Basketball-Europameisterschaft:Und er wirft und wirft

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Es war eine Zitterpartie. Doch dank eines überragenden Dirk Nowitzki und einer dramatischen Aufholjagd sind Deutschlands Basketballer dann doch erfolgreich in die Europameisterschaft in Spanien gestartet.

Andreas Burkert

Oben auf dem hölzernen Bahnrad-Oval landet der Ball, Mithat Demirel hat ihn mit der Schlusssirene weggetreten wie ein Keeper beim Abstoß.

Ein wenig Wut hat diesen Schuss mit dem Basketball wohl begleitet, denn trotz ihrer großen Freude und der Erleichterung waren die Deutschen hinterher auch etwas enttäuscht von sich.

Denn erst nach fünfminütiger Verlängerung besiegte der EM-Zweite von 2005 Außenseiter Tschechien, der beim 78:83 (25:31/74:74) lange an einen Coup glauben durfte.

Auch Dirk Nowitzki, mit 35 Punkten der herausragende Werfer der Partie, verzichtete auf einen freundlichen Gesichtsausdruck, als er später den deutschen EM-Vorrundenauftakt auf Mallorca kommentierte.

"Heute hat nicht vieles gepasst, wir waren vorne sehr ängstlich und haben viel zu viele Freiwürfe vergeben", sagte der Allstar der Dallas Mavericks.

0:5 nach 72 Sekunden

Der Satz enthielt viel Wahrheit über den deutschen Einstieg in die EM, denn der Favorit konnte gegen die nach 1999 erstmals wieder qualifizierten Tschechen nie seine Unsicherheit ablegen.

Dabei bescherten rund 1000 deutsche Basketalltouristen im Mallorquiner Velodrom der DBB-Auswahl wirklich das ersehnte Heimspiel. Viel zu feiern hatten sie zunächst jedoch nicht.

Denn mit einer Zonendeckung empfing der mutige Gegner die DBB-Auswahl, deren Probleme gegen Raumverteidigung sich in Europa längst herumgesprochen hat. 0:5 hieß es nach 72 Sekunden, erst nach zweieinhalb Spielminuten erlöste Nowitzki sein Team mit einem ersten Treffer.

Doch den nervösen, zaghaften Auftakt behielt seine Mannschaft noch sehr lange bei, weder im Angriff noch in der Defensive entwickelten die deutschen Werfer so etwas wie einen Rhythmus. Dagegen verblüffte Tschechien zunächst mit guten Wurfquoten und dem taktischen Verständnis einer eingespielten Mannschaft.

Vor allem die beiden in Spaniens renommierter Eliteliga ABC beschäftigten Distanzwerfer Jiri Welsch (Malaga/22 Punkte) und Lubos Barton (Badalona/14) führten geschickt Regie und streuten immer wieder Zähler ein.

Obwohl sich Nowitzki gegen die fürsorgliche Bewachung von Jakub Houska regelmäßig in Szene setzen konnte, hielt sich der Außenseiter weiter vorn. 19:14 führte er nach zwölf Minuten, Mitte des dritten Viertels lag er mit 38:30 Punkten (24.) vorn.

Doch in diesem Abschnitt drehten die Deutschen doch noch die Partie. Denn Nowitzki warf und warf, und trotz einiger Ringereinlagen Houskas traf er fast die Hälfte seiner Versuche 12/25).

Zudem holte er elf Rebounds und arbeitete so unter dem Korb mit für Patrick Femerling mit, der in der zweiten Hälfte aus gutem Grund kaum noch eingesetzt wurde.

Als Schlüssel zum Erfolg erwies sich jedoch neben Nowitzkis einträglichen Wurfserien die Hereinnahme von Mithat Demirel. Der Berliner Türke, zurzeit noch auf der Suche nach einem Arbeitgeber, kam nach dem enttäuschenden Bamberger Steffen Hamann (ohne Punkte bei vier Versuchen) und Frankfurts Pascal Roller als dritter Spielmacher aufs Feld.

"Das war gut, er hat richtig Feuer gemacht", lobte ihn Nowitzki später. Demirel eroberte mit seinem Zug zum Korb die Kontrolle über das Spiel. 18Punkte sammelte er zudem, davon elf Freiwürfe.

Viele vergebene Freiwürfe

Hätte Demirel jedoch auf seine vier Fehlversuche verzichtet und zuvor auch Ademola Okulaja von der Linie mehr Erfolg gehabt (nur einer von sechs Freiwürfen) - den Deutschen wäre die aufreibende Zusatzschicht erspart geblieben.

Nach Jan Jaglas Dreier zum 65:59 (36. Minute) hatten sie ja schon alle die Arme hochgerissen - doch der ab kommender Saison bei Joventut Badalona engagierte Center brachte den Gegner mit einem absichtlichen Foul im Gegenzug wieder ins Spiel.

72:68 hieß es dennoch 50 Sekunden vor Schluss, aber Welschs Körbe langten für die Verlängerung. In dieser brachte erst Demond Greenes Dunking zum 83:78 die Entscheidung - 13 Sekunden vor Schluss. ,,Ich hätte nicht gedacht, dass so sehr mit unseren Nerven zu kämpfen hätten'', sagte Bundestrainer Dirk Bauermann erleichtert. "Doch am Ende ist es wichtig, dass man so ein Spiel schließlich auch gewinnt.'"

Ob dies schon der von Nowitzki zuvor ersehnte "emotionale Sieg" gewesen ist, oder doch eher ein erstes Signal für das baldige Ende einer erfolgreichen Generation, wird sich in den kommenden beiden Tagen zeigen.

Am Dienstag (20.30 Uhr/DSF) steht der WM-Sechste Türkei im Weg, ehe die Deutschen am Mittwoch (18 Uhr) gegen den von vielen Landsleuten begleiteten Medaillenanwärter Litauen gerne um den Gruppensieg in Pool C spielen würden.

Am eigenen Ziel ändere die enttäuschende Leistung beim Start jedoch nichts, betonte Demond Greene: "Es kann nur besser werden, und wir sind weiter hier, um eine Medaille zu gewinnen."

© SZ vom 4.9.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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