Basketball-Bundesliga:Der April ist vorbei

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Der FC Bayern München gewinnt gegen Ulm mühelos 101:85 - mit dem sechsten Sieg in Serie zieht er in der Tabelle mit Berlin gleich.

Von Matthias Schmid

Svetislav Pesic saß noch auf der Bank und nahm einen kräftigen Schluck aus seiner Wasserflasche, als seine Mannschaft bereits 5:0 führte, nach 33 Sekunden. Alles ging sehr schnell an diesem Abend, zu schnell zumindest für den 66-jährigen Trainer des FC Bayern, der normalerweise die ganze Partie über an der Seitenlinie steht und das Spiel beobachtet, meistens impulsiv statt ruhig. Als sich Pesic gegen Ulm dann endlich erhoben hatte, traf Spielmacher Anton Gavel per Dreipunktwurf zum 11:2. Es war bereits der dritte erfolgreiche Dreier der Münchner in den ersten drei Minuten. Am Ende gewannen die Bayern das Bundesligaspiel mühelos 101:85 (59:38), es war der sechste Sieg in Serie in der Liga.

"Es geht in die richtige Richtung, aber wir haben noch viel Arbeit vor uns", findet Marko Pesic

In der Tabelle zog der deutsche Meister von 2014 damit mit Alba Berlin gleich, direkt hinter dem amtierenden Champion Brose Baskets Bamberg, der sein Heimspiel gegen Bonn 109:72 gewann. München profitierte dabei von der 80:90-Niederlage von Alba Berlin bei den Riesen Ludwigsburg. Doch den Blick auf das aktuelle Klassement hält Svetislav Pesic in diesen Tagen ohnehin für überflüssig, wie er zuletzt immer wieder betont hatte.

Dennoch dürfte es der Serbe wohlwollend registrieren, dass sich seine Mannschaft von dem Vorrundenaus in der Euroleague nicht hat herunterziehen lassen, ganz im Gegenteil sogar. Nachdem ihre Darbietungen vor Wochen noch häufiger an aprilartige Wetterumstürze erinnert haben, hat sich das Team mittlerweile auf gehobenem Niveau stabilisiert. "Es geht in die richtige Richtung, aber wir haben noch viel Arbeit vor uns", findet FCB-Geschäftsführer Marko Pesic.

Die großen Spieler, allen voran John Bryant, stehen für den Aufschwung. Bryant hat seine Formkrise, die nach Verletzungsproblemen zu Beginn der Saison auch ein bisschen eine Sinnkrise war, beendet, er wirkt beweglicher, selbstsicherer, wieder sehr viel entschlossener. "John hat nun den körperlichen Zustand erreicht, um seine volle Leistung bringen zu können", sagt Svetislav Pesic über den 28-Jährigen, der am Ende auf zwölf Punkte kam.

Gegen seinen ehemaligen Klub hatte der 2,11 Meter große Amerikaner seine Mannschaft auch in Führung gebracht, doch die Anfangsphase hatten vor allem die Distanzwürfe geprägt. Besonders Bayern-Kapitän Bryce Taylor spielte so, als wäre er vor dem Spiel in den Kessel mit Zaubertrank gefallen. Allein im ersten Viertel verwandelte er alle fünf Versuche aus dem Feld, davon drei Dreier (am Ende 22 Punkte). 31:14 führte München, als er unter dem frenetischen Applaus des Publikums das Parkett verließ. Mit dem US-Amerikaner ging aber auch ein bisschen die Leichtigkeit der Münchner verloren. Ulm begann zu verteidigen, lästiger, mutiger, die Gäste holten Punkt für Punkt auf.

Zugang Justin Cobbs bekommt genügend Minuten, um das System weiter kennenzulernen

Als Taylor wieder kam, stand es nur noch 31:24 - die Begegnung war plötzlich ausgeglichen. Aber mit zwei Freiwürfen beendete Taylor den 10:0-Lauf der Gäste, die andeuteten, warum sie mit sieben Siegen in Serie nach München gereist waren. Neben einer aggressiven Verteidigung haben sie Spieler im Kader, die es verstehen, schnell und schnörkellos die Spielzüge abzuschließen. Augustine Rubit und Reymar Morgan taten sich da hervor. In den ersten Wochen der neuen Runde hatte bei den Ulmern, die einige Experten vor der Saison in den Rang eines Mitfavoriten erhoben hatten, viel Unruhe geherrscht. Etliche Profis kamen und gingen, geblieben ist als Konstante nur Nationalspieler Per Günther, mit dem noch Bryant in Ulm gemeinsam auflief. Doch gegen die Wucht der Bayern konnten weder der Spielmacher noch seine Mitspieler mithalten. Die Münchner dominierten nicht nur die Bretter, sondern trafen auch mehr als die Hälfte aus dem Feld, sodass sie zur Pause 59:38 führten.

Svetislav Pesic hätte sich also in Ruhe auf die Bank setzen und entspannt aus der Wasserflasche trinken können. Das machte er aber nicht. Angespannt wie in einem engen Spiel coachte er weiter, obwohl seine Mannschaft vor dem Schlussviertel 87:67 vorne lag. Er wechselte viel und achtete darauf, dass alle genügend Pausen hatten. Für den jüngsten Zugang Justin Cobbs galt das nicht, der Spielmacher bekam genügend Minuten, um weiter im laufenden Betrieb seine Mitspieler und die Systeme kennenlernen zu können. Den Amerikaner, der gute Ansätze zeigte, werden die Münchner gut gebrauchen können in den nächsten Wochen in der Liga, im Pokal und im Eurocup. Auf Ulm wird der FC Bayern zum Beispiel weitere drei Mal binnen eines Monats treffen, noch ein Mal in der Bundesliga und zwei Mal im Eurocup. Trainer Pesic wird dann von Anfang an bereit sein.

© SZ vom 04.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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