BVB schlägt Hertha 2:0 -:Die Rücktrittsfrage

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Dortmund reicht eine durchschnittliche Leistung, um auf Platz sieben zu springen. Die Borussia ist erfolgreich, seit Klopp die Demission ankündigte. Nun fragt der Trainer scherzhaft, warum er das nicht früher getan habe.

Von Freddie Röckenhaus, Dortmund

Jürgen Klopp nimmt den bevorstehenden Abschied von Borussia Dortmund offenbar immer leichter. Im Gespräch mit den Journalisten nach dem 2:0-Sieg gegen Hertha BSC flachste der scheidende Trainer, dass er seinen Rücktritt schon zu Saisonbeginn angekündigt hätte - wenn er gewusst hätte, welch positiven Ruck das der Mannschaft geben würde. Tatsächlich hat der BVB seit Klopps Rücktrittsankündigung keines der fünf Spiele mehr verloren. Am Samstag traf seine Mannschaft erstmals auf Tabellenplatz sieben ein, dem letzten, der zur Qualifikation für die Europa League ausreicht.

Allzu Beeindruckendes musste Dortmund dafür in der wie üblich ausverkauften Heimspielstätte nicht aufführen. Gegen die gewohnt defensiven, bei eigenem Ballbesitz diesmal allerdings harmlosen Berliner, reichten zwei, drei Eingebungen, um zu einem stets ungefährdeten Sieg zu kommen. Nach neun Minuten wuchtete Neven Subotic einen Eckball von Henrikh Mkhitaryan ins Tor von Hertha-Keeper Thomas Kraft. Kaum war die zweite Hälfte angepfiffen, spielte Mkhitaryan Erik Durm frei, der mit dem sehenswertesten Torschuss des Nachmittags das 2:0 erzielte. Es war das erste Bundesliga-Tor des 22 Jahre alten Weltmeisters.

Neven Subotic (M.) erzielt das 1:0 für die Dortmunder Borussia gegen Berlin per Kopfball. (Foto: Maja Hitij/dpa)

Berlin tritt wie ein Absteiger auf

Dortmund muss aus den beiden letzten Bundesliga-Spielen der Saison in Wolfsburg und zu Hause gegen Werder Bremen nach eigener Rechnung noch mindestens vier Punkte beschaffen, um am Ende die für den Klub wirtschaftlich wichtige Europa-League-Qualifikation zu erreichen - ohne auf das Glück im DFB-Pokal-Endspiel, ebenfalls gegen den VfL Wolfsburg, vertrauen zu müssen. Um die korrigierten Saisonziele zu erreichen, müssen Klopps Spieler allerdings einige Schüppen drauflegen. Gegen die Hertha, die nach Ansicht ihres Trainer Pal Dardai "mental und körperlich müde" wirkte, reichte dem BVB eine durchschnittliche Leistung. Berlin wirkte wie ein Absteiger, erarbeitete sich in 90 Minuten keine nennenswerte Torchance. Zu Hause gegen Frankfurt und zum Schluss in Hoffenheim ist die Hertha auf noch mindestens drei Punkte angewiesen, der Abstand auf die Abstiegszone ist auf drei Punkte geschmolzen.

Bei Dortmund bestätigten die als Spielmacher angekündigten Shinji Kagawa und Ilkay Gündogan ihre Formkrisen. Wenn man den Dortmundern wohlgesinnt ist, konnte man ihr Spiel so werten, dass ihnen die Berliner einfach nicht mehr abverlangten. Gündogan, der seinen Vertrag beim BVB nicht verlängert hat und deshalb wohl schon im Sommer gehen soll, wirkte nicht, als wolle er sich für elitäre Arbeitgeber empfehlen. Kagawa gelang so gut wie nichts. Dafür findet Henrikh Mkhitaryan allmählich zu ansprechender Form zurück. Vielleicht gibt ihm Auftrieb, dass sein künftiger Trainer Thomas Tuchel angeblich große Stücke auf den hochbegabten Armenier hält.

Klopp beteuert, es gebe "keinen Kontakt zu irgendjemandem"

Mkhitaryans aktueller Trainer Klopp ließ durchblicken, dass er sich nach den vorerst drei letzten Spielen mit Dortmund eine Pause vorstellen könnte. Er habe "keinen Kontakt zu irgendjemandem". Das kann man ihm durchaus glauben. Zu wichtig ist ihm offensichtlich die Mission, mit dem BVB auch in seinem letzten Jahr einen versöhnlichen Abschluss zu finden. Und noch einmal einen Titel in der fußballverrückten Stadt zu gewinnen - trotz der katastrophalen Hinrunde, die die Borussia nach 19 Spieltagen auf den letzten Platz gespült hatte. Gemessen daran sind die Aussichten, nun aus eigener Kraft wenigstens die, zumindest für Sponsoren-Krösus Dortmund, lukrative Europa League zu erreichen und womöglich Pokalsieger werden zu können, geradezu luxuriös. Vor dem Spiel hatte der einstige Publikumsliebling Leonardo Dede vorgemacht, wie sehr das Dortmunder Publikum an seinen Helden hängt. Dede durfte La-Ola-Huldigungen der Südtribüne entgegennehmen. Am 5. September wird der Brasilianer, der zwischen 1998 und 2011 für den BVB spielte, in Dortmund mit einem Abschiedsspiel beschenkt. Wen die Dortmunder Fans einmal ins Herz geschlossen haben, für den gibt es kein Entrinnen mehr. Das dürfte auch für Volksheld Klopp gelten. Auch mit den zurückgeholten Nuri Sahin und Shinji Kagawa kommt das Publikum trotz bisweilen durchwachsener Leistungen bestens klar. Im Sommer kehren die ausgeliehenen Moritz Leitner und Jonas Hofmann zurück. Die Aussichten für Klopp, nach einer Pause zu einem späteren Zeitpunkt erneut Trainer in Dortmund zu werden, scheinen von Woche zu Woche größer zu werden. Angesichts der Erfolgsserie der letzten Spiele muss sich nicht nur der Trainer fragen, warum genau er eigentlich seinen Rücktritt angekündigt hatte.

© SZ vom 10.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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