Doping im Sport:Auf nach Spanien!

Lesezeit: 1 min

Madrid verbietet Dopingtests für in- oder ausländische Athleten zwischen 23 Uhr und acht Uhr morgens - für dopende Sportler ist das eine Einladung.

Thomas Kistner

Spanien gilt als El Dorado der globalen Dopergemeinschaft. Hier ist auch ohne Rezept viel harte Arznei erhältlich, und Sportbetrug gilt als Kavaliersdelikt im Land des 21 Jahre regierenden IOC-Granden Samaranch. Als der Spanier den Thron im Olymp 2001 räumte, hatten führende Staaten wegen des enormen Pharmaproblems in die Autonomie des Sports eingegriffen und die Welt-Antidopingagentur Wada errichtet. Offiziell mit Hilfe des Sports - der indes keine andere Wahl hatte. Damals steckte das IOC ja tief im Korruptionssumpf und rang ums Überleben.

Dopingkontrolle bei den Olympischen Spielen in Peking. (Foto: Foto: dpa)

Nun torpediert Spanien die Melde-Regeln der Wada. Madrid verbietet Dopingtests für in- oder ausländische Athleten zwischen 23 Uhr und acht Uhr morgens. Da sich dopende Sportler nicht an bestimmte Uhrzeiten halten, lautet die frohe Botschaft an sie: auf nach Spanien!

Der Vorgang belegt erneut den rasanten Autoritätsverfall der Wada. So wie der aktuelle Streit um eine Lex Fußball: Der mächtige Weltverband Fifa proklamierte soeben eine Einigung mit der Wada auf Sonderregeln für Kicker. Die Wada bestreitet das - doch auffallend halbherzig, und erst, nachdem sich andere Verbände darüber zu empören begannen. So nimmt die Wada, zehn Jahre nach der Gründung, die Rolle an, in der sie der Sport am liebsten sieht: die des globalen Feigenblatts, hinter dem sich der Systemzwang Doping verstecken und als Einzelfallphänomen verniedlichen lässt.

Unter Dick Pound machte die Wada einige Jahre als Reinigungskommando Furore. Der kanadische IOC-Vizepräsident hatte, zum Wohl der Sache, im Wada-Spitzenamt viel Frust darüber kompensiert, dass ihn die IOC-Kollegen 2001 nicht zu Samaranchs Nachfolger gewählt hatten. Hardliner Pound ist Geschichte, heute führt ein australischer Regionalpolitiker namens John Fahey die Agentur. Ein Generaldirektor aus Neuseeland bewacht in der Zentrale in Montreal vor allem das strapazierte Wada-Budget. Und die Regierungen der Welt, die sich die Führung der Agentur fifty-fifty mit den Sportverbänden teilen, zeigen kein Interesse mehr am Thema Sportbetrug.

Das führen Europas Staaten mit ihren Emissären vor: Der Russe Fetisow sitzt der Unesco-Konvention gegen Doping vor, im Wada-Vorstand sitzt Spaniens Sportminister Lissavetski. Russland und Spanien, wo das Netzwerk um den Blutdoper Fuentes in Aktenschränken begraben liegt, sind ausgerechnet die Länder, die auf jeder schwarzen Liste Spitzenplätze innehätten. Mit dieser Wada haben die Sportverbände leichtes Spiel. Und ein neues Instrument, mit dem sie ihre beliebt-berüchtigte Selbstkontrolle fortführen können.

© SZ vom 22.04.2009/jüsc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: