Debatte um Trainerin Neid:Kellermanns Rückzieher

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Fehlende taktische Flexibilität: Silvia Neid wehrt sich gegen die Kritik aus der Heimat an ihrer Arbeit. (Foto: Jeff McIntosh/AP)

Die Bundestrainer kontert die Kritik an ihrer Arbeit, die nach dem Halbfinalaus aufgekommen war. Und auch der Welttrainer relativiert seine Aussagen.

Für Silvia Neid ist es eine Stilfrage. Grundsätzlich ist die Bundestrainerin offen für konstruktive Kritik an ihrer Arbeit, doch das öffentliche Vorpreschen einiger Bundesliga-Trainer vor dem 0:1 im kleinen Finale gegen England bei der Fußball-WM in Kanada mochte sie nicht gutheißen.

Die Breitseite aus der Heimat kam zur Unzeit, weil sie die Konzentration und die Vorbereitung auf die Partie gegen England empfindlich störte. Neid hätte sich gewünscht, dass die Trainer-Kollegen sie persönlich kontaktieren, um Meinungen auszutauschen und mögliche Unklarheiten zu beseitigen. "Ich hätte es einfach gut gefunden, wenn mich meine Bundesliga-Kollegen angerufen und mich gefragt hätten. Dann hätte ich es ihnen erklärt oder wir hätten darüber gesprochen. Vielleicht hätten sie auch noch einen guten Tipp gehabt", kommentierte Neid die öffentlichen und über die Medien transportieren Äußerungen einiger Bundesliga-Vertreter.

Colin Bell, der Trainer des Champions-League-Siegers 1. FFC Frankfurt hatte nach dem Halbfinal-Aus gegen die USA (0:2) in mehreren Medien diverse Punkte in der deutschen Spielweise kritisiert: Zu wenig taktische Flexibilität, zu wenig (Wechsel-)Impulse von Neid, nicht erkennbare Matchpläne für die jeweiligen Gegner. Die DFB-Auswahl müsse auf internationalem Top-Niveau die Entwicklung vorgeben "und ihr nicht wie jetzt hinterherlaufen", so der gebürtige Engländer.

"Ein Bundesliga-Trainer sollte sich nie öffentlich so äußern"

Auch Ralf Kellermann, Trainer des VfL Wolfsburg und zudem amtierender Welttrainer des Jahres, hatte in der FAZ gemahnt: "Wie wir uns im Verein technisch weiterentwickeln müssen, so muss sich auch die Nationalelf technisch weiterentwickeln, dass man sich auf engem Raum fußballerisch befreien kann." Am Samstag erklärte Kellermann aber im kicker, dass er damit nicht Neids Arbeit habe kritisieren, sondern anregen wollen, dass alle gemeinsam eine Entwicklung vorantreiben. Der 46-Jährige erklärte zudem, er habe am Donnerstag mit Neid telefoniert, um das zu verdeutlichen. Außerdem distanzierte er sich von der Kritik Bells. "Die Art und Weise der Kritik von Colin Bell geht aus meiner Sicht nicht. Ein Bundesliga-Trainer sollte sich nie öffentlich so äußern, weil jetzt alles in einen Topf geworfen wird."

Neid selbst verteidigte vor dem Spiel gegen England sich und ihre Arbeitsweise. "Wenn ich das Gefühl gehabt hätte, dass eine Spielerin auf der Bank uns in dieser Situation hätte weiterhelfen können, dann hätte ich das mit Sicherheit ausgeschöpft. Aber das hatte ich nicht", sagte Neid zu dem Vorwurf, beim Stande von 0:1 keine frische Spielerin eingewechselt zu haben.

Das seit langem praktizierte 4-2-3-1-System sei in sich zudem flexibel und variabel, entgegnete sie taktischer Kritik: "Das Allerwichtigste ist, dass unsere Spielerinnen sich in diesem System sehr wohl fühlen, dass jede weiß, was sie wann zu tun hat." Das sei wichtig für eine Nationalmannschaft, "weil man ja nicht das ganze Jahr Zeit hat, irgendwelche System einzustudieren, so wie das vielleicht in den Vereinen der Fall ist". Neid freut sich aber darüber, "wenn die Vereine weiter gut arbeiten, unsere Spielerinnen weiter gut in Technik und Taktik ausbilden", sagte sie. "Dann kann es ja nur positiv weitergehen."

© SZ vom 05.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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