Bayern München:Wie bei ManU

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Die neue Medienpolitik des FC Bayern orientiert sich stark am englischen Klub Manchester United. Es bleibt die Frage, ob dieses System auch in Deutschland funktioniert - einen Versuch ist es wert.

Jürgen Schmieder

Im November 2005 hat Roy Keane ein Interview gegeben, nachdem sein Verein Manchester United am Wochenende zuvor mit 1:4 beim FC Middlesborough unterlegen war. Eine halbe Stunde lang ließ der Kapitän sich aus über die Einstellung seiner Kollegen, deren Fähigkeiten auf dem Platz und die mangelnde Bereitschaft der jungen Spieler, sich weiterzuentwickeln. Dieses Interview wäre ein Skandal geworden - doch es wurde nie ausgestrahlt.

Jürgen Klinsmann auf dem Trainingsplatz. (Foto: Foto: dpa)

Keane führte dieses Interview mit dem hauseigegen Sender MUTV. Die Verantwortlichen eilten am Abend zu Geschäftsführer David Gill, der sprach mit Trainer Alex Ferguson. Das Interview wurde verboten, die Bänder sollten gar verbrannt werden. Es gelangte dennoch irgendwie auf Internetseiten, wochenlang wurde über die Zensur diskutiert.

Der Verein Manchester United ist mit 66,6 Prozent am Fernsehsender beteiligt, der über British Sky Broadcasting vertrieben wird. Das Programm ist auf den Verein zugeschnitten. Es gibt Live-Übertragungen von Vorbereitungsspielen, exklusive Interviews, Jugendspiele, bedeutende Partien in der Vereinsgeschichte, Portraits aktueller Spieler. Die Exklusivität der Fernseh-Interviews geht so weit, dass Ferguson seit mehr als fünf Jahren kein Interview mit Sky-Konkurrent BBC geführt hat. Viele Spieler reden fast ausschließlich mit MUTV - nicht zuletzt, weil die Fragen unkritischer sind als bei unabhängigen Medien. Alex Ferguson etwa soll einmal ein Interview mit dem hauseigenen Sender abgebrochen haben, weil ihm die Tendenz zu kritisch wurde.

Sechs Pfund pro Monat kostet der Pay-TV-Kanal, die London Times schätzt die Zahl der Abonnementen auf knapp 100.000 Menschen. Die Internetversion kostet 40 Pfund pro Jahr - etwa 40.000 Fans sollen sich angemeldet haben. Das bedeutet: MUTV erreicht alleine durch zahlende Anhänger einen Umsatz von 10,324 Millionen Euro - hinzu kommen Erlöse aus Werbung und dem Verkauf des exklusiven Materials.

Das Modell des FC Bayern lehnt sich an das von Manchester United an. Weil an nicht öffentlichen Trainingstagen nur das Kamerateam von FCB TV anwesend sein darf, sind die Fragen - auch wenn andere Medien Fragewünsche einreichen dürfen - deutlich unkritischer. Darüberhinaus erhält der Fernsehkanal des FC Bayern eine Exklusivität wie kein anderer Verein in Deutschland. Wer Bilder senden will, muss sie von FCB TV - gegen Zahlung einer Gebühr für Technik-Kosten - überstellt bekommen. Wer als Normalbürger mehr sehen will als das, was FCB TV den Sendern freigibt, muss zahlen: 36 Euro pro Jahr kostet das Abonnement auf den Internet-Kanal.

Bleibt die Frage, ob der deutsche Anhänger bereit ist, für die hauseigene und damit unkritischere Berichterstattung Geld zu zahlen - und, ob der deutsche Fan überhaupt dazu bereit ist, für Inhalt im Internet Geld zu zahlen. Während es in England mehrere Pay-TV-Sender gibt, muss Premiere seit Jahren um Abonnenten kämpfen. In Spanien etwa ist der Fernsehkanal von Real Madrid nicht zuletzt deshalb kostenfrei.

Das neue Medienmodell des FC Bayern mit eigenem, exklusivem Internet-Fernsehsender gab es so in Deutschland noch nicht. Es ist ein Experiment, das durchaus versucht werden darf. Es kann aber auch scheitern.

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