Amateursport:Riedens Energiewende

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Der 1. FC Rieden aus der Oberpfalz geht etwas andere Wege: Statt in den Kader hat der Verein in sein Sportgelände investiert, das ausschließlich mit erneuerbaren Energien betrieben wird. Inzwischen gilt der mehrfach prämierte Amateurklub als vorbildlich.

Von Christopher Meltzer

Der 1. FC Rieden ist ein kleiner Verein aus einer 3000 Menschen umfassenden Marktgemeinde in der Oberpfalz, unweit von Schwandorf und Amberg. Dass sich ein sportverrückter Investor in diese Gegend verirrt hat, ist bisher nicht bekannt. Dennoch heimst der Klub einen Pokal nach dem anderen für die Vereinsvitrine ein in den vergangenen Monaten. Denn investiert hat der Klub sehr wohl, allerdings ohne großen Gönner. Die Riedener steckten ihr Geld statt in Fußballerbeine in eine Holzheizung und eine Photovoltaikanlage, kurzum: in ein Energiekonzept.

Dieses beeindruckte auch den Deutschen Olympischen Sportbund, der die Riedener als bayerischen Vertreter für den "Großen Stern des Sports" in Gold nominierte - den wichtigsten deutschen Breitensportpreis. Am Montag wurde dann der Preisträger in Berlin von Bundespräsident Joachim Gauck bekanntgegeben, eine Delegation der Riedener reiste dafür an. Sie ging dieses Mal allerdings leer aus, prämiert wurde eine Sportinitiative der Eintracht Hildesheim an Grundschulen. Dennoch konnten die Oberpfälzer auf der großen Bühne der Hauptstadt ihr Projekt weiter bewerben.

Es gilt inzwischen nicht mehr als wahnsinnig visionär, auf erneuerbare Energien zu setzen, aber nur die wenigsten rüsten tatsächlich um. In Rieden hat den Wandel vor sieben Jahren ein Wechsel im Vorstand ausgelöst. Seitdem hat der Verein rund 230 000 Euro aufgebracht für die "eigene Energiewende", wie Richard Weigert das Projekt nennt.

Weigert, 51, erfüllt beim 1. FC Rieden eigentlich die Aufgaben des Ehrenamtsbeauftragten, ist in letzter Zeit aber immer häufiger als PR-Mann gefragt. Wer sich nach dem Energie- und Umweltkonzept erkundigt, den klärt Weigert auf. Und es gibt so manchen, auch in den eigenen Reihen, der sich wundert, wieso der Verein die üppige Summe für ein Energie-Update ausgibt, wo er doch mit demselben Geld die erste Fußballmannschaft mit vielen Kickern schmücken könnte.

Die Flutlichtanlage der Riedener ist in Bayern einzigartig

"Wenn wir das Geld in den Fußball investiert hätten, dann wären wir heute vielleicht in der Landesliga oder in der Bayernliga", sagt Weigert. Eine Rechnung, die verlockt - und der die meisten Klubs nicht widerstehen können, wie der Geldfluss im Amateurfußball zeigt. Die Riedener jedoch sind standhaft geblieben: "Wir müssen Nachhaltigkeit für die folgenden Generationen schaffen. Das ist unsere Verantwortung." Und weil sie sich ziemlich sicher sind, dass die Landesliga und die Bayernliga auch in zehn Jahren noch bestehen werden, geben sie sich vorerst mit der Kreisliga zufrieden.

Der 1. FC Rieden will Vorbild sein - und die knapp 900 Mitglieder ziehen mit. Die Nachhaltigkeitsoffensive sei aber nicht eingeleitet worden, um sich selbst ein Denkmal zu setzen, betont Weigert, und schiebt eine Frage hinterher: "Wenn man im Kleinen nicht anfängt, wie soll das im Großen klappen?" Also montierten die Riedener 2008 eine Photovoltaikanlage aufs Sportgelände, 2014 ersetzten sie die Gasheizung des Sportheims durch eine Holzheizung, die sie unabhängig gemacht hat von fossilen Brennstoffen, und 2015 statteten sie ihre Fluchtlichtanlage mit LED-Technik aus, was den Stromeinsatz mehr als halbiert hat - und in Bayern einzigartig ist. Das sind die Großprojekte, an Kleinigkeiten wird stets getüftelt. Die Ideen scheinen nicht auszugehen. Gerade plant der Verein eine E-Zapfsäule für elektronische Fahrräder und Autos.

Wer Vorbild sein will, sollte den Fortschritt auch der Öffentlichkeit erläutern. Dafür ist Richard Weigert da. Eifrig hat er in den vergangenen Jahren Bewerbungen an Preiskomitees verschickt, die vielen Juroren so gut gefallen haben, dass Riedens Energiewende eine Trophäe nach der anderen abstaubte. Und damit auch den einen oder anderen Scheck.

Weigert hat in einem Interview gesagt, man sei auf die Preisgelder "fast angewiesen". Heute findet er die Wortwahl etwas überspitzt, schließlich seien Preisgelder nicht kalkulierbar. Dennoch sind sie wohl der Hauptanreiz, warum er etliche Bewerbungsmappen angefertigt hat. Knapp 20 000 Euro hat der Verein auf diese Art verdient. Sie garantieren neben den Zuschüssen, Subventionen und Sponsorenhilfen, dass das Energiekonzept umgesetzt werden kann. "Andere Vereine werden fusionieren müssen, um zu überleben", prophezeit Weigert, "wir kümmern uns jetzt um die Zukunft."

Und irgendwann, wenn der 1. FC Rieden dann für die Zukunft gerüstet ist, darf sich die Vereinsvitrine gerne wieder mit sportlich errungenen Preisen füllen. Vielleicht ja auch mit einem Wimpel der Bayernliga.

© SZ vom 25.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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