Bayerns Probleme:Kontrollverlust

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Haken, grobe Patzer und Geschenke: Auch der FK Rostow, derzeit Sechster der russischen Liga, deckt die neue Verwundbarkeit des deutschen Rekordmeisters auf. Von der Kontrolle und Organisation der Pep-Bayern ist nicht mehr allzu viel übrig.

Von Johannes Aumüller, Rostow

Mats Hummels war sichtlich angetan, und so blieb nur noch eine Sache offen: Serdar oder Sardar, wie heißt er nun richtig, fragte Hummels in die Runde? Doch diesen jungen Mann, den sein Klub FK Rostow als Sardar Azmoun führt, dürfte Hummels ebenso wie der Rest der Bayern-Mannschaft in einprägsamer Erinnerung behalten. Denn er hat ausgereicht, um dem Rekordmeister die ganze Löchrigkeit seines Spiels vor Augen zu führen.

Die Strategie der Gastgeber war recht simpel: hinten ganz, ganz eng stehen, was insofern gelang, als lediglich Bayern-Tore durch Douglas Costa (36.) und Juan Bernat (52.) fielen - und bei Balleroberung schnell ein paar lange Bälle auf diesen flinken 21-Jährigen im Angriff spielen, der mit dem Ball meist irgendetwas Gescheites anzufangen weiß. Ein paar Mal entwischte Azmoun Holger Badstuber, dem es in seinem ersten Startelf-Einsatz nach neun Monaten an Geschwindigkeit und Spielpraxis fehlte. Vor dem 1:1 (44.) schlug Azmoun einen Haken um Jérôme Boateng. Und als wären Azmouns Antritte nicht genug, leisteten sich die Münchner selbst noch ein paar Aussetzer: Costa spielte vor dem 1:1 einen groben Fehlpass, Boateng verursachte unnötig einen Elfmeter, den Poloz zum 2:1 nutzte (49.), und Thiago verursachte ebenso unnötig einen Freistoß, den Christian Noboa zum 3:2 (66.) einschoss.

Von "Geschenken", sprach Trainer Carlo Ancelotti, von lauter vermeidbaren Gegentreffern Abwehrspieler Hummels.

Wahr war zwar, dass die Bayern- Abwehr (Ulreich, Rafinha, Boateng, Badstuber, Bernat) nicht als erste Wahl zu bezeichnen war, andererseits gehörte der Gegner "auch nicht unbedingt zur Weltspitze", wie Kapitän Philipp Lahm korrekt anmerkte. Und so war auch dieses Spiel ein Beleg, dass es den Ancelotti-Bayern im Vergleich zu den Pep-Bayern an Organisation und Kontrolle mangelt. "Wir müssen schnellstmöglich Dinge verändern, vor allem Fehler minimieren. Das hat uns in den letzten Jahren sehr, sehr stark gemacht, dass wir wenig zugelassen haben", sagte Lahm.

Azmoun könnten sie indes bald wiedersehen. Dass er über die Winterpause hinaus in Rostow bleibt, gilt als unwahrscheinlich. Der FC Liverpool soll sein Interesse hinterlegt haben, ebenso mancher Bundesligist. Und es gab auch mal eine Zeit, da hätte der FC Bayern nach einem solchen Spiel den jungen Mann sofort verpflichtet.

© SZ vom 25.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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