Biathlon :Bescherung am Schießstand

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Beim Zehn-Kilometer-Verfolgungsrennen in Annecy schob sich Laura Dahlmeier als erste über die Ziellinie. Doch noch fehlt die Leichtigkeit der vergangenen Saison. (Foto: Franck Fife/AFP)

In Östersund war sie krank, in Hochfilzen lief sie hinterher. In Annecy gewinnt Laura Dahlmeier nun ihr erstes Saisonrennen.

Von Max Ferstl, Annecy/München

Die Tränen sind noch nicht lange getrocknet. Erst vor einer Woche stand Laura Dahlmeier im Zielraum von Hochfilzen und gab sich keine Mühe, ihre Enttäuschung zu verbergen. Zwei Mal hatte sie im Sprint-Wettkampf daneben gezielt und war zudem langsam gelaufen. Platz 16, das passte nicht wirklich zu den Ansprüchen einer siebenfachen Weltmeisterin. Dahlmeier werde Zeit brauchen, vermutete Bundestrainer Gerald Hönig. Er sagte auch: "Laura muss ihre aktuelle Form erst mal akzeptieren." Das tat sie eher nicht.

Am Samstag strahlte Dahlmeier dann, noch bevor sie sich beim Verfolgungsrennen in Annecy über die Ziellinie schob. Als Erste. "Es war wirklich ein sensationelles Rennen", freute sich Dahlmeier im ZDF. Der Sieg war ihr erster in der laufenden Saison, ihr 18. insgesamt. Und er war vor allem die Bestätigung, dass sich Dahlmeier ihrer gewünschten Form annähert: "Ich bin auf dem richtigen Weg."

Von diesem Weg war Dahlmeier zu Saisonbeginn unverschuldet abgewichen. Eine Grippe hatte die dominierende Biathletin der vergangenen Saison ausgebremst. Das Auftaktwochenende im schwedischen Östersund fand ohne sie statt. Die 24-Jährige stieg eine Woche später in Hochfilzen ein und lief erst mal hinterher. Im Ziel kullerten Tränen. Bundestrainer Hönig stufte ihre Leistung als "ganz normal und ordentlich" ein, Dahlmeier offenbar nicht. Zwar hatte sie im Vorfeld die Erwartungen aufgrund der Krankheit nach unten geschraubt. Ihr eigener Anspruch dürfte aber unverändert hoch gewesen sein. "Sie ist erfolgsverwöhnt", sagte Hönig: "Sie hat eine hohe Erwartungshaltung an sich." Er war sich aber sicher: Sobald Dahlmeier ihren Rhythmus finde, werde sie wieder "ganz vorne sein".

Die Leichtigkeit der vergangenen Saison fehlt noch

Die Suche dauerte nicht lange. Am Freitag im Sprint war nur Anastasiya Kuzmina, die Überraschung der bisherigen Saison, schneller gewesen. Am Samstag jedoch verfehlte die Slowakin bereits im ersten Schießen drei Scheiben. Dahlmeier hielt sich schadlos, übernahm die Führung und gab sie nicht mehr her. Manches in diesem Rennen erinnerte da schon wieder an die Vorsaison, als Dahlmeier die Konkurrenz nach Belieben dominierte. Das Strahlen über einen Sieg vor den Fernsehkameras natürlich. Oder die souveräne Schlussrunde, bei der sie "Körner sparen" konnte, wie ihr Bundestrainer Hönig beim Vorbeilaufen empfahl. Nicht zu übersehen war aber auch: Die Leichtigkeit der vergangenen Saison fehlt noch.

Da hatte Dahlmeier in der Loipe stets ein so hohes Tempo angeschlagen, dass die Konkurrenz nicht folgen konnte. Das funktioniert derzeit noch nicht. Am Freitag war Kuzmina schneller gelaufen, im Ziel hatte die Slowakin fast 34 Sekunden Vorsprung - bei gleicher Leistung am Schießstand. "Ich bin noch nicht ganz bei hundert Prozent", gab Dahlmeier zu. Am Samstag ähnelten sich die Bilder: Kuzmina, durch die drei Strafrunden beim ersten Schießen zurückgeworfen, diktierte auf der Strecke das Tempo. Der Rückstand schmolz kontinuierlich.

Vor dem letzten Schießen lagen beide Kontrahentinnen beinahe gleichauf. Dahlmeier schoss als erste, ließ die letzte Scheibe stehen. Als sie in die Strafrunde einbog, dachte sie: "Okay, das war's. Ich habe mir nicht vorstellen können, dass die Anastasiya das nicht nutzt." Doch Kuzmina plagten die eigenen Nerven. Den letzten Schuss zögerte sie lange hinaus - und verfehlte trotzdem das Ziel. "Ich habe ihr ein Geschenk gemacht, sie hat mir noch ein größeres gemacht", freute sich Dahlmeier. Noch ist sie auf Fehler der anderen angewiesen.

Natürlich gebe es Kleinigkeiten zu verbessern, glaubt Dahlmeier. So gesehen kommen die kommenden Wochen ganz gelegen. Nach dem Massenstart am Sonntag (11.45 Uhr) wird der Biathlon-Betrieb pausieren. Man trifft sich erst am 4. Januar in Oberhof wieder. Dahlmeier sagt: "Die Weihnachtspause tut gut - nochmal Zeit, um an Feinheiten zu feilen." Es scheint, als würde sie auch die aktuelle Form nicht akzeptieren.

© SZ vom 17.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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