Aufsteiger:"Ich bin der Boss"

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Martin Kaymer erklärt seine Ziele für das Masters, die Zusammenarbeit mit Fanny Sunesson - und wer in seinem Team das Sagen hat

Petra Himmel

Martin Kaymer geht als deutscher Shootingstar zum ersten Mal bei der US Masters im Augusta National Golf Club an den Start. Dort trifft er auf Tiger Woods, der mit einem Sieg am 13. April die Grundlage für den Grand Slam legen will. Im Interview mit golf spielen erklärt Martin Kaymer, was er an dem Amerikaner bewundert: dass er unter Druck immer noch zulegen kann. "Das ist sehr nah an der Perfektion." Es ist aber nicht so, dass der höfliche, junge Deutsche vor Ehrfurcht erstarren würde.

Martin Kaymer (Foto: Foto: AFP)

Ein ungemütlicher Tag im Februar diesen Jahres. Martin Kaymer ist gerade zurück von seinem ersten Turnier im Rahmen der World Tour in Arizona. Der 23-Jährige ist vorgerückt unter die Top 25 der Weltrangliste, hat mit seinem ersten Toursieg bei der Abu Dhabi Golf Championship für Furore gesorgt. In der Golfszene in Deutschland ist er ein Star, auch in Amerika haben sich die Medien um ihn gerissen. Und so gibt er an diesem Tag in seinem Trainingszentrum, dem GC Hummelbachaue bei Düsseldorf, ein Interview nach dem anderen. Geduldig, höflich, wie immer. Die Arbeitsumwelt des Jungprofis hat sich in den vergangenen 18 Monaten drastisch geändert. Kaymer selbst hat sich seine ruhige, angenehme Art bis dato bewahrt.

Sie spielen zum ersten Mal bei der Masters, einem Turnier, das von Golfgrößen wie Arnold Palmer, Sam Snead oder Jack Nicklaus geprägt ist. Macht diese Historie für Sie das Turnier zu etwas Besonderem?

Na ja, ich kenne natürlich die Namen, Ben Hogan, Arnold Palmer, Jack Nicklaus, aber ich habe keine Bücher über sie zuhause oder mir schon irgendwelche Filme angesehen. Für mich persönlich ist Tiger Woods generell die größere Nummer als Arnold Palmer oder Jack Nicklaus. Den habe ich selbst spielen sehen. Von Palmer oder Nicklaus habe ich einfach keine Bilder im Kopf. Das geht mir ja nicht nur mit bekannten Golfern so. Mir ist zum Beispiel beim Alfred Dunhill Cup Franz Klammer begegnet. Der kam auf mich zu und hat sich vorgestellt. Ich habe später meinem Vater davon erzählt, als ich wieder zu Hause war und gesagt "Du da war einer, der hat Deutsch gesprochen und hieß Franz Klammer" und mein Vater meinte "Weißt du eigentlich wer Franz Klammer ist?" Für mich ist das dann zwar ein besonderer Sportler, aber letztendlich sind das eben auch nur alles Menschen wie wir.

Die Masters ist geprägt von unzähligen berühmten Finalrunden oder Zusammenbrüchen einzelner Spieler. Wie sehr beeinflusst das Ihre eigene Erwartungshaltung?

Na ja, ich kenne natürlich vom Fernsehen den einen oder anderen berühmten Schlag. Jetzt freue ich mich einfach darauf, auch einmal den gleichen Chip am gleichen Grün wie Tiger Woods machen zu können und wirklich zu sehen wie schwer das ist. Oder einfach mal durch Amen Corner zu gehen. Das wird sicherlich alles sehr, sehr spannend. Ich werde auf jeden Fall versuchen vor dem Turnier schon einmal nach Augusta zu fahren, um mir das alles anzusehen.

Haben Sie sich ein Ziel für Ihr erstes Major gesetzt?

Ich bin eigentlich nur froh, dass ich so früh in meiner Karriere überhaupt die Möglichkeit habe bei so einem Turnier mitzuspielen, um Erfahrung zu sammeln. Ich muss mich an die Turniere inUSA erst einmal gewöhnen. Das habe ich schon bei der WGC Matchplay Championship in Arizona gesehen. Die Plätze sind anders, da sind viel mehr Leute, viel mehr Zuschauer, viel mehr Security, ich stehe öfter vor der Kamera, gebe mehr Interviews. Die Masters ist natürlich ein Super-Event, eine Riesen-Herausforderung, die Grüns werden noch einmal schneller sein. Aber letztendlich sind es auch nur 18 Löcher. Vielleicht wird da auch einfach zu viel hineininterpretiert.

Mit wem werden Sie die Proberunden während der Turnierwoche spielen?

Ich spiele am liebsten allein. Da habe ich meine Ruhe. Ich versuche morgens raus zu gehen, so früh es geht, dann trainieren zu können und mich dann auszuruhen.

Wer wird Sie bei Ihrem ersten Major unterstützen?

Mein Bruder wird mitfahren, mein Trainer, mein Manager Johan. Fanny Sunesson wird da sein, sie hat ja bei mir das Coaching übernommen. Sie ist als Caddie von Henrik Stenson ohnehin vor Ort.

Wie genau arbeiten Sie und Fanny Sunesson zusammen?

Sie bespricht mit mir das Course Management und die Rundenvorbereitung. Wir reden über mein Gefühl bei bestimmten Schlägen, wir klären meine Einstellung in bestimmten Situationen. Vor der vierten Runde in Abu Dhabi haben wir uns zum Beispiel darüber unterhalten, was auf mich als Führenden zukommen wird. Sie ist kein Mental Coach, das wäre zu viel. Aber gerade bei meinem Sieg in Abu Dhabi war das Gespräch mit ihr extrem hilfreich. Ich habe mich während der Runde immer wieder an bestimmte Worte von ihr erinnert.

Die dritte Runde bei der Abu Dhabi Championship haben Sie zusammen mit dem Schweden Henrik Stenson bestritten, dessen Tasche Fanny Sunesson trägt. Was ist sie dann: Nur Stensons Caddie oder auch ihr Berater?

Nein, sie gibt überall 100 Prozent. Bei mir und bei Stenson. Und als wir auf dem Platz waren, hat sie eben 100 Prozent für Stenson gegeben. Fanny ist ein Vollprofi.

Fanny Sunesson ist als langjähriger Caddie von Nick Faldo bekannt geworden. Zieht sie Parallelen zwischen Ihnen und Faldo?

Ja, sie sagt immer, dass es da Ähnlichkeiten gibt. Ich kenne Nick Faldo ja nicht gut, ich weiß nicht wie er ist, welche Art von Charakter er hat. Aber sie sagt immer, dass sie Nick Faldo in mir sieht.

Nick Faldo ist in diesem Jahr Kapitän des europäischen Ryder Cup-Teams, für das auch Sie sich qualifizieren könnten. Hatten Sie schon persönlich Kontakt zu ihm?

Nein, nur ein bisschen. Ich war jetzt mit anderen Spielern während der World Golf Championship in Arizona von ihm zum Abendessen eingeladen. Da habe ich ihn zum ersten Mal persönlich erlebt.

Dort haben Sie all' die anderen potenziellen Ryder Cup-Kandidaten getroffen?

Ja, da waren ziemlich viele, ich glaube 18 Spieler.

Halten Sie sich als Neuling in diesem Kreis erst einmal zurück?

Ja auf jeden Fall. Das war auch irgendwie sehr komisch. Ich komm' da in das Zimmer rein, und dann sind da die ganzen, na ja - die ganzen Stars eben. Nick Faldo, Colin Montgomerie, Sergio Garcia, Luke Donald. Man gehört dann irgendwie dazu. Man ist ja auch eingeladen. Das ist dann schon etwas Besonderes. Ich habe erst einmal nur zugehört.

Sie haben Ihre ersten Turniere in Amerika hinter sich, wie waren die ersten Eindrücke?

Das ist schon ganz anders. Als ich bei der Matchplay Championship mit Boo Weekley gespielt habe, schrien die Zuschauer an jedem Abschlag "BOOO". Und die Kommentare, die die Leute dann abgegeben habe - das war einfach nur cool. Auch wenn ich in der ersten Runde verloren habe: Ich habe gut gespielt, sehr solide, viele Pars, nicht so viele Birdies - aber so ist eben mein Spiel.

Waren Sie unzufrieden?

Nein, eigentlich nicht. Wenn ich bei einem normalen Turnier in der ersten Runde eine 69 gespielt hätte, wäre das ja eine gute Runde gewesen. Aber Matchplay ist eben ganz etwas anderes. Spielen Sie gerne in diesem Modus Mann gegen Mann? Ja, eigentlich schon. Als Amateur habe ich immer versucht, genauso Matchplay zu spielen wie Zählspiel. Aber jetzt bin ich plötzlich in einer ganz anderen Liga. Früher hat es einfach gereicht, wenn ich mein Spiel durchgezogen habe. Aber nun muss man sich ein bisschen auf den Gegner konzentrieren. Man muss die Taktik umstellen, weil da weniger Bogeys gespielt werden. Und mit einem Par gewinnt man einfach fast nie ein Loch.

In Arizona sind Sie zum ersten Mal auf die gesamte Weltspitze inklusive Tiger Woods getroffen. Was hat Sie am meisten beeindruckt?

Dass Woods am Schluss, wenn er unter Druck ist, immer noch einmal nachlegen kann. Das ist sehr nah an der Perfektion. Das wirklich Erstaunliche ist, dass er es immer wieder schafft, wenn er es schaffen muss. Ansonsten ist mir aufgefallen, dass die Amerikaner viel besser im kurzen Spiel sind und eine sehr aggressive Spielweise haben. Die können es sich erlauben, das Grün auch mal zu verpassen, weil sie so ein gutes kurzes Spiel haben. Für mich waren die Grüns in Arizona auch die schnellsten, auf denen ich in den letzten zwei Jahren gespielt habe und die Grüns bei der Masters werden sicherlich noch einmal schneller. Über einen Wechsel auf die US Tour denken Sie noch nicht nach? Nein, ich werde erst einmal fest auf der European Tour bleiben und ab und zu in Amerika spielen, bei den World Tour-Turnieren und den Majors zum Beispiel.

Sie sind inzwischen eineinhalb Jahren auf der Tour. Gibt es Dinge, die Sie überhaupt nicht mögen?

Es gibt Dinge, die man einfach vermeiden kann. Ich muss zum Beispiel nicht dienstags bis um zehn Uhr im Bett liegen, um mir dann eine Proberunde von fünfeinhalb Stunden anzutun. Das ist einfach unnötig.

Ist so eine Haltung auch Erziehungssache? Sind Sie als Abiturient in den Ferien bis mittags im Bett geblieben?

Nein, mit Sicherheit nicht. Da musste ich dann schon vorher die Hecke schneiden oder den Rasen mähen. Das kam schon öfter mal vor. Aber ich stehe ohnehin gerne früh auf.

In Deutschland sind Sie in der Golfszene in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt.Wie gehen Sie damit um?

Mir macht das alles bisher Spaß, die Pro-Ams, die Arbeit mit den Medien, Interviews, Autogramme geben. Das wäre ja auch schlimm, wenn mir das schon nach eineinhalb Jahren nicht mehr passen würde. Bisher mache ich alles supergerne.

Mit Ihrem Sieg in Abu Dhabi ist auch Ihre Vermarktung erheblich einfacher geworden. Wie stark sind Sie selbst in die wirtschaftlichen Belange Ihrer Karriere eingebunden?

Mein Team ist die Grundlage aller Entscheidungen. Mein Vater und mein Manager machen Vorschläge zu Verträgen und möglichen Kooperationen mit Firmen und ich sage dann, ob mir etwas gefällt oder nicht. Grundsätzlich bin ich aber der Boss. Ich will wissen, was los ist und ich will auch die Zahlen genau kennen. Entscheidend ist aber, dass wir im Team eine gute Atmosphäre haben, weil ich nur dann die Ruhe zum Spielen habe.

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