Bestechungsvorwürfe:Wildmoser, die Allianz-Arena und das Ende eines Märchens

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Karl-Heinz Wildmoser, Präsident des TSV 1860 München, und sein Sohn Karl-Heinz Wildmoser junior, der Geschäftsführer des Bundesligisten, sind wegen des Verdachts auf Untreue, Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung vorläufig festgenommen worden.

Alles lief glatt, doch nun beginnt es draußen am Münchner Müllberg mächtig zu stinken: Bestechungsvorwürfe, Haftbefehle - ein übelriechender Sumpf tut sich in Fröttmaning an der nördlichen Stadtgrenze auf, dort, wo neben einer begrünten Müllhalde "das ungewöhnlichste Stadion der Welt" entsteht, wie der Bayern-Kaiser einst frohlockte.

Karl-Heinz Wildmoser, seit fast zwölf Jahren Präsident des TSV 1860 München, und sein Sohn Karl-Heinz Wildmoser junior, der Geschäftsführer des in Abstiegsnöten befindlichen Bundesligisten, sind wegen des Verdachts auf Untreue, Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung vorläufig festgenommen worden - das Ende eines schönen Märchens.

Es begann im Januar 2001, als die zwei größten Münchner Fußballvereine ein Bündnis zum Neubau eines eigenen Stadions beschlossen. Die so unterschiedlichen Klubs - hier der FC Ruhmreich, dort die weißblauen Underdogs - gründeten die München Stadion GmbH mit den Geschäftsführern Karl-Heinz Wildmoser junior und Fritz Scherer vom FC Bayern, der vor einer Woche überraschend aus "persönlichen, gesundheitlichen Gründen" zurücktrat.

Die Gesamtkosten von rund 285 Millionen Euro werden von den Vereinen getragen. Den Zuschlag für die Arena erhielt die Bietergemeinschaft Alpine Bau Deutschland GmbH als Generalübernehmer im Verbund mit den Schweizer Architekten Herzog und de Meuron und der HVB Immobilien AG als Generalplaner.

Nach Informationen des Bayerischen Rundfunks geht es bei den Bestechungsvorwürfen gegen die Wildmosers um geheime Informationen aus dem Ausschreibungsverfahren, die Wildmoser senior an die Baufirma Alpine weitergegeben haben soll. Er soll dem Unternehmen mitgeteilt haben, dass im Ausschreibungsverfahren eine Maximalsumme von 280 Millionen Euro für den Bau akzeptiert würde.

Ein entsprechendes Angebot reichte die Alpine ein und erhielt prompt den Zuschlag. Eine Summe von einem Prozent, was 2,8 Millionen Euro entspricht, soll dann über Strohmänner und Schweizer Konten an die Wildmosers geflossen sein.

All dem vorangegangen war eine jahrelange Diskussion um das Olympiastadion, seit vielen Jahren gemeinsame Spielstätte der beiden Bundesligisten. Der Tenor: Das "Oly" ist kein Fußballstadion, nicht mehr zeitgemäß, man sitzt oder steht viel zu weit weg vom Spielfeld, es kommt keine Stimmung auf, und überhaupt gehören hier nur Leichtathleten oder Rockstars rein.

Hitzkopf Beckenbauer hoffte gar "dass sich irgendein Terrorist finden lässt, der das Ding in die Luft sprengt". Architekt Günter Behnisch, der das Kunstwerk 30 Jahre zuvor in die Welt gesetzt hatte, wurde mit einem Großumbau beauftragt, der nach zahllosen Modellen, hitzigsten Debatten und einem Bürgerbegehren schließlich abgeblasen wurde.

Es begann die Suche nach einem neuen Standort, das Gelände an der Neuen Messe in Riem schien geeignet, doch auch dieser Traum platzte, worauf die verärgerte FC Bayern-Spitze mit einem Umzug aufs Land drohte.

Im April 2001 nahm die Debatte Fahrt auf. Bayerns Ministerpräsident Stoiber, zugleich Vorsitzender des FC Bayern-Verwaltungsbeirats, gab zu bedenken, dass München womöglich kein Spielort der WM 2006 werde, weil die Stadt in der Stadionfrage zu zögerlich agiere - der Druck auf Oberbürgermeister Christian Ude stieg, bald darauf stimmte der Stadtrat dem Standort Fröttmaning zu, ein Bürgerentscheid im Oktober ergab eine Zweidrittelmehrheit pro Fröttmaning.

Am 8.Februar 2002 legten sich die Vereine auf den Bau des "Schwimmreifen-Modells" fest. Hauptsponsor und Namensgeber wurde die Allianz-Versicherung.

In den vergangenen zwei Jahren ist der Koloss mit atemberaubender Geschwindigkeit gewachsen, von der unmittelbar vorbei führenden Autobahn nach Nürnberg aus bestens zu begutachten.

Hier liegen derzeit noch die größten Probleme: bei der Verkehrsanbindung. Die Autobahnzubringer verschlingen sehr viel Steuergeld, der öffentliche Nahverkehr ist bescheiden angebunden, eine zufriedenstellende Lösung nicht in Sicht.

Unwahrscheinlich auch, dass Karl-Heinz Wildmoser senior die Vollendung seines Lebenswerks so erlebt, wie er sich das sicher erträumt hat: beim Eröffnungsspiel der Fußball-WM am 9.Juni 2006 in einem der schönsten Stadien der Welt, Seit' an Seit' mit allen Großen des Weltfußballs. Daraus wird wohl nichts.

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