Bayerns verletzter Verteidiger:"Immer weiter Holger"

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"Einmal ein Kämpfer, immer ein Kämpfer. Positiv denken." So lautete die Twitter-Botschaft von Holger Badstuber, 26, am Tag nach der nächsten Verletzung. (Foto: Patrik Stollarz/AFP)

Erneut eine bittere Diagnose für Nationalspieler Holger Badstuber: Verrenkungsbruch des Sprunggelenks. Die Saison ist für ihn beendet.

Von Sebastian Fischer, München

Es ist erst wenige Tage her, da schlenderte ein Fußballer im roten Trainingsanzug durch die Katakomben des Leverkusener Stadions und sprach über die Zukunft, so wie Fußballer in Trainingsanzügen eben über die Zukunft sprechen. Das nächste Spiel werde schwer. Er habe vor, der Mannschaft zu helfen. Es waren banale Sätze, eigentlich. Ihm hörten trotzdem alle zu, es war ja nicht irgendein Fußballer, der da sprach. Sondern Holger Badstuber, 26, dieser talentierte Verteidiger des FC Bayern, der sich just im November das vierte Mal in seiner Karriere nach schwerer Verletzung auf den Platz zurückgekämpft hatte. Der sich nichts mehr wünschte als Gesundheit. "Jeder Einsatz tut mir gut, ich erhole mich gut, fühle mich immer besser", sagte er.

Zwei Kreuzbandrisse, ein Sehnenriss, ein Oberschenkelmuskelriss. Und nun: Verrenkungsbruch des Sprunggelenks. Saisonaus. Im Training am Samstag verhakten sich seine Stollen bei einer Grätsche im Rasen, heißt es. Keine Fremdeinwirkung, kein Schuldiger. Pech. So ist Fußball - das ist auch so eine Phrase, die erklären will, dass Verletzungen eben dazu gehören wie Schwalben, auslaufende Verträge und Trainerentlassungen. Aber: So wie Badstuber den Fußball erlebt, sollte er nicht sein. Das Spiel in Leverkusen war ein ordentliches gewesen für Badstuber, es war sein neuntes nach der jüngsten Verletzungspause. Seine Bewegungen muteten zwar etwas hölzern an, doch es waren meist die richtigen Bewegungen. Er drehte sich nicht so schnell wie sein Gegenspieler Chicharito, er spielte nicht so oft seine berühmten Diagonalpässe, die Guardiola einst dazu verleiteten, ihn als "den besten Spieler, den ich je hatte" zu bezeichnen. Doch das 0:0 des FC Bayern galt als Indiz dafür, dass es vielleicht doch funktionieren könne in der Abwehr des FC Bayern, trotz all der Verletzten. Dass es wegen Badstuber funktionieren könne. Nein, er fühle sich nicht wie der neue Abwehrchef, sagte der Abwehrchef.

Es folgte das 3:0 im Pokal in Bochum am Mittwoch, in dem er seinen jungen Kollegen Kimmich anschrie, wenn der falsch stand. Und ihn lobte, sobald er richtig lief. Badstuber führte, Badstuber gewann Zweikämpfe, warf sich in Schüsse. Er war der Letzte, der mit den Fans in der Kurve feierte. Sie lieben ihn dort, den Spieler aus der Bayern-Jugend, der nie aufgibt, wo andere längst aufgegeben hätten, nicht in 90 Minuten und nicht in einem ganzen Fußballerleben. Bei seiner Rückkehr im November riefen sie minutenlang seinen Namen, bis ihm fast die Tränen kamen.

31 Mal hat er für Deutschland gespielt, im Sommer sollten Einsätze bei der EM folgen

Ein Training am Donnerstag, ein freier Tag am Freitag, den er genoss, das wollte er in den sozialen Medien allen mitteilen, er grinste für ein Foto. Die Botschaft: Ich, Holger Badstuber, bin gut drauf. Er spürte das Vertrauen im Verein, obwohl sie dort natürlich auch sahen, dass er etwas häufiger als früher Laufduelle verlor; dass er vielleicht nie mehr ganz der grandiose Badstuber werden würde, der er bei seinem Debüt in der Nationalelf vor bald sechs Jahren zu werden versprach. 31 Mal hat er für Deutschland gespielt, es sollten im Sommer Einsätze bei der EM hinzu kommen.

Und jetzt? Er wird wohl im Sommer wieder an seiner Rückkehr arbeiten, allein, unerbittlich, während die Kollegen versuchen, einen Titel zu gewinnen. Wie beim Triple 2013. Wie während der WM 2014. "Es ist schon unglaublich, dass es immer wieder Holger trifft", sagt Bundestrainer Joachim Löw, "das ist sehr bitter, er war zuletzt wieder auf einem guten Weg."

Noch in der Nacht zum Sonntag meldet er sich der ständige Patient via Twitter zu Wort: "Einmal ein Kämpfer, immer ein Kämpfer. Positiv denken. Jetzt erst recht!" Genesungswünsche kommen von überall, sogar von Borussia Dortmund: "Ein Badstuber steht immer wieder auf." Doch kann er das? Was kann ein Körper aushalten? Was ein Kopf ausblenden? Mit jeder Verletzung steigt das Verletzungsrisiko, nicht nur im Knie oder im Knöchel. Es steigt die Angst im Zweikampf, es kommen Zweifel.

Ein gewöhnlicher Fußballer könnte das kaum schaffen. Aber Holger Badstuber ist kein gewöhnlicher Fußballer.

© SZ vom 15.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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