DFB-Pokal:Raus aus der Baugrube

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Der Wuppertaler SV empfängt heute im DFB-Pokal den FC Bayern. Da das eigene Stadion eine Bruchbude ist, findet das Jahrhundertereignis in der Arena auf Schalke statt.

Ulrich Hartmann

Das ist kein leichter Dienstag für die "Wupper-Bazis". Beim FC-Bayern-Fanklub in Wuppertal können sie sich nur schwer entscheiden zwischen Herz und Heimat, Fanatismus und Patriotismus, FC Bayern und Wuppertaler SV. Der Fanklubpräsident Wilfried Giese sagt: "Ich bin ein bisschen mehr für den Wuppertaler SV, schließlich bin ich Wuppertaler, und der WSV hat so eine Chance nur einmal in 100 Jahren!"

Es ist also ein Jahrhundertereignis für Wuppertal, wenn die Regionalligaspieler vom WSV an diesem Dienstagabend zum Achtelfinale im DFB-Pokal den FC Bayern München empfangen. Das Spiel haben sie in die 57 Kilometer entfernte Arena nach Gelsenkirchen verlegt, weil dort 61.482 Menschen zuschauen und dem darbenden Traditionsklub eine Subvention von geschätzten 600.000 Euro zuteil werden lassen. Ein schönes Zuhause hätten sie in Wuppertal auch gerne. Ihr Stadion am Zoo sieht aus wie eine Baugrube und bietet seit 14 Jahren eine brüchige Bühne für ein meist banales Ballspiel.

"Hoffentlich sieht Luca Toni wirklich so gut aus wie im Fernsehen"

"Man muss sich fast schämen, jemanden von außerhalb zu einem Spiel in unser Stadion einzuladen", sagt Torwart Christian Maly. Der 33-Jährige arbeitet nebenher als 400-Euro-Bürokraft in der Velberter Scharnierfabrik von WSV-Präsident Friedhelm Runge. "Hoffentlich sieht Luca Toni wirklich so gut aus wie im Fernsehen", sagt Maly aufgeregt. Der 33-Jährige hat noch nie vor so vielen Zuschauern gespielt. Das Pokalspiel war binnen sechs Tagen ausverkauft. Nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen sind die Wuppertaler froh, nach Gelsenkirchen umziehen zu dürfen. Die maroden Tribünen ihrer eigenen, 84 Jahre alten Anlage werden mit der Unterstützung heimischer Langzeitarbeitsloser gerade neu aufgebaut. "Wer uns zuschauen will, muss durch Pfützen waten", lästert Präsident Runge. "Es ist schwer, das kritische Wuppertaler Publikum ins Stadion zu locken!" Zuletzt herrschte dort am 31. Oktober allerdings Euphorie, als man den Bundesligisten Hertha BSC Berlin mit einem 2:0 aus dem Pokal warf.

Nach drei Jahren Bundesliga und einem Kurzauftritt im Uefa-Pokal im Herbst 1973 ist der Wuppertaler SV 1975 in der Anonymität des Fußballs verschwunden. Zumindest in die zweite Liga möchten sie im Sommer nach 14-jähriger Abstinenz zurückkehren. Im Winter haben sie trotz Tabellenführung drei Spieler verpflichtet. Präsident Runge hat sich außerdem Kompetenzen und Kontakte eines Mannes gesichert, der sich in der Schalker Arena zu Hause fühlt. Der ehemalige Schalker Manager Rudi Assauer ist Freund und Berater des WSV-Chefs Runge, was dieser so erläutert: "Ich habe ihn provoziert", sagt Runge, "er soll bei uns in Wuppertal jetzt zeigen, dass sein Erfolg mit Schalke kein Zufall war."

© SZ vom 29.01.2008/lsp - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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