Ausschreitungen beim Länderspiel:Überfall der Barbaren

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Hooligans sind, wenn überhaupt, nur schwer zu kontrollieren. Die Randale beim Länderspiel in Slowenien sind eine erschreckende Mahnung, das bei der WM 2006 nicht zu vergessen.

Von Ludger Schulze

Menschen, die ihr Vergnügen darin finden, viel Geld für eine beschwerliche Reise ins Ausland auszugeben, dort unter dem Deckmantel eines Fußballspiels Gaststätten und Geschäfte zu zerlegen, um zum Abschluss des touristischen Unternehmens in der Regel von Polizisten verprügelt zu werden oder gar eine Nacht und mehr in einer Gefängniszelle zu verbringen, sind mit allgemein gültigen Begriffen von Normalität nicht zu erfassen.

Bei einem solchen Verhalten darf man eine schwere Störung jener Hirnregion voraussetzen, in der üblicherweise das Sozialverhalten verankert ist. Deshalb sind diese Leute, wenn überhaupt, nur schwer zu kontrollieren.

Den zuständigen Behörden, vom Bundesinnenministerium über Landeskriminalämter, örtliche Polizei-Verantwortliche bis hin zu Sicherheitsbeauftragten des Deutschen Fußball-Bundes, ist das in den letzten Jahren dennoch weitgehend gelungen.

Erinnerungen an Daniel Nivel

Die schrecklichen Ereignisse bei der WM 1998, als in Lille der französische Polizist Daniel Nivel so zusammengeschlagen wurde, dass er lebenslang schwerstbehindert bleibt, haben dafür gesorgt, dass die Hooligan-Problematik mit größter Aufmerksamkeit bedacht wird.

Zuletzt konnte man aus Länderspielen in Deutschland und aus Partien der ersten Bundesliga sogar den Eindruck gewinnen, dass sich die gewalttätigen "Fans" weitgehend zur Ruhe gesetzt hätten. Schon ein Blick auf die zweite oder die Regional-Liga entlarvt dies als Illusion.

Die Gewalt bricht sich dort Bahn, wo sie eine Lücke im Sicherheitssystem findet, mangelhaft ausgerüstete oder personell unterbesetzte Ordnungskräfte oder fehlende technische Einrichtungen wie Video-Überwachung.

Ganz kritisch wird es, wenn die Zerstörungswut auf Naivität und Gutgläubigkeit trifft wie nun in Slowenien. Die Slowenen sind eine Kulturnation, in dem kleinen Land gibt es bei zwei Millionen Einwohnern allein elf professionelle Schauspiel- und Opernhäuser, und ihr Fußballpublikum benimmt sich kaum weniger gesittet als die Theaterbesucher.

Feige Wirrköpfe auf der Suche nach einer Bühne

Offenbar konnten sie sich nicht vorstellen, dass die Warnungen aus Deutschland zutreffend waren und sie tatsächlich von einer Horde Barbaren überfallen würden.

Zynisch ausgedrückt könnte man sagen, die Geschehnisse von Celje hätten einen positiven Aspekt: 15 Monate vor der WM haben alle wieder lernen müssen, dass feige Wirrköpfe weiter auf der Suche nach einer Bühne und nach Opfern sind.

© SZ vom 29.3.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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