Basketball-Bundesliga:Das Geräusch von Fleisch und Knochen

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Trinchieri gegen Pesic, Freaky gegen Bernie, Wanamaker gegen Gavel: Wenn der FC Bayern die Baskets empfängt, geht es um mehr als Punkte.

Von Philipp Schneider und Ralf Tögel

Ein Spiel wie jedes andere? Blanker Unsinn! Wenn sich die bayerischen Spitzenmannschaften aus München und Bamberg in der Basketball-Bundesliga begegnen, dann ist Partytime. Sportlich geht es im vorletzten Heimspiel der Münchner vor den Playoffs um nicht mehr allzu viel, die Bayern können sich nur noch theoretisch von ihrem dritten Platz nach oben verbessern. Dem Vorhaben stehen die Bamberger im Weg, die das Hinspiel 80:63 gewonnen haben. Ein Vorteil? Noch blankerer Unsinn, findet jedenfalls Brose-Coach Andrea Trinchieri: "Im modernen Basketball sind zwei Monate wie eine geologische Ära. Deshalb ist das Hinspiel nicht vier Monate her, sondern zwei Erdzeitalter." Bis zu den Playoffs sind es demnach noch Äonen. Die SZ erklärt die Brisanz schon im gegenwärtigen Erdzeitalter, dem Phanerozoikum.

Die Trainer

Hier der Altmeister, der erfolgreichste Coach des Kontinents, der grummelige Serbe Svetislav Pesic. Frisch ausgestattet mit einem neuen Kontrakt wird der 65-Jährige zwei weitere Jahre am Spielfeldrand entlangfegen. Dort der Bundesliga-Novize, Andrea Trinchieri, der proppere Italiener, kaum weniger impulsiv. Nicht die einzige Gemeinsamkeit des scheinbar ungleichen Duos, auch Trinchieri kann stattliche Erfolge in seiner Trainerlaufbahn aufweisen: Zweimal Italiens Trainer des Jahres (2010, 2011), Eurocup-Trainer des Jahres (2014), griechischer Nationalcoach. Beides typische Vertreter ihres Berufsstandes, tatsächlich Basketball-Verrückte, die dem Erfolg alles unterordnen. Solche Menschen sind oft schwer zu verstehen, Trinchieri etwa fabuliert vor Spielen gerne von "großen Gefechten". Neulich, vor dem Pokalspiel gegen Alba Berlin, berichtete er von seiner Vision, dass er "in diesem Spiel sehr, sehr oft das Geräusch von Knochen auf Knochen, zumindest von Fleisch auf Fleisch hören" werde. Fragt sich allenfalls, bei welcher Gelegenheit er schon mal das Geräusch von Knochen auf Knochen gehört haben kann? Pesic wiederum spricht weniger martialisch, kann aber auf vermeintlich unqualifizierte Fragen recht ruppig reagieren. Doch sind nicht genau solche Typen das Salz in der bisweilen lauen Basketball-Suppe?

Der Star

Nach den Weggängen von Malcolm Delaney und Bo McCalebb steht bei den Bayern das Kollektiv im Vordergrund. Was sich noch nicht als die erhoffte Stärke herausgestellt hat, zu oft waren wichtige Spieler verletzt. Jetzt sind alle Münchner weitgehend wieder hergestellt, in Nihad Djedovic ist der letzte Schlüsselspieler im Kader zurück. Bamberg hat kürzlich in Darius Miller einen NBA-erfahrenen Akteur verpflichtet, dürfte den etwas besseren Kader und in Bradley Wanamaker einen Akteur haben, der herausragt - wenn man will: einen Star. Was die Gefahr birgt, dass in entscheidenden Situationen die Verantwortung auf ihn abgeschoben wird. Wanamaker aus dem Spiel zu nehmen, ist wichtig für den Gegner, in den beiden jüngsten Vergleichen im Eurocup (90:52 in Bamberg, 87:63 in München) gelang das den Bayern recht passabel. Was vor allem an Anton Gavel lag, dem heimliche Star von Pesic' Truppe, die eigentlich keinen Star hat. Er kam ja auch aus Bamberg. Beim 87:63 holte der FCB in den zwei Dritteln, in denen Gavel spielte, 25 Punkte mehr als der Gegner. Und in dem Drittel ohne Gavel einen weniger. "So etwas liebt jeder Trainer", sagte Pesic, dem Sonderlob für Spieler eigentlich zuwider ist. In welcher Formation die Bamberg auflaufen werden, ist ungewiss, denn im Kader stehen sieben Ausländer, in der BBL dürfen nur sechs eingesetzt werden.

Die Glücksbringer

18 Mannschaften gibt es in der BBL, einige von ihnen haben als Maskottchen: einen Bär. Nun sind zumindest die Eisbären Bremerhaven einigermaßen zu entlasten vom Vorwurf der Ideenlosigkeit, auch wenn sie dem naheliegenden Gedanken nicht widerstehen konnten, sich zu entscheiden für einen Eisbär namens "Dunky". Wer den Eisbär im Namen trägt, kann schlecht einen Elefanten beschäftigen. Bamberg und der FCB tragen kein Tier im Namen, doch beide entschieden sich für braune Bären. Bambergs Bär heißt "Freaky", der Bär aus München "Bernie". Freaky ist groß und schlank wie ein Basketballer. Bernie ist irgendwas zwischen gedrungen, adipös und fett. Das verwundert kaum, schließlich arbeitet er nebenberuflich für die wesentlich kürzer geratenen Kicker von Pep Guardiola.

Die Chefs

Michael Stoschek ist nicht nur der Chef der Bamberger Basketballer, er ist auch der heimliche Chef von Bamberg. Zuletzt sorgte er vor allem mit einer Meldung für Aufsehen, wonach er ein bisschen Ärger mit den Behörden hatte und angeblich eine Million Euro Strafe zahlen soll, weil er anstatt der normalen Kennzeichen aus Metall solche aus Klebefolie an seinem Porsche angebracht hatte. "Für mich ist das höchstens eine kleine Ordnungswidrigkeit, keine Straftat", sagte Stoschek, er sei mit dem Klebekennzeichen schon geblitzt worden und habe dafür auch bezahlt. Das Nummernschild sei eindeutig lesbar gewesen. Etwas weniger rasant unterwegs ist Münchens Basketballchef Rudolf Schels, der nur nach Niederlagen schon mal schnell nach Hause will. Dafür muss er hin und wieder seinen ehrgeizigen Trainer bremsen, dem der Weg in die internationale Spitze gar nicht schnell genug gehen kann.

Die Motivation

Beide Teams müssen versuchen, ihre Spielzeiten zum Guten zu wenden. Die Bayern verabschiedeten sich in dieser Saison erst aus der Euroleague, dann aus dem Eurocup, dann aus dem Pokal. Bleibt? Die deutsche Meisterschaft. Die Bamberger verabschiedeten sich nur aus dem Eurocup, das aber, weil sie in der höheren Euroleague erst gar nicht mitspielen durften. Im Pokalwettbewerb waren sie immerhin im Finale, verloren dort aber gegen Oldenburg. Bleibt? Die deutsche Meisterschaft.

© SZ vom 17.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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