1:1 in Augsburg:Ringkampf in der Steppe

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Das Spiel der Freiburger gegen Augsburg in einem Bild: Florian Niederlechner (rechts) gegen Jeffrey Gouweleeuw im Bodenduell. (Foto: Adam Pretty/Getty Images)

Beim Remis zwischen dem FC Augsburg und dem SC Freiburg handelt es sich nur phasenweise um ein Fußballspiel. Danach beklagt der abstiegsbedrohte FCA gleich vier weitere angeschlagene Akteure.

Von Maik Rosner, Augsburg

Die größte Überraschung hatte sich das Spiel zwischen dem FC Augsburg und dem SC Freiburg für den Nachgang aufgehoben. Herzlich ging es nun zu, gar zärtlich und liebevoll. Zum Beispiel zwischen Christian Streich und dem Sohn seines ehemaligen Spielers Jonathan Schmid, mittlerweile in Augsburg, dort aber gerade im Krankenstand. Der Freiburger Trainer streichelte und drückte den Kleinen auf Schmids Arm. Später kamen ein Betreuer und die halbe Mannschaft des Sport-Clubs vorbei, um in erster Linie Schmid Junior freundlich zu begrüßen. Dem Augsburger Konstantinos Stafylidis, ein üppig tätowierter und eher raubeiniger Linksverteidiger, fiel der Sohn des Kollegen gar um den Hals. Beide strahlten.

Vielleicht war die späte Nächstenliebe sogar die Nachricht des Tages nach diesem so ungemütlichen wie ruppigen 1:1 (1:1). Die Herzlichkeit geriet zum größtmöglichen Kontrast zum sportlichen Teil der Veranstaltung. "Es war an der Grenze", befand Freiburgs erfahrener Profi Mike Frantz über die Härten des Nachmittags, womit auch das Niveau der Partie ganz gut umrissen war. Viele Höhepunkte hatte es nicht gegeben. Zunächst waren die Freiburger durch Florian Niederlechners verwandelten Foulelfmeter in Führung gegangen (30.), ehe Stafylidis mit seinem vierten Saisontor mannschaftsintern zum erfolgreichsten Schützen dieser Spielzeit aufstieg (38.).

4:1 stand es für Augsburg - bei den Zugängen in den Krankenabteilungen

Die Freiburger konnten sich mit dem Unentschieden besser arrangieren als die abstiegsbedrohten Augsburger. Das lag auch daran, dass die die anderen Nachrichten des Tages eher betrüben mussten. Nicht nur die Siege der Konkurrenten Werder Bremen und VfL Wolfsburg. 4:1 aus Sicht des FCA stand es zudem bei den Zugängen in den Krankenabteilungen. Jeffrey Gouweleeuw (Knie), Jan Moravek (Adduktoren) und Kevin Danso (Fußprellung) füllten das ohnehin schon gut besetzte Augsburger Lazarett weiter, auch U21-Nationalspieler Dominik Kohr klagte über Beschwerden. Bei den Freiburgern trug Nicolas Höfler eine tiefe Fleischwunde davon. "Er ist getackert worden und braucht ein paar Tage Pause, dann wird's wieder gut sein", sagte Streich beinahe erleichtert, dass nicht noch mehr passiert war.

Angefangen hatte der Nachmittag mit einem Zusammenschnitt Augsburger Tore, unterlegt von dramatischer Musik. Doch das Einpeitschprogramm von den Stadionleinwänden im Rahmen der für die letzten Saisonphase ausgerufenen Aktion "Augsburg hält zusammen" geriet eher zur Ouvertüre für ein Spiel, das phasenweise nur entfernt an Fußball erinnerte. Vielmehr wirkte es, als wollten die Kicker den Ringerfesten in der mongolischen Steppe nacheifern. Vieles schien unter dem Motto "zusammen raufen" zu laufen. Herauskamen zahlreiche Zweikämpfe, Fouls und Unterbrechungen.

Nach einer knappen halben Stunde hatte das Spiel immerhin versucht, sich diese Bezeichnung zu verdienen. So unvermittelt wie der bereits angeschlagene Innenverteidiger Gouweleeuw kurz vor seiner Auswechselung einen Distanzschuss an den Querbalken setzte, so plötzlich besannen sich auch die übrigen Akteure aufs Kernziel des Spiels.

Augsburgs Trainer Baum: "Gott sei Dank haben wir Länderspielpause"

In rascher Folge entstanden nun Torraumszenen, darunter nach Dong-Won Jis Versuch ans Außennetz auch Freiburgs Führung mit der ersten eigenen Torannäherung. Ohne Foul kam allerdings auch diese Szene nicht aus. Frantz entwischte Augsburgs Dreierkette, schlug einen Haken und wurde vom herausstürzenden Torwart Marwin Hitz gelegt. Der Schweizer hatte Glück, nur mit der gelben Karte bedacht zu werden statt mit dem eigentlich fälligen Platzverweis. Niederlechner verwandelte den Strafstoß.

Es hätte nun ein maßgeschneidertes Szenario für die spielstärkeren und ballfertigeren Freiburger werden können. Doch statt Augsburg kommen zu lassen und zu kontern, beschränkte sich Streichs Mannschaft darauf, die Augsburger Angriffsbemühungen zu beobachten. Erstaunlicherweise nun sogar ohne jene Wehrhaftigkeit, mit der zuvor beide Teams aufgetreten waren. Beim Ausgleich durfte Georg Teigl ebenso ungestört flanken wie Stafylidis einköpfeln.

Was folgte, war wieder von sehr überschaubarer Ereignisdichte. Ein zähes Ringen wurde es nun, fast ausnahmslos fernab der beiden Tore. Die Ausnahme bildete eine Flanke des eingewechselten Raúl Bobadilla auf Moritz Leitner, der allerdings anders als Stafylidis beim 1:1 Raum und Zeit nicht zu einem präzisen Abschluss mit der Stirn nutzen konnte. "Gott sei Dank haben wir jetzt Länderspielpause", sagte FCA-Trainer Manuel Baum wegen der neuen Verletzten, nachdem ohnehin einige Leistungsträger wie Daniel Baier und Alfred Finnbogason schon seit geraumer Zeit ausfallen.

© SZ vom 19.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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