Doping im Sport:Erkenntnisse aus der Zelle

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Ein Anti-Doping-Gesetz ermöglicht der österreichischen Justiz, den verdächtigen Sportmanager Matschiner festzunehmen. In Deutschland ist das umstritten.

René Hofmann

Nicht wenige aus der Welt des Sports dürften dieser Tage mit bangen Blicken Richtung Wien schauen. Was aus dem Landesgerichtlichen Gefangenenhaus dort dringt, könnte die lange gehegte und penibel gepflegte Ordnung rund um viele Sportplätze nachhaltig durcheinander bringen.

Wegen "Verdunklungsgefahr" festgenommen, der einstige Mittelstreckenläufer und einstige Sportmanager Stefan Matschiner. (Foto: Foto: dpa)

Seit Montagnacht sitzt der einstige Mittelstreckenläufer und einstige Sportmanager Stefan Matschiner in Wien ein. Der 33-Jährige hat bislang bestritten, was inzwischen einige Sportler ausgesagt haben: dass er sie über einen längeren Zeitraum mit Dopingmitteln versorgt habe.

Nun hat Matschiner angekündigt, mit den Behörden kooperieren zu wollen. Die haben ihn aber erst einmal festgesetzt, wegen "Verdunklungsgefahr". Nicht selten beschleunigt Druck die Kooperation.

Die Aktion ist in Österreich möglich, weil dort seit 2008 ein "Anti-Doping-Gesetz" gilt. Der Name ist ein wenig irreführend, weil die Staatsanwälte nicht ausschwirren, sobald irgendwo ein gedopter Sportler auffliegt, sondern wenn sie einen Handel mit verbotenen Substanzen wittern.

Eigentlich müsste es also "Anti-Dealing-Gesetz" heißen. Österreichs Sportminister Norbert Darabos erwägt gerade, das Gesetz schärfer zu fassen, so dass auch Sportler, die betrügen, darunter fallen. In Italien ist das schon ansatzweise so.

Schon lange, bevor sich absehen lässt, wen der Fall Matschiner alles in den Abgrund reißt, hat er damit bereits sein Gutes: Er hat einer Diskussion neuen Schwung verliehen, die bereits lange schwelt. Wie soll eine Gesellschaft Sportlern begegnen, die mit pharmazeutischer Hilfe sich, ihre Gegner, das Publikum, TV-Stationen und Sponsoren betrügen?

Noch kein "Anti-Doping-Gesetz" in Deutschland

Milde, stets in der Annahme einer Einzeltäter-These wie bisher? Oder mit aller Entschlossenheit und Härte, die Legislative und Judikative bieten, wenn von einem systematischen Betrugssystem auszugehen ist, das einen Millionen-Schaden verursacht?

Thomas Bach, der einflussreichste deutsche Sportfunktionär, hat in der Vergangenheit stets für ersteres plädiert. Der Athlet dürfe keinesfalls kriminalisiert werden, findet der erste Mann des Deutschen Olympischen Sportbundes und IOC-Vizepräsident - eine Position, die angesichts der Erkenntnisse, die Fälle wie der von Matschiner bringen, nicht mehr lange zu halten sein dürfte.

In Deutschland gibt es weder ein "Anti-Doping-" noch ein richtiges "Anti-Dealing-Gesetz". Von hier aus den Blick nach Wien zu lenken, ist deshalb besonders spannend.

© SZ vom 01.04.2009/cpah - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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