ATP-Turnier in München:Veteran auf der Schlussetappe

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Florian Mayer steht vielleicht sein letztes Jahr als Profi bevor. Doch eines sieht man ihm nicht an - Stress. (Foto: Alexander Hassenstein/Getty Images For BMW)

Florian Mayer entscheidet Ende der Saison, ob er als Tennisprofi aufhört - bis dahin hofft er auf Spaß am Beruf und Unterstützung deutscher Turnierveranstalter.

Von Gerald Kleffmann

Südtirol, Norwegen, jetzt Patagonien. Florian Mayer entfernt sich immer weiter von seiner Heimat Bayreuth und seinem Trainingsort München, grundsätzlich findet er das richtig gut, das Reisen. In Südamerika wanderte er zuletzt durch den Nationalpark Torres del Paine, herrliche Momente habe er erlebt. Und mit Sicherheit schönere als jüngst in seinem Beruf. Das Reisen liegt ja auch daran, dass der 32-Jährige wieder eine Auszeit vom Tennis absolvieren musste, kaum dass die vorherige überstanden war. Aber es gibt Zeichen der Trendwende. In München bei den BMW Open steht der einst beste Deutsche im Hauptfeld, am Dienstag trifft er auf den Münchner Matthias Bachinger, der sich wie Mayer als Qualifikant ins Hauptfeld kämpfte.

Mayer besiegte den Kolumbianer Alejandro Gonzalez und den Franzosen Vincent Millot (in drei Sätzen). Vergangene Woche noch hatte er in Bukarest in der Qualifikation gleich verloren bei seinem allerersten Match 2016. Er habe noch etwas Muskelkater, sagt er nun. Er grinst. Vielleicht ist dieses Jahr sein letztes als Profi, doch Mayer strahlt aus: Stress macht er sich nicht.

Das heißt natürlich nicht, dass er ohne Ehrgeiz - wie 2015 zur fast gleichen Zeit - abermals ins Tourleben einsteigt. Damals hatte ihn eine Schambeinentzündung lange spielunfähig gemacht. Im vergangenen Herbst folgte ein Adduktoreneinriss. Das Glück im Pechfall von Mayer ist, dass er ein Profi ist im Umgang mit Pausen. Er schloss diesmal seine Ausbildung zum Fitnesstrainer ab. Er kommt ohne Tennis gut klar.

Erstmals deutet Mayer gar an, dass nach dieser Saison - seiner 16. - Schluss sein könnte. "Ich werde bis zum Ende des Jahres spielen und dann weitersehen", sagt er. "Ich will mich aber noch nicht festlegen." Er will auch "Spaß und Lust" am Tennis empfinden. Der emotionale Mehrwert muss stimmen. Wenn nicht, sieht er schon neue Aufgaben.

Aber noch ist er Profi. Er lebt jetzt nur seinen Beruf auf der letzten Etappe so, wie er es will. "Einmal Tennis am Tag reicht", er muss nicht mehr fünf, sechs Stunden alles investieren. Auf sein Ballgefühl kann er sich verlassen. Das Problem ist vielmehr, "dass die Anspannung in einem Match eine andere ist". Und diese Situationen kann er nicht trainieren, Mayer benötigt Erfolge in Echtzeit. Zuletzt hat er mit Philipp Kohlschreiber trainiert, im Leistungszentrum in Oberhaching. "Das war ein guter Gradmesser", sagt Mayer, er hielt mit. Aber das Duell war kein Ernstfall. Umso mehr freut ihn, dass er sich in München das Gefühl erarbeitet hat: Es geht noch, auch wenn ich älter werde. "Natürlich zwickt's hier und da", sagt er und grinst wieder. Wer weiß, welche Popularität der früher manchmal kiebige Mayer hätte erreichen können, wäre er immer so locker wie in der Endphase der Karriere gewesen. Am Montag schafft er es gar, eine Forderung wie eine Selbstverständlichkeit wirken zu lassen.

Mayer bildet ja mit Tommy Haas und Kohlschreiber ein Trio, das so nicht mehr lange aktiv sein wird. Die drei haben ihre Verdienste, "gerade auf Rasen haben wir das deutsche Tennis gut präsentiert", sagt Mayer. Er selbst war in Wimbledon zweimal im Viertelfinale. Diese Saison würde Mayer jede Wildcard helfen, mit seinem 267. Weltranglistenplatz kommt er nicht in Hauptfelder, und das knappe Dutzend Startplatz-Joker aus seinem Protected Ranking, das lange Verletzte schützt, will er nicht aufbrauchen. Er muss sie ja bei den großen Turnieren wie den Grand Slams einsetzen. So sagt er: "Ich würde mich sehr freuen, wenn ich mal für Halle eine Wildcard bekäme. Ich habe dort neunmal in den letzten elf Jahren gespielt." Er macht eine Pause. "Ich verstehe nicht ganz, warum ich in Deutschland nicht die Lobby habe." Er hofft, dass er, der Veteran, nicht ganz vergessen wird.

© SZ vom 26.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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