Ashkan Dejagah:"Heute Iraner, morgen Deutscher: Das wird nicht gehen"

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DFB-Chef Zwanziger will das Gespräch mit Ashkan Dejagah suchen. Die Präsidentin des Zentralrats der Juden fordert den Rauswurf des Deutsch-Iraners aus der Nationalmannschaft.

Die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, fordert harte Konsequenzen für den deutschen Nationalspieler Ashkan Dejagah, der wegen seiner iranischen Herkunft nicht bei einem U21-Länderspiel in Israel am kommenden Freitag antreten will. "Ich erwarte, dass der DFB den Spieler aus der deutschen Nationalmannschaft ausschließt", sagte Knobloch am Dienstag in München.

Zentralrat der Juden gegen deutsch-iranischen Profi-Fußballer: Charlotte Knobloch (l.) fordert den Ausschluss Ashkan Dejagahs (r.) aus der Nationalmannschaft. (Foto: Foto: ddp/Getty)

Theo Zwanziger, Präsident des Deutschen Fußball-Bunds (DFB), räumte inzwischen Fehler ein. "Wir haben Dejagahs Entschuldigung zu schnell akzeptiert", sagte der DFB-Präsident im hr-Inforadio. "Wir hätten mehr nachfragen und nachbohren müssen." Dies werde der DFB nun nachholen. Er selbst wolle das Gespräch mit dem Spieler suchen. "Ich werde es ihm etwas schwerer machen und versuchen, das Verantwortungsgefühl abzufragen, das er als deutscher Nationalspieler zeigen muss", sagte Zwanziger. Von diesem Gespräch hänge ab, ob Dejagah noch einmal für eine deutsche Nationalmannschaft nominiert werde.

"Wunsch nachvollziehbar und legitim"

Grundsätzlich müsse sich Dejagah aber entscheiden, für welches Land er spielen wolle. "Heute bin ich Iraner, morgen Deutscher, wie es mir passt, das wird nicht gehen", sagte Zwanziger dem Sender. Als junger Mensch habe Dejagah allerdings auch das Recht, Fehler zu machen und hinzuzulernen.

Zwanziger hatte schon vorher klar gemacht: "Wir werden nicht hinnehmen, dass ein deutscher Nationalspieler aus Gründen der Weltanschauung seine Teilnahme an einem Länderspiel absagt." Zwanziger hatte die Entscheidung von Trainer Dieter Eilts respektiert, "weil er mir vermitteln konnte, dass der Spieler Gründe angeführt hat, die im privaten Bereich liegen".

Mit Unverständnis reagierte Bundestrainer Joachim Löw. "Ich kenne die politischen Probleme. Grundsätzlich hätte ich vom Spieler aber erhofft und erwartet, dass er aus sportlichen Gründen und als deutscher U 21-Nationalspieler eine andere Entscheidung trifft. Das muss ich schon ganz klar sagen", sagte der Bundestrainer der Tageszeitung Welt.

Der 21-jährige Dejagah hatte zunächst angegeben, er müsse die Israel-Reise aus "politischen Gründen" absagen, denn jeder wisse ja, dass er Deutsch-Iraner sei. Später hieß es vom DFB, Dejagah habe sehr persönliche Gründe für diese Entscheidung genannt, sie seien "im engsten familiären Umfeld" zu finden. Einige Verwandte Dejagahs leben in Iran, sein Bruder spielt Fußball bei einem Teheraner Verein. Der iranische Präsident Achmadinedschad verbietet seinen Bürgern, in das von ihm verhasste Israel zu reisen, Repressalien für Dejagah oder seine Familienangehörigen sind denkbar. Andererseits hat sich Dejagah bislang noch nicht ausdrücklich von Achmadinedschads Antisemitismus distanziert.

"Wer wie der deutsch-iranische U21-Nationalspieler Ashkan Dejagah ein Länderspiel gegen Israel verweigert, handelt zutiefst unsportlich, denn gerade sportliche Wettkämpfe werden friedlich, respektvoll ausgetragen und überwinden politische Spannungen", erklärte Knobloch am Dienstag in München. "Als Nationalspieler repräsentiert der Wolfsburger die Bundesrepublik. Da diese im Bewusstsein ihrer historischen Verantwortung freundschaftliche Beziehungen zum jüdischen Staat unterhält, wäre es ein großer Affront, dieses antiisraelische Verhalten stillschweigend zu dulden", sagte Knobloch.

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sagte: "Die deutschen Nationalmannschaften, egal in welcher Sportart, sind immer auch Repräsentanten unseres Landes. Wer Deutschland im Nationaldress vertritt, ob gebürtiger Deutscher oder Zugewanderter, muss sich zu unserer durch Geschichte und Kultur geprägten Gemeinschaft bekennen. Wer dies aus persönlichen politischen Gründen nicht will, muss das Trikot der Nationalmannschaft abgeben." Der Vorsitzende des Sport-Ausschusses im Deutschen Bundestag, Peter Danckert (SPD), sagte im RBB: "Hier hat einer eine klare politische Aussage getroffen, die nicht akzeptabel ist."

Gewisses Verständnis für Dejagahs Verhalten äußerte Volker Beck. "Wenn Ashkan Dejagah oder seine Familie tatsächlich im Falle eines Einsatzes mit Repressionen durch den Iran rechnen muss, dann ist sein Wunsch zwar nachvollziehbar und legitim", sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen. Ob angesichts solcher Umstände seine Zukunft in der Auswahl noch angemessen sei, bezweifelte Beck jedoch.

Der VfL Wolfsburg wird sich nicht in die Diskussion einschalten. "Das ist eine persönliche Sache, die zwischen Dejagah und dem DFB bereits geklärt war. Damit ist jede Einmischung von außen überflüssig", sagte der stellvertretende VfL-Aufsichtsratschef Stephan Grühsem den Wolfsburger Nachrichten. Er könne den Wirbel nicht nachvollziehen. "Ich sehe die ganze Geschichte unpolitisch und allein vom menschlichen Aspekt her. Es muss doch reichen, wenn rein persönliche Gründe vorliegen."

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