"Abgefahren":Dem Anfang wohnt kein Zauber inne

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Renault-Pilot Nelson Piquet Junior erlebte in Melbourne ein fürchterliches Debüt. Doch er kann sich trösten: Er befindet sich damit in bester Gesellschaft.

René Hofmann

Auf den Zauber, der seinem Formel-1-Anfang inne wohnte, hätte Nelson Piquet junior gerne verzichtet. 1. Training: Dreher und Getriebeschaden. 2. Training: Das Getriebe wird repariert. 3. Training: Die Bremsbalance lässt sich nicht wie gewünscht verstellen. Qualifikation: Vorletzter - in einem Auto, das eigentlich um den Titel fahren soll. 2005 und 2006 hat Piquets neuer Arbeitgeber Renault die WM gewonnen.

Nelson Piquet Junior erlebte in Melbourne ein fürchterliches Debüt. (Foto: Foto: Reuters)

"Ich fühle mich noch gar nicht wie ein Rennfahrer. Ich glaube, erst in Melbourne werde ich realisieren, was da auf mich zukommt", hatte der 22-Jährige vor dem Flug nach Australien gesagt. Nachdem er beim ersten Auftritt nach einem waghalsigen Manöver ausgeschieden war, gab er an: "Ich bin enttäuscht, habe aber auch viel gelernt." In England, wo Piquet junior lebt, müssen sich Fahranfänger ein großes L aufs Auto kleben, um den anderen zu signalisieren: Haltet Abstand, ich lerne noch!

Nach seinem Debüt muss der Brasilianer damit rechnen, dass ihm die Mechaniker bei den nächsten Übungsrunden am kommenden Sonntag in Malaysia eine der peinlichen Plaketten an den Heckflügel kleben. Vater Nelson Piquet senior dürfte das mit Grauen sehen. In 204 Rennen brachte er es schließlich zu 23 Siegen und drei WM-Titeln.

Früher, als die Autos noch öfter kaputt gingen, ging bei Debüts öfter etwas schief. Keke Rosberg, der an diesem Wochenende seine Premiere als Premiere-Experte gab, bestritt 1978 in Kyalami/Südafrika sein erstes Formel-1 Rennen. Der Theodore, in dem er saß, war nicht nur unterlegen, es barst auch noch eine Benzinleitung. "Ich saß mitten im Sprit", sagt Rosberg. Was er tat? "So lange weiterfahren, bis mir der Hintern brannte."

28 Jahre später durfte sein Sohn Nico zum ersten Mal ran in der obersten Motorsport-Kategorie. In Bahrain glückte ihm 2006 auf Anhieb die schnellste Rennrunde. 2007 stürmte Lewis Hamilton beim Auftakt in Melbourne als Dritter gleich zum Champagnerspritzen. Da ging es hoch her beim Debütantenball.

Mit Schwung in die Trümmer

Rekord-Weltmeister Michael Schumacher begann seine Karriere einst mit einer Lüge. Um den Platz im Jordan zu ergattern, erzählte Manager Willi Weber dem Teamchef, sein Klient kenne die berüchtigte Strecke in Spa-Francorchamps so gut wie den Weg zur Kartbahn in der Kiesgrube von Kerpen. Das stimmte nicht, machte aber wenig: Schumachers erste Ausfahrt endete nach 800 Metern. Kupplungsschaden.

Sein späterer Rivale Mika Häkkinen erlebte im gleichen Jahr in Phoenix/Arizona ähnliches: Der Motor in seinem Lotus hielt nicht. Dabei hatte der Finne sich so sicher gefühlt. "Ich war ganz ruhig, voller Selbstbewusstsein", hat er später einmal erzählt: "Ich habe gedacht, ich würde gewinnen. Viele haben das nicht so gesehen." Dem Japaner Ukyo Katayama erging es da ganz anders: Er war vor seiner Premiere so aufgeregt, dass er sich übergeben musste. Sein Landsmann Yuji Ide hatte ein ganz anderes Problem: Er sprach so schlecht Englisch, dass der Teamchef am Funk alle Anweisungen der Ingenieure erst übersetzen musste.

Wie sich der Italiener Marco Apicella vor seinem ersten Grand-Prix fühlte, dem Heimrennen 1993 in Monza, ist leider nicht überliefert. Nur das Ende seiner Geschichte ist bekannt: Am Start stand er auf Platz 23.200 Meter nach der Ampel gab es einen Unfall. Apicella gab Gas - und rauschte mit Schwung in die Trümmer. Das war's. Sein erstes Rennen blieb sein einziges. So schnell kann es gehen in der Formel 1.

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