Deutsche Meisterschaft:Reh läuft allen davon

Lesezeit: 3 min

Alina Reh läuft über 5000m und freut sich im Ziel. (Foto: dpa)

Bei den Deutschen Meisterschaften in Nürnberg gewinnen die Jungstars. Besonders deutlich schafft das Alina Reh über 5000 Meter.

Von Joachim Mölter, Nürnberg

Idriss Gonschinska ist der Cheftrainer im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV), und wenn der Chef vor den deutschen Meisterschaften sagt, er hoffe auf "Duelle zwischen Jungstars und arrivierten Athleten", dann trauen sich gerade die Jungen nicht, dagegen aufzubegehren. Also forderten sie die Alten in der neuerdings Grundig Stadion genannten, den Arrivierten aber noch als Frankenstadion bekannten Arena von Nürnberg mächtig heraus. Schon am Freitagabend, beim Vorspiel der Titelkämpfe auf dem Hauptmarkt in der Innenstadt, hatten in Fabian Heinle (Tübingen/8,03 Meter) und Linda Malkus (Münster/6,74) zwei U23-Athleten über die reifere Konkurrenz gesiegt. Und am Samstag, dann tatsächlich im Stadion, machten die Jungstars genauso weiter.

Über 5000 Meter der Frauen löste die gerade erst 18 gewordene Alina Reh die fast doppelt so alte Serienmeisterin der vergangenen Jahre Sabrina Mockenhaupt (Siegen) auf beeindruckende Weise ab: In 15:51,48 Minuten lief Reh nicht nur einen deutschen Jugendrekord, sie hielt auch deutlich Abstand zu der von Trainingsrückstand zurückgeworfenen Mockenhaupt (16:10,16) - einen deutlicheren jedenfalls als der Kollege Gregor Traber, 23, aus Stuttgart bei seinem ersten 110-Meter-Hürdensieg in persönlicher Bestzeit von 13,32 Sekunden über den fünfmaligen Meister Matthias Bühler, 29, aus Offenburg (13,43).

Die Diskuswerferinnen treiben das Duell auf die Spitze

Alina Reh, Doppel-Europameisterin in der U20 über 3000 und 5000 Meter, war auch deutlicher vorne als Stabhochspringerin Lisa Ryzih (Ludwigshafen) bei ihrem Sieg mit 4,60 Meter über die Ü30-Athletin Martina Strutz (Schwerin/4,55) und die nur gerade so noch U30-Springerin Silke Spiegelburg (Leverkusen/4,45). Und deutlicher auch als der 20 Jahre alte David Nopper (Kornwestheim) im Hochsprung der Männer, wo er den zwölf Jahre älteren Favoriten Eike Onnen (Hannover) bei gleicher Höhe (2,25 Meter) nur deshalb bezwang, weil er insgesamt weniger Versuche gebraucht hatte.

Auf die Spitze trieben das Duell Jung gegen Alt jedoch die Diskuswerferinnen, deren Spitzenkräfte derzeit so eng beieinander liegen wie in keiner anderen Disziplin. Gleich sechs Athletinnen hatten vor den Titelkämpfen die WM-Norm des Verbandes von 61,50 Meter übertroffen; des Starts in Peking sicher sein kann bislang nur Julia Fischer (Berlin), die mit 65,98 Meter ihren ersten Meistertitel gewann. Die 25-Jährige verwies Altmeisterin Nadine Müller, 30, aus Leipzig (65,72) sowie die beiden 22 Jahre alten Shanice Craft (Mannheim/64,97) und Anna Rüh (Neubrandenburg/61,97) auf die Plätze. "Bei dieser Konkurrenz Meisterin zu werden, ist eine große Ehre", fand Fischer, die Freundin des noch in Rekonvaleszenz befindlichen Olympiasiegers Robert Harting, "aber ich bin auch traurig für die, die daheim bleiben muss."

Der DLV darf Ende August pro Disziplin maximal drei Athleten zur WM schicken, und während sich die Potsdamerin Kristin Pudenz als Siebte wohl aus dem Kreis der WM-Kandidatinnen katapultierte und die U20-Europameisterin Claudine Vita (Neubrandenburg) noch zu jung sein dürfte als ernsthafte Aspirantin, brachte die Jahresbeste Anna Rüh (66,14) mit ihrem Abschneiden die Funktionäre in die Bredouille: Während sie vier Meter hinter ihrer Vorleistung zurückblieb, erzielten die vor ihr liegenden Medaillengewinnerinnen allesamt Saisonbestleistungen. "Ich glaube, ich habe mich gut verkauft", sagte die Drittplatzierte Craft vorsichtig optimistisch, "aber ich möchte nicht entscheiden müssen." Selbst Nadine Müller, die Zweite der Titelkämpfe und Dritte der Jahresliste, war sich ihrer Sache nicht sicher: "Ich möchte nicht in der Haut der Bundestrainer stecken." Ihre Routine könnte aber womöglich ein ausschlaggebendes Argument bei der WM-Nominierung sein.

Nicht immer gewinnen die Jüngeren

Es war ja nicht so, dass am Samstag ausschließlich die jüngeren Athleten und Athletinnen die Oberhand behielten. So wehrte die alte und neue 100-Meter-Meisterin Verena Sailer (Mannheim) in 11,20 Sekunden den Angriff der U23-Europameisterinnen Rebekka Haase (Erzgebirge/11,29) und Anna-Lena Freese (Brinkum/11,32) ab. "Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen", gab die nun achtmalige Sprintmeisterin zu. Sogar ihren zehnten Titel sammelte Hammerwerferin Betty Heidler (Frankfurt/75,34) ein, und das ungefährdet von jedweder Konkurrenz, ob jünger oder älter.

In ähnlicher Manier stürmte auch Julian Reus zur Titelverteidigung. Der 27-Jährige vom TV Wattenscheid hatte im 100-Meter-Vorlauf bei gerade noch zulässigem Rückenwind in 10,09 Sekunden Hoffnung geweckt, seinen eigenen deutschen Rekord (10,05) verbessern zu können. Doch im Finale bremste ihn ein leichter Gegenwind herunter, da kam er nur noch auf 10,12. Der Abstand zum Zweiten, Aleixo Platini Menga (Leverkusen/10,32), war dennoch enorm. Für Sprintverhältnisse fast so deutlich wie der von der jungen 5000-Meter-Siegerin Alina Reh.

© SZ vom 26.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: