Aufsteiger entführt einen Punkt -:Der Müllmann klingelt neunmal

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Wild ging's zu bei Gladbach gegen Ingolstadt. Hier die gelb-rote Karte für Gladbachs Granit Xhaka (Mitte) nach einem Foul. (Foto: dpa)

Ingolstadt beendet die Gladbacher Siegesserie. Das Heimteam bemängelt nach der Nullnummer Nickligkeiten und Schauspieleinlagen des Aufsteigers.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Im Borussia-Park werden die gelben Karten von einem regionalen Abfallentsorger präsentiert. Bevor auf der Anzeigetafel mitgeteilt wird, welcher Spieler soeben auf dem Rasen verwarnt worden ist, fährt in Comic-Manier ein Müllwagen über den Monitor. Am Samstag ist der Müllwagen neun Mal vorbeigefahren. Zwei gelbe und eine gelb-rote Karte haben die Gladbacher bekommen, sechs Gelbe die Ingolstädter. Acht gelbe Karten und eine gelb-rote sind viel für ein Spiel, das 0:0 ausgegangen ist, - aber es waren nicht nur die vielen Verwarnungen und die gelb-rote Karte für den Gladbacher Granit Xhaka, die das Spiel zerrupft haben: Es waren vor allem viele Nickeligkeiten und unschöne Szenen sowie Streitgespräche zwischen Spielern beider Mannschaften.

Die Gladbacher haben sich anschließend über das Benehmen einiger Ingolstädter aufgeregt, sie warfen ihnen Schauspielerei und verbale Provokationen vor. "So ein bisschen Shit-Chat gehört doch dazu", sagte Ingolstadts Abwehrmann Tobias Levels. Zu seiner Beschreibung der Ereignisse auf dem Platz passte der Müllwagen ganz gut.

Der fortwährend provozierte Xhaka sieht Gelb-Rot

Der Gladbacher Trainer André Schubert sagte, er habe sich in der Pause von Xhaka erzählen lassen, was da auf dem Platz eigentlich los gewesen sei. "Granit musste sich von Beginn an eine ganze Menge anhören", behauptete Schubert. Vor allem mit dem Ingolstädter Alfredo Morales lieferte sich Xhaka ein Wortgefecht nach dem anderen. Beide erhielten im Laufe des Spiels eine gelbe Karte. Weil Xhaka aber vier Minuten vor Schluss auch noch ein Foul beging, musste er mit Gelb-Rot vom Feld. Er fehlt damit im nächsten Heimspiel gegen Hannover. Der neue Kapitän machte am Samstag diesbezüglich keinen guten Eindruck. "Er muss sich besser unter Kontrolle haben", sagte Schubert.

Einen guten Eindruck hatten fußballerisch die Ingolstädter hinterlassen. Sie dominierten die erste Halbzeit gegen schwache Gladbacher. Die Gastgeber hatten das 1:1 am Mittwoch gegen Juventus Turin mit der Erkenntnis beendet, mit den besten Mannschaften der Champions League mithalten zu können. Aber mit genau dieser Attitüde bestritten sie dann auch die erste Halbzeit: Sie wirkten schlecht vorbereitet auf das hinlänglich bekannte Ingolstädter Pressing, spielten fahrig und unkonzentriert. Die wenigsten Pässe kamen an, die Ingolstädter zerstörten Gladbachs pomadige Bemühungen mit präzisem, konsequentem Körpereinsatz. Das hatten sie Juventus voraus, damit hatten die Borussen offenbar nicht gerechnet. Die besten Chancen im ersten Durchgang hatten die Ingolstädter: Moritz Hartmann und Joel Matip vergaben allerdings.

"Heute war es grenzwertig", gibt der Ingolstädter Brègerie zu

Die Ingolstädter führten auch nach der Pause fröhlich kleine Scharmützel auf dem Platz. "Wir wollten Fußball spielen, aber sie wollten nur Palaver machen", sagte Gladbachs Innenverteidiger Alvaro Dominguez. "Beim Fußball machst du alles, um zu gewinnen - heute war es grenzwertig", gestand Ingolstadts Mittelfeldmann Romain Brègerie. "Die Ingolstädter agierten am Rande des Erlaubten", fand Gladbachs Stürmer Lars Stindl, wollte dies aber ausdrücklich nicht als Entschuldigung für den versäumten Sieg heranführen. Ingolstadt hatte wie bisher in jedem Auswärtsspiel vorbildlich gepresst und Gladbach kaum zur Entfaltung kommen lassen. Nach dem 1:1 auf Schalke am vergangenen Samstag war auch dieses 0:0 in Mönchengladbach verdient. "Die Leistung, die meine Mannschaft in der ersten Halbzeit gezeigt hat, hätte ich ihr gar nicht zugetraut", sagte der Trainer Ralph Hasenhüttl begeistert. "Wir haben ein Champions-League-Team in die eigene Hälfte gedrängt", lobte Kapitän Marvin Matip, "und ich will mich nicht für unsere tolle Leistung entschuldigen müssen."

Während die Ingolstädter mit nunmehr je vier Siegen, Unentschieden und Niederlagen hochzufrieden im sicheren Mittelfeld stehen, versäumten die Gladbacher den Sprung auf Platz drei. Mit einem Sieg, dem siebten in Serie, wären sie binnen sieben Wochen vom letzten auf den dritten Platz hochgestürmt. Fast wäre es sogar noch dazu gekommen: Dem eingewechselten Hazard bot sich in der 90. Minute die große Chance zum Siegtor - doch Gäste-Torwart Özcan entschärfte den Schuss aus kürzester Distanz brillant. Trotz der verpassten Möglichkeit mochte am Samstagabend kein Gladbacher klagen. "Dieser Punkt tut sogar gut, weil wir das Spiel auch hätten verlieren können", sagte der Sportchef Max Eberl, "die Ingolstädter haben heute bewiesen, warum sie die drittbeste Auswärtsmannschaft der Liga sind."

© SZ vom 08.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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