gewissermaßen selbst, indem sie mehr als drei Minuten lang in doppelter Unterzahl auf dem Eis verbrachten. Den ersten Abschnitt dieser problematischen Phase, als Matt Smaby und Yannic Seidenberg auf der Strafbank saßen, beendete Hager mit dem 4:0 in der 26. Minute. Weil dann aber sofort auch noch Steve Pinizzotto in die Kühlbox musste, spielten die Kölner weiter zu fünft gegen drei - aber sie versäumten es, das fünfte Tor hinterherzuschieben. Pinizzotto war es in der 37. Minute vorbehalten, mit dem 1:4 zumindest wieder so etwas wie Gedanken an eine Münchner Aufholjagd zu wecken.

"Ich bin sauer", sagt EHC-Trainer Don Jackson

Doch es sollte nicht mehr der Abend der Münchner werden. Sie wurden im letzten Abschnitt vielmehr sogar noch ultimativ gedemütigt. In der 49. Minute lief Ryan Jones in Unterzahl allein auf Leggio zu und schob ihm den Puck zwischen den Schonern hindurch zum Kölner 5:1 ins Netz.

"Ich bin sauer", sagte Don Jackson nach dem Spiel. Der Trainer warf seinen Spielern mangelnde Disziplin vor und bezog das vermutlich ebenso auf taktische Defizite wie auf unnötige Unterzahlsituationen. Jackson kennt seine Mannschaft anders und erwartet sie schon an diesem Sonntag im dritten Spiel in München wieder in bewährter Verfassung. Jackson ist ein alter Hase, er weiß um die Erkenntnisse des Kölners Patrick Hager schon lange und ist nur zu gerne bereit, die 1:5-Niederlage vom Freitag schnellstens zu vergessen. Wenn am Sonntag um 14.30 Uhr das erste Bully erfolgt, werden die Köpfe der Münchner ganz bestimmt wieder frei sein - ob es dann freilich zum zweiten Sieg reicht, ist aber eine ganz andere Frage.

© SZ vom 03.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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