Was Reiseveranstalter versprechen:Falsches Wetter, Geld zurück

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Sonne, Regen, Wind: Reiseveranstalter bieten fragwürdige Garantien gegen die Unbill des Wetters.

Florian Sailer

Der Skiurlaub: schon im Sommer gebucht. Die Ausrüstung: nagelneu. Die Vorfreude: riesengroß. Doch am Ziel angekommen, grüßen grüne Wiesen und dichter Nebel statt Pulverschnee und Sonne.

(Foto: Foto: dpa)

Die schlechte Laune des Wetters ist die verbliebene Unbekannte im perfekt organisierten Urlaub. Allerdings rütteln immer mehr Reiseveranstalter auch am Zufall: Sie bieten ihren Kunden Garantien oder sogar Versicherungen, die unter sehr unterschiedlichen Bedingungen einspringen: Etwa falls es regnet, nicht schneit, stürmt oder gerade kein Wind weht. Passt das Wetter nicht zum gebuchten Urlaub, gibt es Geld zurück, Gratis-Übernachtungen oder kostenlose Umbuchungsmöglichkeiten - so das Versprechen.

Im vergangenen Frühjahr lockte Tui als erster großer Reiseveranstalter in Deutschland mit einer "Schneegarantie", die prompt mit zwei Innovationspreisen ausgezeichnet wurde. Das Versprechen: Laufen in einem Skigebiet bis eine Woche vor Beginn der Reise nicht mindestens drei Viertel der Lifte, darf gebührenfrei auf einen anderen Zeitraum oder eine andere Reise umgebucht werden.

Der Urlauber soll so ein gutes Gefühl bekommen und sich an den Reiseveranstalter binden. Tui bietet die Garantie flächendeckend für 163 Hotels in fünf Ländern an, Thomas Cook&Co haben längst nachgezogen.

Obwohl die "Schneegarantie" bisher nicht einmal einspringen musste, kommt das Versprechen Schneesicherheit offenbar an: "Wir beobachten den Trend, dass Häuser mit Schneegarantie frühzeitiger gebucht werden", sagt eine Tui-Sprecherin.

Ganz neu ist die Idee allerdings nicht: Mehrere Spezialreiseveranstalter erlauben schon seit Jahren eine kostenlose Umbuchung bei Schneemangel.

Nicht einmal das Wetter darf mehr überraschen. Der Reiz des Reisens ist demnach für viele nicht mehr das bewusste Einlassen auf die Begebenheiten in der Fremde, sondern das garantiert vorhersehbare Ferienvergnügen. Dessen Auswüchse sind bemerkenswert: Im schweizerische Ferienort Lenk können Touristen ihren Urlaub für sieben Franken pro Tag (knapp fünf Euro) sogar gegen Nebel versichern. Sollte eine bestimmte Webcam im Ort um 11Uhr vormittags nur dichtes Grau aufnehmen, gibt es das Geld für Unterkunft und Skipass zurück.

Selbst der Sommerurlaub muss nicht zum unkalkulierbaren Wildwetter-Abenteuer verkommen. Der niederländische Ferienpark-Anbieter Roompot bietet für mindestens elf Euro pro Reise eine Zusatzversicherung gegen Regen und Sturm an. Das Abenteuer hierbei ist das Bedingungs-Dickicht: Der Aufenthalt muss zwischen drei und 21Tage dauern, wenn es dann an zwei Tagen jeweils zwischen 10 und 18Uhr für mindestens vier Stunden regnet, hat der durchnässte Gast zwei Optionen: Reist er ab, bekommt er die Resttage erstattet. Hält er weiter durch, kosten die verbliebenen Tage nur noch die Hälfte.

Übersichtlicher geht es auch: Ein Resort in Andalusien schreibt Gratisnächte für das nächste Mal gut, falls es drei Stunden am Stück regnet. Und wer am Gardasee einen Kitesurfing-Kurs bucht, aber aus Windmangel nicht auf genügend Praxis-Tage kommt, darf diese kostenfrei nachholen. Die Werbebroschüre nennt dies "Windgarantie".

Nicht jede Versicherung lohnt sich wirklich

Grundsätzlich ist gegen cleveres Marketing nichts einzuwenden. Im Einzelfall sind derartige "Garantien" und Versicherungen durchaus geeignet, finanzielle Risiken und Ferienfrust abzufedern. Wenn der Wetterschutz die Urlaubskasse jedoch zusätzlich belastet, ist Skepsis angebracht: "Bevor man eine solche Versicherung abschließt, sollte man Umfang und Bedingungen genau studieren und entscheiden, ob sich diese Investition für den Urlaub lohnt", sagt Gabriele Francke, Juristin bei der Verbraucherzentrale Berlin.

Eine Buchungsentscheidung sollte die vermeintliche Sicherheit nur nach einer kritischen Wahrscheinlichkeitsrechnung beeinflussen: Unter welchen Umständen lassen Skigebiete trotz Kunstschnee wirklich mehr als die Hälfte ihrer Lifte stillstehen, wie es etwa bei der "Schneegarantie" des Wintersport-Anbieters Snowtrex Bedingung ist? An welchem Tag im Sommer scheint nicht doch für mindestens eine Minute die Sonne und erfüllt damit bereits die "Sonnengarantie" im österreichischen Mariapfarr? Wie zuverlässig lassen sich Wetter und Schneelage bereits ein bis zwei Wochen vor Ferienstart voraussagen? Meistens muss bereits binnen dieser Frist umgebucht werden.

Darüber hinaus muss die Frage erlaubt sein, wie viel Sicherheit ein Urlaub verträgt, bevor er die Spannung verliert. Gibt es demnächst eine Erholungseffekt-Versicherung oder garantiert nette Tischnachbarn? Ist es der Ferienfreude wirklich förderlich, akribisch jede dunkle Wolke zu protokollieren, um hinterher die kleingedruckten Bedingungen der jeweiligen Police erfüllen zu können?

Entspannter klingt da die "Wettergarantie" eines Anbieters auf Rügen: Sollte es regnen, werden Regenschirme verteilt, bei einem unverhofften Wintereinbruch bekommen die Gäste Glühwein spendiert.

© SZ vom 19.3.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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