Die Trends der Saison:Kein Kommentar

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Schalke boykottiert sechs Wochen die Presse, Klaus Augenthaler stellt sich Fragen lieber selbst. Bei großen Druck beginnt das große Schweigen.

Lars Spannagel

Die Presse fragte - und Schalke schwieg. Sechs Wochen lang. Während dieser Zeit blieb die Mannschaft ungeschlagen und gewann fünf ihrer sieben Spiele. Frank Rost musste schweigend auf der Bank schmoren, Manuel Neuer konnte sich in aller Ruhe an seine neue Rolle als Nummer Eins gewöhnen.

Dennoch war nach sechs Wochen Schluss mit dem Schweigen, nach dem Spiel gegen Bielefeld durfte sich Frank Rost im Aktuellen Sportstudio bei Katrin Müller-Hohenstein ausweinen.

Der FC Bayern schweigt zu seinen Neuverpflichtungen, der VfB Stuttgart hat seinen Spielern vor dem letzten Spieltag Interview-Verbot erteilt: In dieser Saison wurde es immer still, wenn Vereine in besondere Situationen gerieten.

Was der Boykott Schalke brachte? Er tat der Mannschaft gut, der Verein holte 17 von 21 möglichen Punkten und kletterte auf Platz zwei der Tabelle. Trainer Mirko Slomka nannte den Boykott "gemeinschaftsstiftend". Trotzdem musste das Schweigen irgendwann enden. Denn auf Dauer ist es nicht im Interesse eines Vereins, wenn nur über ihn und nicht mit ihm gesprochen wird.

Klaus Augenthaler wählte eine andere Form des Boykotts. In der Pressekonferenz vor dem 33. Spieltag stellte Augenthaler sich selbst vier Fragen, gab vier einsilbige Antworten und beendete das Schauspiel nach 42 Sekunden. "Das war reiner Selbstschutz. Ich wusste, welche Fragen mir bei dieser Pressekonferenz gestellt werden", gab der VfL-Trainer später zu Protokoll. Die Sympathien hatte er auf seiner Seite, der spektakuläre Auftritt war weitaus unterhaltsamer als ein unwürdiges Herumlavieren vor Mikrofonen und Kameras.

Gar nicht mehr mit Reportern zu reden, ist allerdings auch keine Lösung. Dazu sind auch die Bundesligavereine zu abhängig von der Berichterstattung. Sponsoren wollen auf dem Bildschirm zu sehen sein, die Fans dürstet es nach Informationen aus ihrem Klub. Mit dem Boykott wollte Schalke besonders die Ruhrgebiets-Ausgabe der Bild sowie einige Lokalzeitungen treffen, von denen sich die Mannschaft ungerecht behandelt fühlte. So war der Ursprung der Aktion ein Protest gegen eine spezielle Form der Berichterstattung, nicht gegen die Medien an sich.

Als Instrument, um Ruhe in eine verunsicherte oder zerstrittene Mannschaft und in ein allzu redseliges Umfeld zu bringen, war der Schalker Presseboykott ein Erfolg. Auch Klaus Augenthaler zog die Aufmerksamkeit mit seiner Verweigerung auf sich und nahm Druck von seiner abstiegsbedrohten Mannschaften. Der Boykott ist also ein neues Werkzeug in der Trickkiste der Trainer, Spieler und Manager - dauerhaft wird sich aber niemand um die Mikrofone drücken. Dabei ist ein Schweigen manchmal viel aussagekräftiger als die immer gleichen Floskeln.

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