Urteil:Tödliche Abfahrt

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Das Bayerische Oberste Landesgericht hat jetzt das Urteil gegen eine junge Snowboarderin bestätigt und sie der fahrlässigen Tötung für schuldig befunden.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Eine heute 21 Jahre alte Münchnerin ist vom Landgericht München II nach einem Snowboard-Unfall im Skigebiet Zugspitze der fahrlässigen Tötung für schuldig befunden worden. Die Revision gegen dieses Urteil wurde durch das Bayerische Oberste Landesgericht jetzt verworfen. Kernpunkt des nunmehr rechtskräftigen Urteils ist die vom Internationalen Skiverband (FIS) aufgestellte Regel Nr. 1 "Rücksicht auf die anderen Skifahrer".

Den Unfall hatte die junge Frau an einem Januartag vor vier Jahren verursacht. Sie war auf ihrem Snowboard die Abfahrt Brunntal im Tiefschnee parallel zur gesicherten Piste hinunter gefahren. Es war perfektes Ski-Wetter - kalt, klar, blauer Himmel.

Auf der präparierten Abfahrt fuhren zur selben Zeit zwei Männer auf ihren Ski ebenfalls in Richtung Brunntal. Ihr Tempo betrug 30 bis 40 Stundenkilometer. Auf Höhe des Zubringers vom Wetterwandecklift fuhr die damals 17-jährige Schülerin fast rechtwinklig vom Tiefschnee-Hang auf die präparierte Piste und prallte dann nach weiteren zwölf Metern gegen einen der beiden Männer.

Dabei stießen ihre Köpfe zusammen: Der Mann erlitt ein schweres Schädel-Hirn-Trauma, einige Zeit später kam es zu einem Herz-Kreislauf-Stillstand. Der Mann konnte zwar wiederbelebt werden, fiel jedoch ins Koma und starb sechs Monate später. Die Schülerin kam mit Prellungen und einer Innenbandverletzung am Knie davon.

Fahrlässige Tötung

Die 3. Jugendkammer stellte fest, dass die Schülerin den Unfall leicht hätte vermeiden können - übrigens auch der Skifahrer, hätte er auf den sich abzeichnenden Kollisionskurs reagiert, als sich die Snowboarderin noch im Tiefschnee befand. Wegen fahrlässiger Tötung wurde die junge Frau zu 30 Stunden Sozialdienst im Unfallkrankenhaus Murnau verurteilt.

Die inzwischen 21-Jährige legte gegen diesen Schuldspruch Revison ein. Der 5. Strafsenat des BayObLG stellte nun fest, dass allein die FIS-Regel Nr. 1 für Ski- und Snowboardfahrer auf Abfahrtsstrecken, wonach sich jeder so zu verhalten hat, dass andere nicht gefährdet oder gar geschädigt werden, die angefochtene Entscheidung rechtfertigt.

Auf die FIS-Regel Nr. 3 - der von hinten kommende Skifahrer muss seine Fahrspur so wählen, dass der vor ihm fahrende Ski- oder Snowboardfahrer nicht gefährdet wird - komme es dagegen nicht an: "Diese Regel gilt nämlich nur zwischen Ski- beziehungsweise Snowboardfahrern, die auf ein und derselben Piste abfahren."

Die Angeklagte fuhr aber zunächst auf einem deutlich abgegrenzten Tiefschnee-Terrain und querte dann in nahezu rechtem Winkel die präparierte Piste. Der Angeklagten stand nach Feststellung des Senats deshalb bei der Einfahrt in die gewalzte Piste nicht mehr das Vorrecht nach der FIS-Regel Nr. 3 zu.

Sie hatte vielmehr nach FIS-Regel Nr. 5 vor ihrer Einfahrt in die Piste "sich nach oben und unten zu vergewissern, dass sie dies ohne Gefahr für sich und andere tun kann". Dieser Verpflichtung sei sie schuldhaft nicht nachgekommen (Aktenzeichen: 5St RR 331/03).

© SZ vom 13. 1. 2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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