Der Fußball-Kommentar:Ein gewisses Gütersloh

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In Gütersloh ist es so, dass Norbert Wöstmann, der Präsident des örtlichen Oberligisten, seit zwei Wochen Anzeigen in der Zeitung platziert, weil er neue Spieler sucht.

Christian Zaschke

Auf den Anzeigenseiten der Zeitungen finden sich manchmal sehr schöne Texte. Zu empfehlen sind stets die Zeilen von Heiratsvermittlerinnen, die ihre Kunden anpreisen. Ein klassischer Text geht so: ,,Junge Firstlady, ein strahlend feminines, bildhübsches Geschöpf, Jeans-Mädchen und Top-Repräsentantin.'' In diesem Stil geht es weiter, bis es ums Thema Sport geht, und natürlich ist die junge Firstlady (schlank, blond-langhaarig) äußerst sportlich: Golf, Reiten, Skifahren. Leider ist kein Fußball dabei, denn dann wäre das bildhübsche Geschöpf (bes. liebensw. Wesen) vielleicht etwas für den FC Gütersloh gewesen; zumindest für die Frauenmannschaft.

Aber auf den Anzeigenseiten geht es nie um Fußball. Es geht um ungefähr alles, was man sich vorstellen kann, außer um Fußball. Das ist so auf der ganzen Welt. Nur in Gütersloh, da ist das anders.

In Gütersloh ist es so, dass Norbert Wöstmann, der Präsident des örtlichen Oberligisten, seit zwei Wochen Anzeigen in der Zeitung platziert, weil er neue Spieler sucht. Üblicherweise läuft das über Spielervermittler, aber Wöstmann ließ wissen, dass ihm deren Rechnungen nicht Wohlbehagen bereiten wie ein schönes Gedicht (etwa: Oh, Jeans-Mädchen, blondes Geschöpf, als Repräsentantin bist du so top), sondern gar Unbehagen. Wöstmann sagt: ,,Die kotzen mich an.'' Also teilt der FCGütersloh nun per Annonce mit: ,,In unserer 1. Mannschaft gibt es Positionen, die wir neu besetzen wollen.'' Gesucht werden Spieler, die ,,Ehrgeiz, Leidenschaft und Herzblut'' mitbringen, überdies sei eine ,,gewisse Siegermentalität'' nicht von Nachteil. Interessant erscheint, dass in Gütersloh nicht einfach eine ,,Siegermentalität'' gefragt ist, sondern eine ,,gewisse Siegermentalität'', was wohl auf der Überlegung gründet, dass auch das ,,Etwas'' erst als das ,,gewisse Etwas'' in den Rang des Besonderen gehoben wird.

Die Anzeigen erfüllen ihren Zweck: Es sind bereits 50 Bewerbungen eingegangen. Das Beispiel wird also Schule machen, und zu erwarten ist, dass in den kommenden Wochen in römischen Tageszeitungen Spieler con una certa mentalità da vincitore gesucht werden, weil es nach dem 1:7 in Manchester so nicht weitergehen kann. Von Rom verbreitet sich die Methode dann in die ganze Welt, das war schon immer so in der Geschichte. Den dann arbeitslosen Spielervermittlern sei geraten, sich einfach zu gewissen Heiratsvermittlerinnen umschulen zu lassen.

© SZ vom 12.4.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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