Wellness:Indiens Erbe, Hollywoods Chic

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Der Weg zur Harmonie von Körper, Geist und Seele

Von Kathrin Frohns

Madonna schwört darauf, Topmodell Christy Turlington ebenfalls und selbst die deutsche Schauspielerin Ursula Karven hat inzwischen ein Buch darüber geschrieben: Yoga. Die altindische Bewegungsmeditation avancierte in den vergangenen Jahren dank der Selbsterfahrung vieler redseliger Hollywood-Promis auch hier zu Lande zum schicken Thema der Hochglanzmagazine. Yoga ist en vogue und raus aus der "Müsliecke". Fitnessstudios bieten Kurse für Anfänger bis Fortgeschrittene und Yoga-Institute gibt es in Hülle und Fülle. 80 Prozent der Teilnehmer sind Frauen. Natürlich. Männer, meist steifer und unbeweglicher, trauen sich nicht so recht und ihrem Körper ebenso wenig. Sie fühlen sich beim Mantra-Singen oder Meditieren eher an esoterische Zirkel erinnert.

(Foto: N/A)

Vorurteile, die aus Unwissenheit entstehen und aus fehlendem Körperbewusstsein und -gefühl. Mancher Kerl vertraut lieber aufs bewährte Joggen oder monotone Gewichtestemmen. Dabei haben Leistungssportler und aufgeklärte Trainer Yoga längst in ihre Übungspläne integriert, weil es eine der allumfassendsten Körperschulen darstellt. Ob Turner, Skifahrer oder Leichtathleten, Sportarten in denen Koordination, Beweglichkeit und Konzentration gefordert sind, profitieren vom Yoga. Und auch die Verletzungsanfälligkeit sinkt. Vielleicht sollte mancher Fußballtrainer angesichts der Verletztenlisten Yoga ins tägliche Standardtraining einbauen.

Die meisten Yoga-Neulinge besuchen aus Neugierde mal einen Kursus, werden von erfahrenen Freunden überredet - oder von übertriebenen Vorstellungen und Aussagen gelockt. Denn wenn es um Yoga geht, schwadroniert so mancher gerne von Philosophie, von Heilslehre oder gar Wundermittel. Das ist schlichtweg Quatsch. Yoga beinhaltet zu allererst das Streben nach Harmonie von Körper, Geist und Seele. Diese Einheit erzielt das Yoga durch präzise auszuführende Körperübungen (Asanas) und spezielle Atemtechniken (Pranayama). Es reinigt und stimuliert die Energiebahnen (Nadis), in denen die Lebensenergie, im indischen Prana und bei den Chinesen Chi genannt, dann wieder fließen kann. Yoga ist am Ende ein Weg zu körperlicher und geistiger Selbsterfahrung, der nebenbei das Selbstvertrauen stärkt und am Ende natürlich auch tief greifend auf den Körper wirken kann. Aber auch nur dann, wenn neben den Atem- und Körperübungen die anderen Yoga-Ebenen von Meditation (vor und nach den Übungen) bis Konzentration und Ernährung hinzukommen. Denn Yoga ist ein komplexes System. Und so alt wie es ist, haben sich bis heute eine Vielzahl von Yoga-Richtungen etabliert, die für den Laien nur schwer überschaubar sind.

Verschiedenste Varianten

(Foto: Foto: DPA)

Entscheidend bei der Wahl der richtigen Yoga-Variante ist das eigene Ziel: Will man eher meditieren, sich bewegen, mehr entspannen oder einfach auspowern. Im Yoga ist alles möglich, weil die mehr als 3.500 Jahre alten, bewährten Übungen immer weiter entwickelt worden sind - für die verschiedensten Bedürfnisse.

Hatha-Yoga ist der Oberbegriff der verschiedenen Yoga-Formen.

Kundalini Yoga steht für die spirituelle Yoga-Variante. Neben den sehr schnell ausgeführten Körperübungen spielt die Meditation eine zentrale Rolle, aber auch Massagen, Ernährung und bestimmte Lebensführungsregeln.

Ashtanga Yoga ist sehr körperorientiert und fördert Kondition, Muskelaufbau und Beweglichkeit. Es ist Neulingen daher weniger zu empfehlen.

Iyengar Yoga ist eine kraftvolle, ausdauernde und präzise Übungsmethode. Sehr gymnastisch und anstrengend, keine Meditation. Eher bei Männern beliebt.

Das Vini Yoga richtet sich nach den Bedürfnissen und Möglichkeiten der Übenden, getreu dem Motto: Fühlen und atmen ist wichtiger als Perfektion.

Power Yoga steht für die amerikanische Variante des Ashtanga Yoga, beeinflusst von neueren sportmedizinischen Erkenntnissen und besitzt eher Workout-Charakter.

Jivamukti Yoga steht für den jüngsten Trend aus den USA. Wird erst seit kurzem in Deutschland angeboten (unter anderem im Jivamukti- Yoga-Center in München, Schellingstr. 63, 80799 München). Es verbindet traditionelle Körperstellungen mit dynamischen Bewegungen, rhythmischem Atmen, Meditation, Musik und Matra-Singen.

Sivananda Yoga ist von allen die umfassendste und traditionelle Variante. Es basiert auf den zwölf Grund-Asanas wie dem Sonnengebet, arbeitet aber nach fünf gleichwertigen Prinzipien: entspannen, üben, atmen, ernähren sowie meditieren. Yoga wird dabei nicht als Fitnesstraining gesehen, sondern als ein Weg, dem eigenen Geist, der Psyche nahe zu kommen. Sehr zu empfehlen!

Alle Yoga-Richtungen verfolgen ein Hauptziel: einen ausgeglichenen Energiefluss durch die Chakren, die Nervenzentren des Körpers. Sie sind wie auf einer Perlenschnur entlang der Wirbelsäule aufgereiht - vom Steißbein (Wurzel-Chakra) bis zum Scheitel (Kronenchakra). Körper und Atemübungen stimulieren die Chakren und bringen somit am Ende Körper und Geist in Schwung. Yoga lebt vor allem von der präzisen Ausführung der Übungen. Am besten ist es daher für den Anfänger, Kurse zu belegen, in denen ein Yogalehrer erst mal die Bewegung erklärt, vormacht und die Yoga-Novizen notfalls korrigiert. Mit zunehmendem Trainingseffekt steigert sich auch die Genauigkeit der Asanas. Die Dreh-, Halte- oder Dehnübungen werden langsam und konzentriert ausgeführt. Viele sind anstrengend. Meist geht es bis an die Grenze der Beweglichkeit. Dann heißt es, tief in den Körper, die Spannung, die Dehnung und selten auch den entstehenden Schmerz atmen. Das weitet, das öffnet - die Energie-Blockaden verschwinden.

Natürlich können Sie Yoga auch zu Hause machen. Wie das geht, lesen Sie in den kommenden "wohl fühlen"-Ausgaben. Heute zeigen wir Ihnen den richtigen Yogasitz, beschreiben die Reinigungsatmung "Kapalabhati" und exemplarisch den "Baum".

Was Sie zu Hause beachten sollten:

Üben Sie Yoga in einem angenehm temperierten, ruhigen Zimmer. Lüften Sie, bevor Sie mit Yoga beginnen. Nicht in der prallen Sonne üben und niemals direkt nach dem Essen (mindestens drei Stunden Abstand zur Hauptmahlzeit). Bei Krankheit pausieren, während der Menstruation mit Bedacht üben. Zur Schlussentspannung (am Ende der Yogastunde) Socken und eine wärmende Decke bereithalten. Ziehen Sie bequeme, dehnbare, eher enge Kleidung an und üben Sie immer barfuss.

Hilfreiche Accessoires: weiche, rutschfeste Yoga- Matte (ca. 15 Euro), kleines Meditationskissen (www.yogishop24.de).

Der Yogasitz ist die klassische Meditationshaltung und die Grundlage für intensive Atemübungen. Sie sitzen mit ausgestreckten Beinen und aufrechtem Rumpf auf dem Boden. Beugen Sie jetzt die Knie und bringen Sie die Füße in den Schneidersitz zum Rumpf. Machen Sie sich gerade. Strecken Sie sich dazu aus dem Becken nach oben. Brustkorb anheben, Schultern nach hinten-unten. Daumen und Zeigefinger berühren sich, die Handrücken ruhen auf den Knien. Tipp: Können Sie das Becken nicht strecken, legen Sie ein Meditationskissen unter das Gesäß.

Kapalabhati (Reinigungsatmung): Entspannen Sie sich. Atmen Sie ein paar Mal tief in den Bauch - im Yoga erfolgt Ein- und Ausatmen immer durch die Nase. Atmen Sie danach einige Atemzüge normal. Atmen Sie dann ruckartig aus, indem Sie dabei den Bauch zur Wirbelsäule pressen. Das Ausatmen erfolgt aktiv, das Einatmen passiv und ganz von allein, wenn Sie die Spannung im Bauch loslassen. Spannen und entspannen Sie jetzt im schnellen Tempo die Bauchmuskeln. Insgesamt 15 Mal. Entspannen = einatmen, Bauch anspannen = Luft aus den Lungen drücken. Das Luftauspressen sollte man als kräftiges Nasenschnauben hören. Atmen Sie danach wieder ein paar Mal normal, bevor Sie zur nächsten Runde, insgesamt drei Mal, starten. Legen Sie sich danach ausgestreckt auf den Boden, die Beine etwa schulterbreit gespreizt. Entspannen Sie sich. Spüren Sie dem Körper nach und fühlen Sie, wie Ihr Kopf durch die Atemübung klarer und frischer wurde.

Der Baum: Sie stehen und verlagern das Gewicht auf den rechten Fuß. Winkeln Sie das linke Bein an. Der rechte Oberschenkel ist angespannt und drückt gegen die linke Fußsohle. Bringen Sie den linken Fuß nur so weit nach oben, wie es angenehm ist. Nehmen Sie dann die Hände vor Ihrer Brust zusammen und drücken die Handflächen fest gegeneinander. Die Schultern sinken nach unten. Suchen Sie sich einen Fixpunkt in der Ferne. Atmen Sie tief und ruhig. Seite wechseln! Tipp: Nicht auf einer Matte oder zu weichem Teppich üben. Sie brauchen eine feste Unterlage, sonst kommen Sie aus dem Gleichgewicht.

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