0:0 in Frankfurt:Rechenspiele

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Strittige Szene: Frankfurts David Abraham (links) gegen Hamburgs Filip Kostic im Strafraum - es gab keinen Eflmeter. (Foto: Jan Hübner/imago)

Der HSV sieht sich gleichzeitig im Glück und benachteiligt - und freut sich über einen Punkt, der noch wichtig werden kann.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

René Adler hat die bisherige Zeit seines Arbeitslebens als Fußball-Torwart verbracht, aber bisweilen scheint es, als hätte aus ihm auch ein brauchbarer Mathematiker werden können. Am Samstagabend nach dem Spiel bei Eintracht Frankfurt hat es der Hamburger Torwart jedenfalls geschafft, zwei nicht unmittelbar miteinander zusammenhängende Elemente eines Fußballspiels zu einer plausibel klingenden Gleichung zusammenzufassen. Und die ging im Kern so: Die Frankfurter hatten insgesamt die klareren Torchancen, den Hamburgern sei ein klarer Elfmeter verweigert worden, und das gegeneinander aufgerechnet ergebe ein gerechtes Unentschieden.

Es war keine ganz falsche Bilanz nach diesem 0:0, das beide Mannschaften trotz tabellarischer Einbußen recht wohlgestimmt in die Länderspiel-Pause gehen lässt. Die Hamburger hängen zwar weiter auf dem Relegationsrang 16 fest und verloren gegen die Mitkonkurrenten wie Bremen oder Wolfsburg Punkte, aber sie sehen sich insgesamt in einem guten Trend. Die Frankfurter wiederum fielen zwar aus den Europapokal-Rängen heraus, freuten sich aber über das Ende ihrer fünf Spiele dauernden Niederlagen-Serie.

"Es war bestimmt kein Leckerbissen", sagt HSV-Trainer Markus Gisdol

Die Eintracht startete mit zwei bemerkenswerten Personalien. Marco Fabian, der Regisseur, konnte nach zweimonatiger Pause (Hüftprobleme) wieder mitwirken. Und in der Abwehr stand erstmals seit einer neunmonatigen Pause wegen einer Hodenkrebs-Diagnose wieder Kapitän Marco Russ in der Startformation. Ein Kurz-Comeback hatte er kürzlich schon gegeben, längere Auftritte waren eigentlich für die Saison nicht mehr erwartet worden. Aber ob seiner unerwartet raschen Genesung sowie der Frankfurter Personalnot spielte er fast das komplette Spiel durch. Trainer Niko Kovac war äußerst angetan: "Ich würde ihm keine Zwei geben, sondern eine Eins. Das hat er außerordentlich gut gemacht."

Es war ein sehr kampfbetontes Spiel, das die beiden Teams darboten, mit vielen Fouls und Auszeiten und auf eher mäßigem Niveau, wie Gäste-Trainer Markus Gisdol auch unumwunden einräumte. "Beide Mannschaften haben versucht, sich gegenseitig nicht ins Spiel kommen zu lassen, deswegen war es bestimmt kein Leckerbissen", sagte er. Kurz nach Beginn kam Hamburgs Lewis Holtby zu einer Chance; aber wenn es danach eine Mannschaft gab, die gute Aktionen zu initiieren vermochte, dann war es die Eintracht.

In der Mitte der ersten Halbzeit musste Adler gleich mehrere Male zeigen, dass er neben kreativen mathematischen auch über wichtige Fähigkeiten verfügt, die einen Torwart auszeichnen: Stellungsspiel, zum Beispiel. Die beste Chance ergab sich nach 29 Minuten für die Eintracht: Ante Rebic flankte von links in die Mitte, und dort nahm Branimir Hrgota den Ball direkt, schoss aber knapp drüber.

Niko Kovac räumt ein, von einer Fehlentscheidung profitiert zu haben

Nach dem Seitenwechsel änderte sich das Bild nur wenig. Bei den vielen Fouls blieb es, aber dafür gab es immerhin ein paar Torszenen mehr. Nach einer guten Flanke köpfelte erst Rebic knapp drüber (51.), kurz danach tat es ihm Mannschaftkollege David Abraham gleich. Und in der 72. Minute konnte Michael Hector frei vor Adler abziehen, leider aus seiner Sicht mit dem schwächeren linken Fuß, weswegen er dem HSV-Torwart denn Ball an die Brust drosch, statt ins Tor.

Und dazwischen lag der Moment, der hinterher für den meisten Aufruhr sorgte. Nach einem unnötigen Ballverlust der Frankfurter im Mittelfeld stürmte Filip Kostic in den Strafraum und wurde dort von Abraham klar zu Fall gebracht. Bestenfalls mit dem Stollen, wie Frankfurts Trainer Kovac einräumte, kam der Abwehrspieler noch an den Ball, der Schiedsrichter Benjamin Cortus entschied trotzdem nicht auf Strafstoß. Die Frankfurter versuchten sich erst gar nicht an einer Gegeninterpretation, zu klar war die Szene. "Wenn er ihn pfeift, dann können wir uns nicht beklagen", so Kovac, aber wenn er sich an die strittigen Szenen der vergangenen Spiele erinnere, "stehen wir immer noch im Plus bei den Schiedsrichtern".

© SZ vom 19.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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