Champions League:Das Loch in der Wand

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Mit einem 2:1 gegen Liverpool gewinnt der AC Mailand das Champions-League-Endspiel in Athen und revanchiert sich fürs verlorene Finale von 2005.

Kaká, der so lange in diesem Spiel enttäuscht hatte: Nun schaute er spät an diesem Mittwochabend im Athener Olympiastadion die Liverpooler Abwehrwand an, er suchte ein Loch, und als er es fand, spielte er den Ball hindurch in den Strafraum zu Filippo Inzaghi, der sich freigeschlichen hatte. Inzaghi nahm den Ball, in großer Ruhe umspielte er Torwart Reina, und dann schob er den Ball zum 2:0 für den AC Mailand gegen den FC Liverpool ins Tor. Es war die 82. Minute, und damit war diese Partie so gut wie entschieden. Liverpool gelang dann durch Dirk Kuyt noch der Anschlusstreffer (89.), doch das änderte nichts mehr. Als Schiedsrichter Heribert Fandel wenig später abpfiff, hatte der AC Mailand dieses Finale und damit die Champions League gewonnen.

(Foto: Foto: AP)

Sieben Spieler standen für Mailand auf dem Platz, die vor zwei Jahren im Champions-League-Finale gegen Liverpool verloren hatten, auf der anderen Seite waren noch fünf Profis von diesem Endspiel in Istanbul dabei. Die fünf Liverpooler wurden nicht zu Doppelsiegern, dafür gelang es den sieben Mailändern, die Schmach vergessen zu machen. Dabei sah es zunächst so aus, als stünden sich beide Teams in einem Meisterschaftsspiel gegenüber, im dem sie mit einem 0:0 zufrieden wären.

Liverpool überließ Mailand zunächst die Initiative, doch damit wussten die Italiener nicht viel anzufangen. Clarence Seedorf - keine gelungene Aktion im Spiel. Andrea Pirlo - regelmäßige Pässe ins Aus, als sei der Platz in Athen etwas kleiner als üblich. Allmählich, ab Mitte der ersten Halbzeit, kam Liverpool ins Spiel. Die Mannschaft stand wie stets gut gestaffelt. Trainer Rafael Benítez hatte lediglich einen Stürmer aufboten, dahinter formierte sich ein rotes Bollwerk, das Mailand weit vom eigenen Tor weghielt. In der Offensive gelangen den Engländern immer wieder gute Aktionen; sie setzten ihre Angriffe wie Nadelstiche in festen Stoff im Wissen, dass sich irgendwann auch im festen Stoff ein Loch auftut. Erstmals geschah das in der 27. Minute. Mehrmals flog der Ball als Querschläger durch den Mailänder Sechzehnmeterraum, dann hinaus in den Lauf von Xabi Alonso. Der jagte die Kugel mit einem beherzten Schuss aus 20 Metern Entfernung sehr knapp links neben das Tor.

Liverpool war nun die bessere Mannschaft. Im Mittelfeld sorgte Javier Mascherano dafür, dass Mailands Starspieler Kaká nicht zur Entfaltung kam - und er besorgte das durchweg mit fairen Mitteln. Damit unterschied er sich vom Mailänder Gennaro Gattuso, einem zwar harten aber sonst immer eher fairen Fußballer, der am Mittwochabend jedoch mehr mit dem Setzen von Zeichen als mit dem Fußballspielen beschäftigt war. Zeichen setzen hieß: jemanden umtreten. Überhaupt spielte Mailand sehr hart, was erstaunlich war in Anbetracht des immensen technischen Könnens, das sich in dieser Mannschaft versammelt.

Das 1:0 entsprang einem harmlosen Foul, und zwar eines Liverpoolers. Xabi Alonso hatte seinen Körper gegen Kaká zum Einsatz gebracht, der daraufhin 22 Meter vor dem Tor umfiel. Eine exzellente Freistoßposition, Andrea Pirlo legte sich den Ball zurecht. Die ersten 45 Minuten waren so gut wie vorbei, es war der Moment, den man im Fußball als den psychologisch günstigen für ein Tor bezeichnet. Pirlo schoss, der Ball flog, und das alles schien nicht weiter gefährlich zu sein - doch der notorische Torjäger Filippo Inzaghi schob sich in die Flugbahn des Balles und lenkte diesen unhaltbar ins Tor.

In der zweiten Halbzeit griff Liverpool entschlossen an. Manchmal braucht diese Mannschaft ein Gegentor als Weckruf, aber an diesem Abend war sie ja schon wach. Sie lief nun also einfach diesem aus ihrer Sicht ärgerlichen und überflüssigen Treffer hinterher. Mailand machte nun seinerseits die Reihen dicht und stand sicher, weiterhin ohne in der Offensive Akzente setzen zu können. Schwierig war es für die Liverpooler, da durchzukommen. Einmal gelang es Steven Gerrard, der mit etwas Glück Alessandro Nesta umspielen konnte und von links im Strafraum einen Schuss abgab, den Tormann Dida jedoch abwehren konnte (63.). Das blieb jedoch lange die einzige Chance für die Engländer. Die Frage war, ob Mailand - wie öfter einmal zuletzt - gegen Ende der Partie die Luft ausgehen würde. Gerrard gab noch einmal einen gefährlichen Schuss ab, der knapp neben dem Tor landete (72.), doch das reichte nichte, um Mailand die Luft zu nehmen. Benítez wechselte den baumlangen Stürmer Peter Crouch ein (78.), doch auch das raubte Mailand nicht die Luft. Die Italiener blieben ruhig, sie standen sicher, und je mehr Liverpool drängte, desto öfter kamen sie zu Chancen. Eine nutzte Inzaghi zum 2:0 (83.), dem Liverpool nur noch den letztlich nutzlosen Anschlusstreffer entgegensetzen konnte.

© SZ vom 24.5.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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