Christoph Metzelder:Mann der großen Turniere

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Der Wechsel zu Real Madrid passt erstaunlich gut in die Laufbahn des Verteidigers Christoph Metzelder.

Christian Zaschke

Christoph Metzelder ist ein ungewöhnlicher Fußballprofi. Er engagiert sich gegen Rassismus und gegen Kinderprostitution, er spricht stets besonnen und ruhig, beharrlich siezt er dabei all die Menschen, die ihn ebenso beharrlich duzen.

Rege im Regen: Christoph Metzelder und Simon Rolfes beim Training in Herzogenaurach. (Foto: Foto: ddp)

Auch was das Sportliche angeht, ist Metzelder ein ungewöhnlicher Profi, dessen Karriere ein bisschen so wirkt, als spiele er nur bei den ganz großen Anlässen mit, nämlich wenn gerade mal wieder eine WM ansteht.

In der Tat ist es ein Wunder, wie ein Spieler es schaffen kann, jahrelang verletzt zu sein und trotzdem bei zwei WM-Turnieren die Stütze der deutschen Abwehr zu bilden. In den WM-Jahren 2002 und 2006 hat Metzelder 14 beziehungsweise elf Länderspiele absolviert, in den Jahren dazwischen genau zwei.

Da er seit der letzten WM auch schon wieder bei zwei Länderspielen dabei war, geböte es die Logik des Zynismus, dass er sich nun verletzt und erst kurz vor der Weltmeisterschaft, die im Jahr 2010 in Südafrika stattfindet, wieder fit wird. Das sieht Metzelder verständlicherweise ein wenig anders.

Ohne Urlaubsgefühle

Derzeit weilt er mit der Nationalmannschaft in Herzogenaurach, um sich auf das EM-Qualifikationsspiel gegen San Marino am kommenden Samstag in Nürnberg (19 Uhr, live im ZDF) vorzubereiten.

Für den Mann, der nur die großen Turniere spielt, ist es eine vergleichsweise lächerliche Partie, doch wohnt ihr insofern eine Bedeutung inne, als dass es seine dritte seit der WM wäre. Es wäre eine Art Zeichen, dass sich die Leidensgeschichte nicht wiederholt.

Metzelder ist zudem ein Mann, der der Nationalelf eine ganz besondere Stellung einräumt. ,,Als deutsche Nationalmannschaft hat man keine Freundschaftsspiele'', sagte er am Mittwoch, ,,aufgrund unserer Historie haben wir in jedem Spiel einen Ruf zu verteidigen. Es verbietet sich daher, hier ein Urlaubsgefühl zu verbreiten.'' Metzelder ist Patriot, ihm ist es ernst mit der Nationalmannschaft.

Ebenso ernst ist es ihm mit der Absprache, die er getroffen hat. Mit seinem neuen Verein hat er vereinbart, dass es einen Termin geben wird, auf dem sein Wechsel bekannt gegeben wird. Metzelder sagt also nicht, wohin sein Weg von Dortmund aus führen wird, und die Ernsthaftigkeit, mit der er es nicht sagt, hat etwas geradezu Rührendes, denn jeder weiß, dass Metzelder zu Real Madrid wechselt.

"Wir müssen alle warten"

Zunächst war es einfach ein offenes Geheimnis, dann äußerte sich sein vormaliger Trainer Thomas Doll kürzlich zur Planung der neuen Saison und sprach dabei den Satz: ,,Christoph Metzelder geht zu Real Madrid, und da suchen wir natürlich noch einen Innenverteidiger.'' Er sagte es ganz nebenbei, wie etwas, das keiner weiteren Erklärung bedarf. Wasser ist nass, der Himmel ist blau, Christoph Metzelder geht zu Real Madrid.

Metzelder wurde am Mittwoch gefragt: ,,Kannst du vielleicht etwas zu deinem Wechsel zu Real Madrid sagen?'' Und Metzelder sagte: ,,Es wird Sie vielleicht langweilen, dass ich zum Vereinswechsel nichts sagen kann und will. Es wird einen öffentlichen Termin geben, auf dem es bekannt gegeben wird, und bis dahin müssen wir alle warten.''

Er machte nicht die geringste Andeutung, dass an der Sache mit Madrid etwas dran sein könnte, kein verschwörerisches Zwinkern à la: Wir wissen alle wie es ist, aber ich kann es eben nicht sagen.

Metzelder gab sich so ernst, als wäre es durchaus möglich, dass er nicht nach Madrid sondern überraschend doch zu Holstein Kiel wechselt, wegen der guten Perspektive und der guten Luft. Dieses etwas umständliche Vorgehen hat seinen Grund darin, dass in Spanien noch gespielt wird und Transfers erst nach der Saison bekannt gegeben werden.

In jedem Fall passt der Wechsel nach Madrid erstaunlich gut in die Karriere des Manns der großen Spiele. Bei Real wird er davon so viele erleben, dass sein Körper ihn vielleicht verschont von all den wiederkehrenden Beschwerden an der Achillessehne.

Kurz nach der WM fiel er ja bereits wieder aus und verpasste den Auftakt der Ära des Bundestrainers Joachim Löw. Als er dann zur Mannschaft stieß, fühlte er sich gleich wieder wohl. ,,Ich war erstaunt und auch stolz'', erzählt er, ,,die Mannschaft hat den Schwung von der WM mitgenommen, und man sieht eine klare Entwicklung der Spielphilosophie.'' In dieser kommt ihm als modernem Verteidiger eine besondere Rolle zu, als Mann, der nicht bloß abräumt, sondern das Spiel nach vorne einleiten soll.

Auch hierin liegt ein weiteres ungewöhnliches Element des Fußballprofis Christoph Metzelder, denn zum Fußball kam er - so wird es kolportiert -, weil er ein Panini-Sammelbild von Karl-Heinz Förster auf der Straße fand. Förster war ein knallharter Abräumer. Wegen Förster anfangen und wie Metzelder werden: Das ist wie als Gitarrist anfangen wegen der Schrammelband Ramones und werden wie ein Meister des Flamencos, wie Paco de Lucía.

© SZ vom 31.5.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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