Doping im Radsport:Razzia bei Freiburger Sportärzten

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Rechnungen, Lieferscheine, Patientenakten, Festplatten: Staatsanwaltschaft und Bundeskriminalamt suchen an der Uniklinik Freiburg nach Beweisen dafür, dass beim Team T-Mobile auch 2006 noch massiv gedopt wurde. Auch die Wohnungen der beiden T-Mobile-Ärzte Heinrich und Schmid wurden durchsucht.

Thomas Kistner

Die Freiburger Staatsanwaltschaft hat in Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt Räume der Sportmedizin an der Universitätsklinik Freiburg durchsucht. Auch Experten für Geldwäsche und Steuerdelikte sollen an der Razzia beteiligt gewesen sein. Die Ermittler rückten am frühen Mittwochmorgen an. Razzien, so bestätigte der Sprecher der Freiburger Staatsanwaltschaft, Oberstaatsanwalt Wolfgang Maier, gab es auch in den Wohnungen der beiden des langjährigen Dopings verdächtigen Radsportärzte Lothar Heinrich und Andreas Schmid. Die Vermutung, dass die Ermittler auch den Resten einer Blutbank auf der Spur seien, die in den Kellerräumen der Freiburger Sportmedizin vermutet wurden, ließ Maier unkommentiert.

Heinrich und Schmid hatten seit Mitte der neunziger Jahre den Profirennstall des Team Telekom - späteres Team T-Mobile - betreut. Die beiden hatten bereits im Mai zugegeben, ihnen anempfohlene Radprofis mit dem Blutverdicker Epo versorgt zu haben. Nach Zeugenaussagen, etwa des derzeit gesperrten Ansbachers Jörg Jaksche, sollen sie auch andere verbotene Substanzen wie Wachstumshormone gespritzt haben. Allerdings endeten die Geständnisse der Ärzte bisher punktgenau hinter den Verjährungsfristen für Arzneimittelvergehen, die fünf Jahre betragen.

BKA-Beamte, Polizisten der Landespolizeidirektion Freiburg und Mitarbeiter der dortigen Staatsanwaltschaft suchten Rechnungen, Lieferscheine, Patientenakten sowie Unterlagen, die Anhaltspunkte zum Eigenblutdoping geben, in das die beiden Sportmediziner verwickelt sein sollen. "Interessant sind auch Aufzeichnungen über die Lagerung und Verwendung von Blutbeuteln sowie Computerfestplatten", sagte Oberstaatsanwalt Wolfgang Maier.

"Wir haben damit gerechnet, dass die Staatsanwaltschaft Vorermittlungen aufnimmt und sind an jeglicher Aufklärung interessiert", sagte der Sprecher der Freiburger Albert-Ludwigs-Universität, Rudolf-Werner Dreier, der Deutschen Presse-Agentur dpa. Mehrere BKA-Beamte und Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft Freiburg hätten mit der Razzia kurz nach 8.00 Uhr begonnen. Die Aktion sei vorher nicht angekündigt gewesen. "Wir sind für jede Form der Kooperation bereit."

Bisher bestritten die beiden Mediziner, nach Ende der neunziger Jahre gedopt zu haben. Diese Behauptung, so Oberstaatsanwalt Maier, wurde nun durch das Geständnis des neuen Doping-Kronzeugen Patrik Sinkewitz widerlegt. Der 26-Jährige Radprofi aus Fulda hatte bei den Ermittlern ausgesagt, dass bei T-Mobile noch während der Tour de France 2006 massiv und wiederholt Blutdoping betrieben worden ist.

An der Freiburger Klinik waren am Mittwochmorgen acht Ermittler zu Fuß angerückt, die durch einen Nebeneingang in die Räumlichkeiten der Sportmedizin gelangten. Die Freiburger Universität, zu der die Klinik gehört, war erst vor zwei Wochen in die Exzellenzinitiative aufgerückt. Von der Klinikleitung war bis zuletzt die Frage diskutiert worden, ob es sich bei Blutdoping überhaupt um ein Strafvergehen handelt. Diese merkwürdige Hoffnung hat die Staatsanwaltschaft Freiburg bereits vergangene Woche zerstört. Oberstaatsanwalt Maier sagte: "Blutdoping ist strafbar - für denjenigen, der sich daran beteiligt oder es ermöglicht." Die Staatsanwaltschaft hatte bereits im Juni Durchsuchungsanträge gestellt, die allerdings vom Amtsgericht ebenso zurückgewiesen wurden wie eine Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen diesen Beschluss.

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