Abstiegskandidat FC Augsburg:"Wie in der Achterbahn"

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Hinterlässt geplättete Augsburger: Torschütze Adrian Ramos. (Foto: Stefan Puchner/dpa)

Taktisch clever, aber körperlich erschöpft: Der FC Augsburg hält gegen Dortmund lange mit, verliert aber im Abstiegskampf der Bundesliga weiter an Boden.

Von Kathrin Steinbichler, Augsburg

Der Österreicher Alexander Manninger ist ein Spieler, wie Trainer sie sich wünschen. Trainingsfleißig, diszipliniert, motiviert und erfahren noch dazu - der weit gereiste Routinier hat viele Vorzüge. Am Sonntag hatte Manninger noch dazu ein unschlagbares Argument auf seiner Seite, das ihm gegen Borussia Dortmund seinen ersten Saisoneinsatz bescherte: Der 38-Jährige war am Wochenende der einzige gesunde Torhüter im Profikader des FC Augsburg. Stammtorhüter Marwin Hitz hütete mit einer fiebrigen Erkältung das Bett, auch Ioannis Gelios hatte Fieber, "ich hatte vor dem Spiel schon Angst, dass jetzt auch noch Alex anruft und sagt, dass er flachliegt", meinte FCA-Trainer Markus Weinzierl. Nun, Manninger konnte auflaufen, und er hielt auch, was zu halten war. Flachgelegt hat ihn dann kein Virus, sondern der Gegner aus Dortmund.

Den Kopfball von Aubameyang-Ersatz Adrian Ramos eine Viertelstunde vor dem Abpfiff wehrte Manninger noch reaktionsschnell ab. Als er zusammen mit zwei Abwehrspielern schon am Boden lag, traf Ramos im Nachschuss zum 1:3, nachdem Mkhitaryan (45.) und Castro (69.) das Spiel gedreht hatten - und Manninger drückte aus Frust die Stirn in den Rasen. "Die spielen einen fast fehlerlosen, geduldigen Fußball", gab Manninger anschließend über Dortmund zu Protokoll, "da reicht es dann auch, wenn sie vier Chancen haben, um drei zu machen." Dabei, erinnerte Manninger, habe seine Mannschaft "eine gute erste Halbzeit gespielt". Eine Halbzeit, in der Augsburg nicht nur mit einer cleveren Defensivtaktik samt flexibler Fünferkette überraschte, sondern durch ein schön herausgespieltes Tor von Alfred Finnbogason sogar in Führung ging (16.). "Aber ein Fußballspiel", mahnte Manninger und riss dabei beide Augen weit auf, "hat eben auch eine zweite Halbzeit." Und in der wurde deutlich, was die Schwaben seit Wochen befürchten: Ausgerechnet im Schlussspurt um den Verbleib in der Bundesliga droht dem FC Augsburg die Luft auszugehen.

"Wir müssen diese Woche nutzen", meint Schlussmann Manninger

Allein das Torverhältnis hält Augsburg derzeit noch über dem Strich in der Tabelle, der den Rest der Liga vom Relegationsrang und von den Abstiegsplätzen trennt. Hoffenheim (16.) und Frankfurt (17.) lauern punktgleich darauf, dass die Teams vor ihnen Punkte lassen. So wie Augsburg eben, dessen Rückrundenbilanz mit nur einem Sieg ebenso schlecht ausfällt wie die des abgeschlagenen Letzten Hannover. Die kraftraubende erste Europa-League-Teilnahme fordert ihren Tribut: In jedem der zehn Ligaspiele nach der Winterpause musste der FCA mit neuer Elf auflaufen, oft fehlten durch Verletzungen ganze Mannschaftsteile oder zumindest Schlüsselspieler (Baier, Bobadilla). Zuversicht zieht Weinzierl trotz der angespannten Tabellensituation vor allem aus dem Wissen, dass die Mannschaft sich auskennt mit dieser Art von existenziellem Schlussspurt.

Er fühle sich in dieser Saison "ein bisschen wie bei einer Achterbahnfahrt", sagte Weinzierl, der mit dem FCA schlecht in die Saison gestartet war und sich erst vor der Winterpause wieder ans Mittelfeld herangekämpft hatte: "Am Anfang sind wir runtergefahren, dann wieder hoch, jetzt wieder runter - und in der Achterbahn geht es dann wieder hoch." Soll heißen: Für die sieben verbleibenden Spieltage nach der Länderspielpause muss das Team wieder Fahrt aufnehmen. In den letzten fünf Spielen der Hinrunde hatte der Augsburg beeindruckende 13 Punkte geholt. "Jetzt kommen die gleichen Gegner", meinte Weinzierl, "da haben wir das Potenzial zu punkten."

Dafür aber müssen die FCA-Profis aber erst einmal zu neuen Kräften kommen. "Wir müssen jetzt diese Woche nutzen, in der kein Spiel ist, um noch einmal alles zu mobilisieren für die letzten sechs Wochen", meinte Schlussmann Manninger. Auch Weinzierl war "froh, dass wir uns jetzt sammeln können".

Auch Dortmunds Trainer Thomas Tuchel sehnte sich nach etwas Erholung: "Ich freue mich, durchschnaufen zu können. Es ist wichtig, mal den Kopf frei zu kriegen, auch den Nationalspielern wird der Tapetenwechsel gut tun." Existenzängste muss das zweitplatzierte Dortmund zwar keine haben, aber "die Mannschaft wird ein bisschen Ruhe kriegen vor mir", meinte Tuchel mit einem Lächeln. Das ist doch schon mal was.

© SZ vom 22.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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