Urlauber-Abzocke:Flug nach Nirgendwo

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Das tolle Reiseangebot entpuppte sich als Luftnummer: Ein betrügerisches Reisebüro hat 250 Menschen um ihr Geld gebracht.

Hans Gasser

Sabrina hatte sich das anders vorgestellt. Sie wollte mit ihrem Verlobten in den Urlaub. Der Auszubildenden kam das Angebot im Videotext von RTL gerade recht: Eine Woche im türkischen Alanya für 300 Euro. Ein unschlagbarer Preis.

Unter der angegebenen Duisburger Telefonnummer eines Reisebüros namens "Fly Contact" antwortete ein freundlicher Herr, der ihre Buchung entgegennahm. Ein paar Tage später kam ein Brief, der die Buchung bestätigte und zur Zahlung aufforderte.

Sabrina überwies das Geld, eine Woche später erfuhr sie, dass es das Reisebüro nicht mehr gibt und sie Opfer von Betrügern geworden war: "Das Geld weg, was wir so lange gespart haben und kein Urlaub jetzt. Wir stehen da wie nasse Pudel", schreibt sie in einem Forum auf der Internetseite holidaycheck.com, wo sich zurzeit sehr viele geprellte Urlauber gegenseitig trösten.

Ausweis vom Strohmann

250 Menschen haben seit Mai bei Fly Contact günstigen Urlaub in der Türkei und in Griechenland gebucht, sagt Achim Blättermann, Sprecher der Polizei in Duisburg. Als am Freitag vergangener Woche die ersten Flüge anstanden und man am Flughafen von den angeblich hinterlegten Flugtickets nichts wusste, flog der Betrug auf.

Die Polizei durchsuchte die Büroräume von Fly Contact in der Hansastraße in Duisburg, fand vier Computer und Akten, doch von den Mitarbeitern keine Spur. "Klar ist bisher nur, dass ein Unbekannter mit dem Ausweis eines Strohmanns die Räume angemietet und das Gewerbe angemeldet hat," sagt Blättermann.

Täter und Strohmann sind verschwunden. Die Schadenssumme beläuft sich auf 330000 Euro. Auf das mittlerweile von der Staatsanwaltschaft gesperrte Konto gehen immer noch Zahlungen ein. "Offenbar haben viele noch nicht mitbekommen, dass sie betrogen wurden", so Blättermann.

Gefälschte Sicherungsscheine

Abgesehen von den sehr niedrigen Preisen bestand auch zunächst kein Grund, Verdacht zu schöpfen. Viele, die gebucht hatten, erhielten ordnungsgemäß ihre Bestätigung und sogar einen Sicherungsschein, der ihnen im Fall des Bankrotts des Reiseveranstalters die Erstattung ihres Geldes garantierte. Das Problem: Die Versicherungsscheine waren gefälscht.

Ob die Betrogenen ihr Geld je zurückbekommen werden, ist fraglich. Auf dem beschlagnahmten Konto der Firma waren nur noch 30.000 Euro. Die Wut ist dementsprechend groß: Eine Frau, die 6700 Euro verloren hat, weil sie mit Familie, Nichten und Neffen in den Urlaub wollte, zitiert ein türkisches Sprichwort: "Das Geld von weinenden Personen bringt dem, der jetzt lacht, nicht viel."

© SZ vom 21.7.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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