Doppelsieg der Tschechen:Kratzbürste mit Unterhaltungswert

Lesezeit: 3 min

Radek Stepanek ist ein einzigartiger Spieler. Er ist 37 Jahre alt, er hat keine Peitschenschläge, er trifft den Ball so glatt wie einst Jimmy Connors. (Foto: Julian Stratenschulte/AFP)

Radek Stepanek hat beim Tennis nicht viele Freunde. Dafür umso mehr Ballgefühl, wie er am Samstag zeigt.

Von Gerald Kleffmann, Hannover

Sie gaben einander die Hände, sie blickten einander in die Augen, alles sah nach einem normalen finalen Akt aus. Die einen, die Tschechen Tomas Berdych und Radek Stepanek, hatten verdient mit 7:6 (7), 7:5, 6:4 gewonnen, weshalb ihr Team jetzt mit einer 2:1-Führung in die beiden Schlusseinzel am Sonntag geht. Die anderen, die Deutschen Philipp Kohlschreiber und Philipp Petzschner, hatten sich bemüht. Auf Wiedersehen, bis morgen. Oder nicht?

Es blieb nicht beim höflichen Handshake am Netz, Petzschner redete plötzlich auf Stepanek ein. Was vorgefallen war? Worum es ging? Was er Stepanek gesagt hat? "Das hat nichts im Fernsehen zu suchen", sagte später der Doppelspezialist Petzschner im Fernsehen. Immerhin gab er zu verstehen: "Ab und zu verhält er sich nicht ganz korrekt." Das habe er nur übermittelt. Stepanek wisse das nun. Ein Minizoff unter Männern, der einen sichtlich nicht tangierte.

Stepanek lächelte, schritt zur Seite und ließ sich von den Fans feiern, die aus seiner Heimat zahlreich angereist waren.

Stepanek kann im Umgang giftig sein

Bei diesem Erstrundenduell zwischen Deutschland und Tschechien dreht sich natürlich das Meiste um die Einzel, um den jungen Deutschen Alexander Zverev, um Tomas Berdych, den Top-Ten-Profi. Das Doppel ist quasi das Brückenmatch zwischen den Einzeln eins/zwei sowie drei/vier. Aber dieser Stepanek ist trotzdem einen Blick wert. Er ist das wohl größte Unikat, das in Hannover mitwirkt. Er kann ein wenig giftig, nicklig, kratzbürstig sein in Gestik und Mimik. Aber er hat auch großen Unterhaltungswert. Und er kann viel mit dem Schläger.

Zum einen ist Stepanek ein einzigartiger Spieler. Er ist 37 Jahre alt, er hat keine Peitschenschläge, er trifft den Ball oft so glatt und gerade wie Jimmy Connors früher. Er sliced die Bälle auch mal. Er ist kein Laufwunder, er hat keinen Zauberschlag. Aber er hat etwas, das vielen anderen fehlt oder zumindest mangelt. Stepanek hat Übersicht, Spielintelligenz, das Gefühl für den richtigen Schlag. Und er hat Ballgefühl, tonnenweise. Den entscheidenden Satzball im ersten Durchgang erzielte er mit einem Lob. Den Satzball im zweiten Durchgang verwandelte er mit einer Art Windmühlen-Überkopfschlag, der so in keinem Lehrbuch steht. Er volliert mit Winkeln, die jeden Gegner verzweifeln lassen können. Vielleicht war Petzschner auch deshalb so gefrustet. Der 31-Jährige, immerhin Sieger im Doppel in Wimbledon (2010) und bei den US Open (2011), hat mit Kohlschreiber ein gutes Match gezeigt, "sie sind die beste Paarung, die wir in Deutschland zurzeit haben", befand Davis-Cup-Kapitän Michael Kohlmann zu Recht. Und doch reichte es nicht. Im dritten Satz ließ die Energie der Deutschen nach. Kein Break war ihnen bei fünf Chancen gelungen.

Hingis, Kvitova, Vaidisova - Stepanek war schon mit vielen Spielerinnen liiert

Zum anderen ist Stepanek ein einzigartiger Teamplayer. "Er ist ein ganz wichtiger Teil der Mannschaft, selbst wenn er nicht spielt", sagte Berdych am Samstag nach dem Sieg. Am Freitag etwa war das zu sehen. Stepanek, der im Einzel mal kurzzeitig die Nummer acht (2006) war, aber im Doppel seine größten Erfolge erzielte (zwei Grand-Slam-Triumphe), peitschte Berdych in der Fünf-Satz-Schlacht gegen Zverev besessen an, hämmerte auf die Bande, ballte die Faust. Er ist schon lange dabei, seit 1996, aber er pflegt noch eine Begeisterung für seinen Sport, die echt wirkt. Mit diesem Spirit hat er Tschechien schon zweimal zum Davis-Cup-Triumph geführt.

Dass er nicht immer das beste Image hat unter den männlichen Kollegen, hat ihn selten gestört, grundsätzlich ist Stepanek ja ein netter, humoriger Geselle. Trash-Talk, eine kleine Spitze auf dem Platz, ist für ihn eher nur ein Ventil. Dass er einen gewissen Charme haben muss, belegt sein anderer Ruf: Er gilt als Frauenheld. Er hatte schon diverse Beziehungen zu Spielerinnen der WTA Tour, er war früher mal mit Martina Hingis zusammen und später mit Petra Kvitova, die Tschechin Nicole Vaidisova hat er dann sogar geheiratet. Sie trennten sich, und vor nicht langer Zeit meinte Stepanek noch felsenfest, er wolle nun nie mehr mit einer Tennisspielerin liiert sein.

Der aktuellste Stand: Er und Vaidisova sind wieder ein Paar.

© SZ vom 06.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: