Gündogan und Özil:"Das Thema wurde unterschätzt"

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Ilkay Gündogans schwierigstes Spiel: Beim WM-Test gegen Saudi-Arabien im Mai 2018 wurde er vom deutschen Publikum ausgepfiffen. (Foto: Thilo Schmuelgen/Reuters)

Die Pfiffe beim letzten Test belasten die deutsche Nationalmannschaft: Eine Zusammenstellung der Reaktionen auf die schwelende Foto-Affäre, die vor der Weltmeisterschaft nicht unter Kontrolle gebracht wurde.

"Das Thema ist in der Tat unterschätzt worden. Ich glaube auch, dass man es nicht alleine mit den Maßnahmen und Erklärungen, die bisher erfolgt sind, aus der Welt schaffen kann. Es ist meine Sorge, dass der richtige Zeitpunkt für eine solche Maßnahme entweder schon vorbei oder sehr schwer nachzuholen ist. Trotzdem muss es schnell gemacht werden. Meine Sorge ist es, dass es ansonsten dauerhaften Schaden bei beiden Sportlern hervorruft. Ich habe selbst gesehen, wie geknickt Özil und Gündogan nach dem Spiel gewesen sind."

Reinhard Rauball, Präsident von Borussia Dortmund sowie dem Ligaverband DFL in der Bild am Sonntag

"Wir sagen immer, das Thema ist beendet. Anscheinend ist das nicht der Fall. Solche Pfiffe nehmen auch wir wahr. Man kann seine Meinung äußern, das haben viele getan. Man sieht auch in den sozialen Netzwerken, dass viele nicht einverstanden sind, das ist auch okay. Aber er (Ilkay Gündogan, Anm.) ist deutscher Nationalspieler, er bekennt sich zur Nationalmannschaft, er bekennt sich zu Deutschland. Er hat ein Zeichen gesetzt, er hat sich den Medien gestellt. Heute war es unheimlich schwer, das sieht man auch an seiner Leistung, er ist verunsichert. Und das kommt auf die Mannschaft zurück. Ich glaube, jeder einzelne der Mannschaft hat es verdient, unterstützt zu werden, und deshalb finde ich es unheimlich schade."

Nationalspieler Sami Khedira, 31, Juventus Turin

"Wir wissen alle, dass das ein bisschen unglücklich war, und die beiden haben ja auch schon ein bisschen was dazu gesagt. Die Pfiffe sind schade, wir hatten vorher eine richtig schöne Testspiel-Atmosphäre hier, die Fans haben gelungene Aktionen beklatscht, bejubelt. Mit den Pfiffen haben sie auch aufgehört, den Rest zu unterstützen. Da wurde nur darauf gewartet, dass man jetzt endlich pfeifen kann, wenn Ilkay wieder am Ball ist. Das fand ich misslungen. Ich hoffe nicht, dass das ein Dauerzustand wird, weil sich jeder auf dieser Welt schon mal was hat zuschulden kommen lassen, und wenn man die beiden sieht, dann war da vorher noch nicht sehr viel."

Nationalspieler Mats Hummels, 29, FC Bayern München

"Jeder im Stadion will, dass wir Weltmeister werden. Da sollte man nicht kurz vorher einzelne Spieler niedermachen. Wenn wir Weltmeister werden wollen, brauchen wir Ilkay und Mesut. "

Nationalspieler Mario Gomez, 32, VfB Stuttgart

"Er ist Profi genug, um da drüber zu stehen. Er ist ein super Kicker und wird uns bei der WM noch helfen. Ich hoffe, dass Ilkay es genauso schafft wie ich, dass er durch seine Leistung wieder die deutschen Herzen für sich gewinnen kann."

Timo Werner, 22, RB Leipzig, der wegen einer Schwalbe monatelang in vielen Bundesliga-Stadien ausgepfiffen worden war

"Wir stärken ihn in der Mannschaft. Wichtig ist, dass er auch im Kopf klar ist, er muss leistungsfähig sein. Solche Pfiffe schaden der Mannschaft."

Nationaltorwart Manuel Neuer, 32, FC Bayern München

"Er ist einer von uns, er ist Teil der Mannschaft, und deshalb würde ich mir wünschen, dass das zukünftig aufhört."

Julian Draxler, 24, Paris St. Germain

"Wir haben darüber gesprochen, es war ein Fehler, das haben die beiden eingesehen. Jetzt sollte der Fußball im Mittelpunkt stehen."

Reinhard Grindel, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB)

"Die Sache geht jetzt schon seit Wochen, ohne dass da endgültig Ruhe reingekommen ist. Wenn die beiden sich nicht wirklich äußern wollen, dann muss eben der DFB dafür sorgen, dass sich die beiden an einen Tisch setzen und die Sache geklärt wird. Ich glaube, dass man in dem Spiel gemerkt hat, dass das nicht Gündogans Problem allein ist, sondern dass das die Mannschaft auch mitbekommt. Der Fehler ist, dass du im Moment eigentlich keinen von beiden (Özil und Gündogan, Anm.) einsetzen kannst, ohne deinen Erfolg bei der WM zu gefährden."

Christian Ziege, 46, früherer Nationalspieler, Europameister 1996, bei Sport1

"Es hat mich schon geschmerzt. Wenn ein Nationalspieler so ausgepfiffen wird, von der Einwechslung über alle Aktionen bis zum Ende, gefällt mir das nicht. Er hat sich mehrfach den Medien gestellt, hat sich erklärt, auch seinen Mitspielern, dass er sich absolut mit den Werten identifiziert, die wir hier leben. Dass er keine politische Botschaft senden wollte. Ich denke, wenn ein Spieler das sagt und mehrfach sagt, dann ist es irgendwann auch mal gut."

Nationaltrainer Joachim Löw

© SZ vom 11.06.2018 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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