Doping-Verdacht:US-Rennstall Discovery suspendiert Ivan Basso

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Der Giro-Sieger darf vorerst keine Rennen fahren. Basso soll in Kontakt zum Arzt Fuentes gestanden haben - der Schlüsselfigur des spanischen Doping-Skandals.

Andreas Burkert

Am Dienstagabend stand sein Name noch auf der Startliste von Lüttich-Bastogne-Lüttich, doch Ivan Basso wird wohl doch nicht in die Ardennen kommen, wo die diesjährige Klassikersaison endet.

Suspendiert wegen Doping-Verdachts: Ivan Basso (Foto: Foto: dpa)

Bereits tagsüber hatte sein Arbeitgeber, der US-Rennstall Discovery Channel, den Verzicht des Italieners auf das Rennen am Sonntag und auch auf den vorgelagerten Flèche Wallone an diesem Mittwoch (ab 14 Uhr, Eurosport) angedeutet, ehe am Abend eine überraschende Bestätigung des Trends eintraf: Teamchef Johan Bruyneel hat Basso offensichtlich suspendiert, nachdem erneut wenig erfreuliche Meldungen zu seinem Kapitän bekannt geworden waren.

Basso soll in fragwürdigem Kontakt zum früheren Gynäkologen Eufemiano Fuentes gestanden haben, der Schlüsselfigur des spanischen Dopingskandals. Bisher hatte der Giro-Sieger die Kontakte stets geleugnet - eine glatte Lüge, heißt es nun aus Spanien.

Anwesenheit im Madrider Labor

Dabei handelt es sich bei den Details, die jetzt im spanischen Männermagazin Interviú veröffentlicht wurden, nur bedingt um Neuigkeiten. Von Kalenderblättern, auf denen Termine zur Blutentnahme und -Reinfusion notiert seien, ist die Rede, von Bassos Anwesenheit im Madrider Labor und von Zahlungen auf ein Züricher Konto für Medikamente zwischen 2004 und 2006 in sechsstelliger Euro-Höhe - all diese Hinweise waren bereits im Dossier der spanischen Polizei über jene Betrugsaffäre zu lesen, die kürzlich Jan Ullrich endgültig als Kunden des Blutmischers Fuentes enttarnt hatte.

Wie der Deutsche war Basso am Tag vor dem Start der Tour de France 2006 suspendiert worden; sein damaliges Team CSC trennte sich später von ihm.

Die medienwirksame Wiederholung der Basso belastenden Anhaltspunkte hat jetzt auch bei Discovery zu Konsequenzen geführt. Teamchef Bruyneel, dessen langjähriger Kapitän, der inzwischen zurückgetretene Tourchampion Lance Armstrong, ebenfalls unter dringendem Dopingverdacht stand und steht, hatte Basso im November trotz der Proteste der übrigen Mannschaften mit einem Zwei-Jahresvertrag ausgestattet; der Belgier verstieß damit gegen den internen Ethik-Code.

Nun heißt es plötzlich, Discovery behalte sich gegen Basso "weitere Schritte vor", falls DNS-Abgleiche belegen würden, dass auch von ihm Blutkonserven in Madrid gelagert gewesen seien. Discovery reagierte nicht nur auf den öffentlichen Druck und die klare Haltung im Peloton. Sondern auch auf die Arbeit der Justiz.

So hat die Staatsanwaltschaft Bergamo soeben vom spanischen Ermittlungsrichter Serrano die Zusage erhalten, die sichergestellten - und Basso zugeordneten - Blutkonserven für ihre Ermittlungen verwenden zu dürfen; noch diese Woche würden sich Beamte auf den Weg nach Spanien machen. Pat McQuaid, der Chef des Weltverbandes UCI, hatte Madrid in einem offenen Brief aufgefordert, die Sportjustiz zu unterstützen mit der Weitergabe der Beweise.

Codename Birillo

Die italienische Justiz handelt nun im Falle Bassos nach dem Vorbild der Bonner Amtskollegen, die im Rahmen ihres schwebenden Betrugsverfahrens gegen Ullrich tatsächlich den - positiven - DNS-Abgleich mit Blutkonserven aus Madrid liefern konnten.

Die Behörde in Bergamo bezieht sich ihrerseits zum einen auf das Anti-Dopinggesetz Italiens, zum anderen ermittelt sie seit September auch gegen Bassos Schwester Elisa - in einem von ihr markant frequentierten Fitnessstudio waren bei einer Razzia Dopingsubstanzen im Wert von 300.000 Euro beschlagnahmt worden.

Die spanische Guardia Civil hatte Basso vor allem anhand entlarvender Abhörprotokolle von Fuentes-Telefonaten des Betrugs verdächtigt. Sein Codename lautete zudem Birillo - so heißt Bassos Hund.

In Italien war der Profi aus Varese trotz der Last der Indizien vom nationalen Verband und dem olympischen Komitee Coni vorläufig freigesprochen worden. Bei der Präsentation des Giro d'Italia 2007 wurde der Titelverteidiger zudem als Nationalheld präsentiert - und gefeiert.

Doch auch diese seltsame Treue bröckelt: Wie das Coni ankündigte, habe sich Basso am 2. Mai erneut einer Anhörung zu stellen. Und auch die Giro-Organisatoren (sowie die Macher der spanischen Vuelta) wollen sich nun doch der rigiden Politik ihres Kollegen Christian Prudhomme anschließen; der forsche Tourdirektor hatte vorige Woche die Rennställe aufgefordert, keine Beschuldigten des Skandals nach Frankreich zu entsenden.

Landis' Proben erneut positiv

"Bassos Teilnahme am Giro wäre unter den momentanen Umständen schwierig", sagt Giro-Chef Angelo Zomegnan und ergänzt: "Der Radsport braucht diese Art Spannung nicht."

Eine Teilnahme Bassos beim Giro oder der Tour erscheint demnach ausgeschlossen zu sein. "Wer große Rennen fahren will, muss erst seine DNS für einen Abgleich zur Verfügung stellen", sagt T-Mobile-Teamchef Rolf Aldag. Auf eine entsprechende Abmachung haben sich die Mannschaften bei einer Sitzung mit Prudhomme am Dienstagabend in Charleroi verständigt.

"Die Tour-Veranstalter haben Hausrecht, und die Tour gehört auch nicht zur ProTour", sagt Aldag. "Jetzt werden sich wirklich alle großen Rundfahrten vorbehalten, wen sie einladen - denn wenn ich jemanden auf meinem Geburtstag nicht haben will, kann er eben nicht kommen."

Floyd Landis ist beim großen Familientreffen im Juli ebenfalls nicht mehr willkommen, obwohl er sich weiterhin als Sieger der Tour '06 bezeichnet. Der Titel indes dürfte ihm alsbald entwendet werden, nachdem im Pariser Anti-Dopinglabor Châtenay-Malabry sein positives Testergebnis der 17. Etappe abermals bestätigt worden ist.

Gleich sieben B-Proben des Amerikaners, die auf Wunsch der US-Antidoping-Behörde nochmals analysiert wurden, wiesen erneut Spuren eines synthetischen Hormons auf. Landis' Name wird auf keiner Startliste mehr auftauchen.

© SZ vom 25.04.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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