2:2 nach zweimaliger Leipziger Führung:Held und Schurke

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Unglücksrabe: Als Gladbach den Ausgleichstreffer bejubelte, stand Naby Keita noch auf dem Platz - nach seinem hohen Bein gegen Christoph Kramer dann nicht mehr. (Foto: dpa)

Naby Keita beweist im turbulenten Spiel gegen Gladbach, dass er nahezu unersetzlich ist - und nimmt seiner Mannschaft wegen einer roten Karte trotzdem die Chance auf den Sieg.

Von Javier Cáceres, Leipzig

Naby Keita vergrub das Gesicht hinter seinem Trikot: Und er wusste, dass das, was ihm in der Partie gegen Borussia Mönchengladbach widerfahren war, keine Diskussion erlaubte. 84 Minuten waren vergangen, als Schiedsrichter Marco Fritz dem Mittelfeldspieler von RB Leipzig die rote Karte gezeigt hatte, die überaus berechtigt war. Keita, der phasenweise brillant agierte, hatte bei einem Zweikampf den Fuß derart hoch gestreckt, dass er Gladbachs Sechser Christoph Kramer am Kopf erwischte. Kramer sagte: "Es sah schlimmer aus, als es ist". Er konnte einigermaßen von Glück reden, dass er über der Oberlippe bloß einen Schmiss davontrug und anders als im WM-Finale von Rio de Janeiro 2014 bei Sinnen war, als das Endergebnis feststand. Die ersatzgeschwächte Borussia aus Mönchengladbach ertrotzte nach zweimaligem Rückstand in Leipzig ein 2:2-Unentschieden.

Es hatte eine tragische Note, dass der Auftritt von Keita ein derart unrühmliches Ende nahm. Denn bis zu seinem Platzverweis hatte er enorm viel Gefallen daran gefunden, nachzuweisen, dass es eine titanische Aufgabe sein wird, Ersatz für ihn zu finden. Keita, der seinen Anschlussvertrag beim FC Liverpool bereits unterschrieben hat und im Sommer 2018 an die Mersey wechseln wird, war die Konstante in einem abwechslungsreichen Spiel. Held und Schurke.

Keita hatte am Mittwoch Leipzigs Champions-League-Debüt gegen den AS Monaco verletzungsbedingt passen müssen - und wurde beim 1:1 gegen den französischen Meister schmerzlich vermisst. Anders als am Mittwoch war die Kreativität gegen Gladbach nicht mehr auf die Füße des Schweden Emil Forsberg beschränkt. Denn unter den fünf neuen Spielern, die Leipzigs Trainer Ralph Hasenhüttel im Vergleich zum Monaco-Spiel in die Startelf beordert hatte, war neben Bernardo, Konrad Laimer, Jean-Kévin Augustin und Kevin Kampl auch: Naby Keita. Wenn er spielen könne, sei er "einfach ein Weltklassespieler. Er ist kaum zu ersetzen für uns", hatte Hasenhüttl nach der Partie gegen Monaco gesagt. Und das war am Samstag bestens zu begutachten.

Timo Werner trifft schon wieder - sein vierter Saisontreffer

Die erste Chance der Partie hatte zwar den Gladbacher Gästen gehört. Nach einer Kombination mit Regisseur Raffael hatte Kapitän Lars Stindl den Ball auf Jonas Hofmann zurückgelegt. Doch Hofmann schoss, trotz sträflicher Einsamkeit im gegnerischen Strafraum, übers Tor (2. Minute). Danach monopolisierte Leipzig Ball und Spiel, auch durch und wegen Keita, der an der verdienten Führung allerdings nicht direkt beteiligt war.

Kampl, der das Seinige zum Leipziger Übergewicht im Mittelfeld beitrug, spielte den Ball auf Linksverteidiger Bernardo hinaus, der wiederum flach in den Strafraum spielte. Dort gab Timo Werner dem Ball die entscheidende Richtungsänderung - mit einem simpel wirkenden, aber durchaus anspruchsvollen Innenriststoß. Es war sein viertes Saisontor. Dass Bernardo dann einen Foulelfmeter an Hofmann verursachte, den Gladbachs belgische "Nummer 10" Thorgan Hazard (25.) verwandelte, bügelte Keita wieder aus. Denn nach gut einer halben Stunde erspähte er die Lücke, die sich zwischen den Innenverteidigern Jannik Verstergaard und Matthias Ginter auftat: Jean-Kévin Augustin sprintete dazwischen, nahm den Pass von Keita mit einer balletartigen Drehung mit und schob den Ball ein. Gladbachs Torhüter Yann Sommer war ohne Chance.

In der Nachspielzeit der ersten Halbzeit kam Raffael zur zweiten Gladbacher Großchance der Partie - und vergab mit einem eleganten Außenriststoß nur knapp. Was niemand wusste: Es war das Fanal für eine in jeder Hinsicht ansehnlichere und vor allem druckvollere Halbzeit der Gladbacher. Oder wie es Leipzigs Trainer Ralph Hasenhüttl später aus Sicht der Gastgeber formulierte: "Die erste Halbzeit war sehr, sehr gut, die zweite Halbzeit sehr, sehr schlecht."

Es bedurfte aber eines kuriosen Missverständnisses, um den Leipzigern die Kontrolle über die Partie zu entziehen. Denn nur drei Minuten, nachdem er für Augustin eingewechselt worden war, nahm Mittelfeldspieler Diego Demme seinem Mannschaftskameraden Keita in der eigenen Hälfte den Ball ab. Nutznießer des Pressschlags war Denis Zakaria, der den Ball an Stindl weiterleitete. Und der Nationalspieler zirkelte den Ball aus 18 Metern in den Winkel (61.). Was folgte, war ein Spiel, in dem sich der Tank der Leipziger zusehends der Reserve näherte und Gladbach stärker wurde, dem Führungstor viel näher war. Leipzig wankte, aber fiel nicht - auch nicht, als Keita des Feldes verwiesen worden war.

© SZ vom 17.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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