Deutscher Handball-Pokal:Mit den Kräften am Ende

Lesezeit: 3 min

Zäher Kampf: Flensburgs Lasse Svan (links) versucht vergeblich, Magdeburgs neunmaligen Torschützen Michael Damgaard zu stoppen. (Foto: Jan Hübner/imago)

Titelverteidiger SG Flensburg verliert nach einer strapaziösen Woche das Pokal-Finale gegen Magdeburg 30:32 - die SC-Handballer retten mit dem zweiten Cup-Gewinn ihrer Klubgeschichte eine mittelmäßige Saison.

Die Saison ist bislang nicht so toll gelaufen wie erhofft für die Handballer des SC Magdeburg: in der Bundesliga bloß Mittelmaß mit Platz zehn, im europäischen EHF-Cup vor dem Viertelfinal-Aus nach dem 25:31 im Hinspiel bei F.a. Göppingen. Nun hat die Mannschaft wenigstens im Pokal-Wettbewerb des Deutschen Handballbundes (DHB) ein Erfolgserlebnis gefeiert: Im Finale bezwang sie am Sonntag vor 13 200 Zuschauern in Hamburg den Cupverteidiger SG Flensburg 32:30 (14:12) und sicherte sich damit zum zweiten Mal nach 1996 die Trophäe. Rechtsaußen Robert Weber ragte mit zehn Toren für Magdeburg heraus, für die Flensburger hielt Kentin Mahe mit sieben Treffern dagegen. Der SC Magdeburg ist dank des Pokalgewinns erneut für einen europäischen Wettbewerb qualifiziert, das war der hübsche Nebeneffekt des Erfolges.

Die Rhein-Neckar Löwen erleiden im Halbfinale eine fast schon traumatische Niederlage

Die Partie war eine Neuauflage des Vorjahresfinales gewesen: Damals gewannen die Flensburger im Siebenmeterwerfen 5:4, nachdem es selbst nach Verlängerung ausgeglichen geblieben war, 27:27 (24:24, 11:11). So eine Zuspitzung bis zum Siebenmeterwerfen hätte es auch in diesem Jahr gebraucht, um die Dramatik des Wochenendes noch zu steigern. Denn die beiden Halbfinals am Samstag waren jeweils in die Verlängerung gegangen. Dabei kamen die Magdeburger gegen den Außenseiter Bergischer HC, der in der Bundesliga noch gegen den Abstieg kämpft, zu einem 36:33 (27:27, 14:15); schon das hatten sie maßgeblich ihrem österreichischen Rechtsaußen Robert Weber zu verdanken, der zwölf Tore beitrug. Die Flensburger indes mussten sich vermutlich noch mehr mühen, um den Bundesliga-Tabellenführer Rhein-Neckar Löwen in einer grandiosen Partie 31:30 (26:26, 14:12) zu bezwingen.

Für die Mannschaft aus Mannheim war es eine beinahe schon tragisch und traumatisch zu nennende Niederlage: Sie war nämlich zum dritten Mal nacheinander im Pokal-Halbfinale an der SG Flensburg gescheitert - 2015 hieß es 23:24, im Jahr davor 26:30. Und auch schon 2013 hatten die Flensburger alle Löwen-Träume vom ersten nationalen Titelgewinn zunichtegemacht, damals allerdings bereits im Viertelfinale (20:24). Seit der Saison 2005/06 waren die Rhein-Neckar Löwen nun schon neunmal beim Pokal-Final-Four in Hamburg dabei, zum sechsten Mal schieden sie im Halbfinale aus, und die drei Finals, die sie erreichten, haben sie allesamt verloren. "In Hamburg ist der Wurm drin, aber wir werden es ein zehntes Mal versuchen", sagte ihr Manager Lars Lamadé trotzig.

Flensburgs Trainer Ljubomir Vranjes versuchte, die Löwen zu trösten, indem er ihnen bescheinigte, "wahrscheinlich deutscher Meister" zu werden. Aber sein Kollege Nikolaj Jacobsen, der die Löwen seit Sommer 2014 coacht, war untröstlich. "Letztes Jahr war es schon schlimm, aber diesmal ist es noch schlimmer", sagte er. In Flensburg können sie das sicher nachfühlen: Die SG stand zum sechsten Mal in Serie im Pokalfinale, was noch kein Klub geschafft hat. Gewonnen hat sie die Trophäe aber bloß einmal, voriges Jahr eben.

In diesem Jahr hatte im Grunde alles für die Mannheimer gesprochen. Während die sich halbwegs ausgeruht vorbereiten konnten, hatten die Flensburger unter der Woche noch ein schweres Spiel bestreiten müssen: Wegen der deutschen Pokal-Endrunde hatten sie das ursprünglich für dieses Wochenende terminierte Viertelfinal-Rückspiel in der Champions League beim polnischen Meister Vive Kielce vorziehen müssen: Am Mittwochabend unterlagen sie dann unglücklich 28:29 und schieden damit aus.

In Hamburg brauchten die ausgelaugten SG-Profis ihre restliche Kampfkraft bereits im Halbfinale auf. Manager Dierk Schmäschke lobte zwar das, was auch im vorigen Jahr beim Triumph in der Champions League und beim Final Four erkennbar war: "Die Spieler werfen in den wichtigen Spielen alles in die Waage." Doch am Sonntag, im Finale, waren seine Spieler dann mit ihren Kräften am Ende. Der SC Magdeburg kam jedenfalls schneller in die Gänge, nach zehn Minuten stand es 5:1, von diesem Vorsprung zehrte die Mannschaft bis zum Schluss. Flensburg kam nie mehr näher als auf zwei Tore heran, anders als am Vortag, als das Team die bereits verloren geglaubte Partie gegen die Löwen noch drehen konnte.

Linksaußen Anders Eggert hob erst drei Sekunden vor der Schlusssirene noch einen Siebenmeter cool über Löwen-Keeper Mikael Appelgren zum 26:26 und zur Verlängerung ins Tor. Sein Coach Vranjes hob den Erfolg nachher so hoch wie es überhaupt geht: "Es gibt Siege und Siege. Und dieser ist einer der größten meiner Karriere." Der Erfolg hatte freilich eine Menge Energie gekostet, die beim letzten Kraftakt einer strapaziösen Woche am Sonntag dann ebenso fehlte wie Spielmacher Rasmus Lauge. Der 24 Jahre alte Däne hatte sich in letzter Minute der Verlängerung noch zu einer Rangelei mit Mannheimer Spielern hinreißen lassen und dafür die rote Karte gesehen. Damit war er für das Finale gesperrt.

© SZ vom 02.05.2016 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: