Aktuelles Sportstudio:Frauen, Fußball, Fernsehen

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Mainzer Damenwahl: das ZDF hat nach Jahren wieder eine Moderatorin für sein "Aktuelles Sportstudio"

Hans-Jürgen Jakobs und Senta Krasser

Es ist Jahre her, dass eine Frau ins sportjournalistische Heiligtum des ZDF durfte. Deshalb wurde schon gewitzelt, es sei leichter, Kanzlerin zu werden als Moderatorin des Aktuellen Sportstudios. Die Schauspielerin Christine Reinhart war 1995 die letzte, die den Schuss auf die ZDF-Torwand freigab. Die erste aktive Sportfrau im Zweiten war 1973 Carmen Thomas, die sich dann so legendär versprach ("Schalke 05"). Dazwischen taten Doris Papperitz, Sissy de Mas und Joan Haanappel Dienst im Studio.

Die Neue beim "Sportstudio": Kathrin Müller-Hohenstein. (Foto: Foto: ddp)

Frauen, Fußball, Fernsehen - mit dieser Kombination will es das ZDF jetzt wieder versuchen. Zu gut sind die Erfahrungen, die der Konkurrent ARD in der Sportschau mit Monica Lierhaus macht. Mit der Suche nach der Richtigen hat man sich in Mainz viel Zeit gelassen. Die Frau müsse "ein Lattenkracher werden", hatte ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender gefordert - und dabei mit Sicherheit nicht an einen Fehlschuss gedacht.

Katrin Müller-Hohenstein tummelt sich zwar lieber in Schwimmbädern als auf Bolzplätzen. Aber was sie kann, kracht offenbar genug, um sie zur neuen Frau unter den Sportstudio-Männern zu machen. Derzeit moderieren noch Rudi Cerne, Wolf-Dieter Poschmann, Michael Steinbrecher und Johannes B. Kerner. Zum Start der Rückrunde der Fußball-Bundesliga am 28.Januar wird Katrin Müller-Hohenstein erstmals vor der Kamera stehen. Die Personalie ist Teil eines Modernisierungskonzepts, mit dem das ZDF seinen Samstags-Klassiker wieder zur früheren Stärke bringen will.

Am heutigen Donnerstag stellen Chefredakteur Brender und ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz ihre Pläne samt Frau in Berlin vor. Zum neuen Konzept gehören mehr Schwung und weniger Moderatoren - auf Sicht wird Rudi Cerne das Team verlassen, um sich anderen Aufgaben im Sender zu widmen. Mittelfristig könnte das Sportstudio mehr Sendezeit bekommen, falls das ZDF im derzeitigen Poker um die Fußball-Bundesliga mehr Rechte erhalten sollte.

Duales System

Im Fernsehen war Müller-Hohenstein bisher noch nie zu sehen. Seit 1992 arbeitet die 40-Jährige als Moderatorin und Redakteurin bei Antenne Bayern in München. Sie setzte sich im ZDF-Casting gegen 20 Rivalinnen durch - mit ihrer journalistischen Kompetenz, wie es im Sender heißt. Auf der Strecke blieb bei der Mainzer Damenwahl ZDF-Frau Karen Webb, die Mona Lisa präsentiert und aus europäischen Adelshäusern berichtet.

Die im fränkischen Erlangen geborene Müller-Hohenstein hat nach eigener Einschätzung "meistens ausgezeichnete Laune" und gilt als betont lässig (Spitzname: kmh). Sie moderierte auch bei externen Veranstaltungen, bei einem Literaturbrunch oder im Siemens-Forum. Das Duale System wird sie weiterhin pflegen: Die Radiofrau bleibt trotz des neuen Jobs im Hörfunk aktiv. "Für uns ändert sich nichts", sagt ein Antenne-Sprecher.

Müller-Hohenstein hat das Gesetz der Branche verinnerlicht: Man bewirbt sich nicht um einen Job, man wird geholt. So hatte sie einst von heute auf morgen gekündigt, als Antenne Bayern anrief. Nun steht sie vor dem nächsten Karrieresprung.

© SZ vom 23.11.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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