1:0 für Ingolstadt :Siegertyp in zwei Jacken

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Maik Walpurgis gewinnt seine Bundesliga-Premiere und gibt dem FCI wieder Hoffnung. Wie er sein Team aus dem Tief holte? "Die Spieler dürfen in so einer Situation nicht alles glauben, was sie denken."

Von Tobias Schächter, Darmstadt

So viel ist ja bisher noch nicht bekannt von Maik Walpurgis, dem neuen Ingolstädter Trainer. In Westfalen weiß man zwar einiges über den 43-Jährigen: In Lotte hat er trainiert, dann in Osnabrück. Da hat er seinen Namen. Jene, die ihn kennen, sagen über diesen Trainer, er könne begeistern und sei eine Erscheinung, wenn er die Kabine betritt. Fast 1,90 Meter groß ist der Mann mit dem rötlichen Haar und ein wuchtiger Typ. Im Rest von Fußball-Deutschland war er bisher ein fast unbekannter Novize - bis zu diesem Samstag, an dem er gleich sein erstes Bundesligaspiel gewinnen konnte.

Das 1:0 beim SV Darmstadt 98 war zugleich der erste Erfolg für die Ingolstädter in dieser Saison überhaupt. Zumindest in Oberbayern dürfte der Name Walpurgis also mit einem Schlag etwas bekannter geworden sein.

Walpurgis' Vorgänger Markus Kauczinski hatte nur zwei Punkte in elf Spielen erwirtschaftet. Insgesamt gewann Ingolstadt nur ein Spiel in fünf Monaten unter Kauczinski: ein Testspiel beim fünftklassigen VfB Eichstätt (7:0). Für das Weiterkommen in der ersten Runde des DFB-Pokals hatte Ingolstadt gegen Zweitligist Aue ein Elfmeterschießen gebraucht.

Ordentlicher Start für den Neuen: Ingolstadts Trainer Maik Walpurgis herzt Marcel Tisserand. (Foto: imago)

"Die Durststrecke war schwierig für alle"

Natürlich wurde Walpurgis gleich darauf angesprochen nach dem Abpfiff. Er überlegte und meinte, es sei manchmal nicht zu erklären, warum Trainerwechsel Wirkung zeigen. Dennoch ist in Ingolstadt mit Walpurgis plötzlich wieder eine gewisse Hoffnung da, wo vorher Hoffnungslosigkeit war: "Die Durststrecke war schwierig für alle, deshalb bin ich jetzt total froh, über die drei wichtigen Punkte", sagte der neue Trainer zurückhaltend.

Viel forscher äußerte sich Kapitän Marvin Matip. Der sprach von einem "Riesenschritt in die richtige Richtung: Der Sieg nährt die Hoffnung, dass wir die Bundesliga verteidigen können und auch nächstes Jahr erste Liga spielen." Ingolstadt liegt nach den Punkten drei, vier und fünf plötzlich nur noch drei Zähler von Darmstadt entfernt, die Lilien und ihr Trainer Norbert Meier wurden erstmals von ihren Fans ausgepfiffen. Dennoch sollte man in die Leistung des FCI nicht zu viel hinein interpretieren, das Spiel hätte auch 1:0 für Darmstadt ausgehen können.

Wenige Highlights, dafür eins mit Knalleffekt: Ingolstadts Moritz Hartmann bejubelt sein 1:0 nach sehenswertem Volleyschuss von der Strafraumgrenze. (Foto: Simon Hofmann/Getty Images)

In Jeans, schwarzen Schuhen und schwarzer Jacke über beigem Pullover coachte Walpurgis sein erstes Bundesligaspiel. In der zweiten Halbzeit zog er noch eine dickere Jacke drüber. Unter der wurde es ihm abwechselnd warm und kalt: Mit einem Traumtor per Direktabnahme durch Moritz Hartmann ging seine Elf nach 68 Minuten in Führung. Beim bisherigen Saisonverlauf fast klar: Es war natürlich das erste Saisontor für den 30-Jährigen, der hinterher scherzhaft meinte, dass sich so ein plötzlicher Sieg "komisch" anfühle.

Der wuchtige Walpurgis bringt Henke ins Wanken

Walpurgis kam in der Schlussphase unter seinen zwei Jacken aber noch schwer ins Schwitzen: Die Ingolstädter konnten jedoch während des Darmstädter Schlusspowerplays alle Schüsse abwehren und retteten so den Sieg. Was Walpurgis zunächst alleine mit gestrecktem, linken Zeigefinger feierte. Danach aber herzte er seinen wesentlich berühmteren Co-Trainer Michael Henke (einst in gleicher Funktion unter Ottmar Hitzfeld beim FC Bayern) so kräftig, dass dieser ebenfalls nicht kleine Mann fast aus dem Gleichgewicht gekommen wäre.

Der neue Trainer hat seinen Spielern unter der Woche vor allem Mut zugeredet und sie an erfolgreichere Zeiten erinnert: "Die Spieler dürfen in so einer Situation nicht alles glauben, was sie denken", meinte Walpurgis und lieferte damit den Spruch des Spieltages. Und: "Wir hatten auch endlich einmal Matchglück", sagte Walpurgis noch.

Geschäftsführer Sport Harald Gärtner fügte noch sichtlich erleichtert an: "Es hat sich gezeigt, dass es wichtig ist, dass man an sich glaubt. Wir haben heute die Tugenden gezeigt, die man in dieser Liga braucht." Für den Trainer Maik Walpurgis bedeutet das: Langsam macht er sich einen Namen in Fußball-Deutschland.

© SZ vom 20.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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