Dallas Mavericks in den NBA-Playoffs:Der Gegenbeweis

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Sieben Siege in acht Spielen: Nach einer deutlichen Steigerung und einer Energieleistung von Dirk Nowitzki stehen die Mavericks in den Playoffs der NBA. In der Setzliste könnten sie sogar noch auf Platz fünf vorrücken.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Zuletzt sind auch Zweifel aufgekommen, dass Dirk Nowitzki mit seinen bald 38 Jahren noch Spiele in der weltbesten Basketballliga NBA prägen könne. Seit Montag gibt es einen Gegenbeweis: Die Partie von Nowitzkis Dallas Mavericks bei den Utah Jazz. Mit nur zwölf Versuchen aus dem Feld sammelte er 22 Zähler und traf auch zum 1700. Drei-Punkte-Wurf seiner Karriere. Er schuftete unter dem Korb und sicherte sich elf Rebounds. Einmal stieg der alte Mann in nicht mehr für möglich gehaltene Höhen und blockte den Wurf eines Gegenspielers. Nach dem 101:92-Sieg und der damit verbundenen Qualifikation für die Playoffs ging Nowitzki lächelnd und mit nach oben gereckten Armen vom Spielfeld.

Wie sehr er diese Partie gewinnen wollte, wie sehr er zum 15. Mal in den vergangenen 16 Jahren die Ausscheidungsrunde erreichen wollte, das war am Tag zuvor in der Umkleidekabine seines Vereins nach der Niederlage bei den Los Angeles Clippers zu beobachten. Grummelnd saß er auf seinem Stuhl, immer wieder schüttelte er den Kopf, ganz langsam zog er sich an. Er war überaus verärgert darüber, dass die Mavericks zur entscheidenden Partie nach Utah mussten. "Jetzt hoffen wir mal, dass wir noch irgendwie reinrutschen", hatte er gesagt. Das gelang dann am Montag.

22 Punkte gegen die Utah Jazz und der 1700. Dreier seiner Karriere: Dirk Nowitzki überzeugt kurz vor Beginn der Entscheidungsspiele um die Meisterschaft in der NBA. (Foto: National Basketball Association/Getty Images)

Vor zwei Wochen hatte es nach der deftigen 111:133-Niederlage bei den Sacramento Kings noch so ausgesehen, als müsse Nowitzki bereits in dieser Woche seinen Sommerurlaub antreten. "Dieses Spiel war der Knackpunkt der Saison", sagt Nowitzki nun: "Wir haben danach eine Mannschaftssitzung organisiert und ehrlich darüber gesprochen, was besser werden muss. Danach haben wir einige Sachen umgestellt." Das ist eine Untertreibung, weil Mavericks-Trainer Rick Carlisle nicht nur die Startformation und die Rotation der Spieler auf dem Parkett veränderte, sondern auch die Spielzüge in der Offensive deutlich verlangsamte und in der Defensive auf eine Zonenverteidigung über das halbe Spielfeld umstellte.

Es dauert in der Regel einige Wochen, bis sich eine Mannschaft an solche taktischen Veränderungen gewöhnt, doch bei den Mavericks funktionierte es sofort: Sie haben seitdem sieben von acht Partien gewonnen und dabei keinem Gegner mehr als 98 Punkte erlaubt - im Schnitt gar nur 89,1. Gegen Ende einer kniffligen Saison voller Verletzungen (Chandler Parsons etwa fällt für den Rest der Saison aus) scheinen die Mavericks ihren Rhythmus gefunden zu haben. "Es war auch für mich eine durchwachsene Saison: Ich war mal einen Monat lang heiß, dann habe ich wieder gar nichts getroffen, die letzten Spiele hat es wieder funktioniert", sagt Nowitzki.

Gerade noch rechtzeitig zu den Playoffs zeigt die Formkurve der Mavericks nach oben. (Foto: Rick Bowmer/AP)

Die Playoff-Phase, das ist jene Zeit im Jahr, die die Amerikaner als die eigentliche Saison bezeichnen - alles andere sei nur Vorgeplänkel auf die beiden Monate, in denen die besten Spieler der Welt den Meister ermitteln. Zu den Besten will Nowitzki noch immer gehören, auch nach 18 Jahren und 1478 Partien in dieser Liga. Deshalb hat er bei den Verhandlungen mit dem Verein, dem er seit Beginn seiner Karriere angehört, auf sehr viel Geld verzichtet: Er will noch möglichst oft dabei sein, wenn es ernst wird. "20 Jahre wären eine schöne Zahl", sagt er. Das wären noch maximal drei Playoff-Teilnahmen.

Im letzten Spiel der regulären Saison am Mittwoch gegen die San Antonio Spurs geht es nun um die Setzliste der K.o.-Runde. Und unter Umständen könnte Dallas sich an diesem Spieltag sogar noch auf Platz fünf verbessern und die härtesten Kontrahenten zunächst vermeiden. Dazu müssten die Mavericks am Mittwoch aber gegen die Spurs gewinnen, die kein angenehmer Gegner sind, im letzten Saisonspiel aber wohl ihre prägenden Akteure schonen werden.

Golden State könnte den Rekord für die meisten Siege holen - und nebenbei Dallas helfen

Zugleich müssten die Golden State Warriors die Memphis Grizzlies besiegen, was gut möglich erscheint: Denn die Warriors sind als Tabellenerster favorisiert, und sie haben ein spezielles Motiv: Mit einem Sieg über Memphis würden sie Geschichte schreiben, sie hätten dann die meisten Siege in einer Spielzeit geholt. Die Bestmarke der Chicago Bulls von 72 Erfolgen aus der Saison 1995/96 haben sie ja soeben eingestellt. Weil Dallas im direkten Vergleich mit Memphis und auch mit den Portland Trail Blazers vorne liegt, könnte Nowitzkis Verein also noch auf Platz fünf vorrücken. Das wäre eminent wichtig, um in der ersten Playoff-Runde Golden State und den Spurs aus dem Weg zu gehen. Als Fünfter oder Sechster ginge es "nur" gegen die LA Clippers oder Oklahoma City.

All jene, die das Spiel gegen Utah verpasst haben, bekommen in dieser Saison noch ein paar Möglichkeiten, sich von den noch immer beeindruckenden Fähigkeiten Nowitzkis zu überzeugen. Seinen Humor hat er ohnehin behalten. "Die Setzliste ist mir egal. Wir haben da oben noch niemanden geschlagen - gegen Oklahoma haben wir alle vier Spiele verloren", sagte er. Auf den Hinweis, dass es doch im Dezember diesen Erfolg gegen die Warriors gab, konterte er mit einem Augenzwinkern: "Oh ja, dann wollen wir unbedingt Golden State in der ersten Runde."

© SZ vom 13.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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