Ureinwohner:Gestrandet in der Gegenwart

Lesezeit: 10 min

Die Ureinwohner auf den Andamanen haben den Tsunami im Indischen Ozean alle überlebt. Doch die Touristen und Journalisten, die jetzt auf die Inseln strömen sind für die ursprünglichsten Stämme der Erde viel gefährlicher.

Von Karin Steinberger

Wenn alles schief geht, wäre da noch Lalji Singh. Er hat Teile der Menschheit im Gefrierschrank zwischengelagert. 8000 Völker bislang. Das ist noch nicht genug, er arbeitet daran.

Lalij Singh nimmt eine DNA-Probe von einem Mitglied der Onges. (Foto: Foto: Reuters)

Lalji Singh holt eine rosa Schachtel aus dem Eis, der Gefrierschrank brummt, er fragt: "Wollen Sie meine Völker sehen?" Dann zieht er aus der Schachtel Ampullen, jede Nummer ein Ureinwohner, tiefgefrorenes, kostbares Erbgut. Das sind sie, die Onges und die Jawaras, die Nikobaresen und die Großen Andamanesen. "Gene aus der Steinzeit", sagt er. Der Direktor des Centre for Cellular and Molecular Biology in Hyderabad hat viele Gefrierschränke voll mit der DNS von Geschöpfen, die vom Aussterben bedroht sind. Dass dazu auch Menschen gehören, sei eine traurige Geschichte, sagt er. Dann schiebt er die Ampullen zurück in die Kälte.

Seine Völker vertragen sie nicht, die Hitze Indiens. Es war harte Arbeit, bis er sie im Gefrierfach hatte. Lalji Singh hat lang gekämpft, um Blut und Speichel zu bekommen von den am wenigsten erforschten Völkern dieser Erde: den Völkern der Andamanen und Nikobaren. Doch seine Sammlung ist unvollständig, das Erbgut erst in kleinen Teilen entschlüsselt. Und die Zeit wird knapp.

Es sind nur noch wenige: 250 Jarawas, 100 Sentinelesen, 98 Onges, 50 Große Andamanesen. Sie bekommen immer weniger Kinder, weil bei so kleinen Völkern Fortpflanzung Inzucht ist. Lalji Singh sagt: "Sie tragen die Weisheit von Jahrtausenden in sich. Ihre Körper kennen keine Medizin, sie haben sich nie mit andern Völkern gemischt, sie sind wie wir am Anfang der Zeit. Ursprüglich gab es zwölf Stämme auf den Andamanen. Die vier, die noch da sind, sind die stärksten, sie haben alles überlebt." Bis jetzt. Denn noch etwas vertragen sie nicht, seine Völker: die Zivilisation.

Die Hoffnung liegt auf Eis

Für Lalji Singh ist das Gefrierfach die letzte Hoffnung. Den Rest bringt die Zukunft. Irgendwann werden Wissenschaftler aus seinen gefrorenen Genen Völker neu erschaffen, sagt er. "Bei den Dinosauriern ging es noch nicht, aber jetzt haben wir die Möglichkeit." Lalji Singh ist zuversichtlich, er hat nur ein Problem: die Regierung.

Sie gibt ihm kein Blut mehr und keinen Speichel. "Willkür", sagt er. Von Ignoranz redet er und von kolonialen Anmaßungen, von Ureinwohnern, die wie Bettler behandelt werden, gegängelt und weggesperrt von selbstherrlichen Beamten.

Urwaldkönig mit Magensonde

Also macht man sich auf den Weg zu den letzten ihrer Art, weit draußen im Indischen Ozean - bevor es zu spät ist. Und landet erst einmal im Krankenhaus.

Im G. B. Pant Hospital in Port Blair trifft man den König. Seit Wochen fällt er immer wieder ins Koma. Mal ist er bei Bewusstsein, mal nicht, manchmal redet er, manchmal zittert er nur. Es gibt gute Tage und es gibt schlechte Tage. Irgendwann dazwischen ist bei seinem Volk die Hoffnung verloren gegangen. Es ist, als hätte der König sie über die Magensonde, die man ihm durch die Nase geschoben hat, eingesaugt, dem königlichen Magen übergeben und dann kräftig aufgestoßen.

So fühlen sie sich: wie ausgekotzt.

Und doch sitzen sie an seinem Bett, Tag und Nacht, die Letzten vom Stamm der Großen Andamanesen. Ein Bruder des Königs, eine Frau des Königs, eine Tochter des Königs und eine Alte, die sich noch daran erinnern kann, wie es war, das Leben ohne Kleider, Milchpulver und zuckersüße indische Bisquits. Es war ein harter Schritt vom Volk der Jäger und Sammler zur Neuzeit. Die Jungen können oft nicht mehr mit Pfeil und Bogen umgehen, wissen nicht, wie man Schildkröten jagt und wie man sich mit dem Fett der Seekühe einreibt.

Sie lachen, wenn die Alten sagen, dass Vögel zu den Seelen sprechen und es keine Zahl jenseits der zwei gibt. Für die Alten gab es seit Anbeginn nur einen Feind: das Volk der Jarawa, das in den westlichen Wäldern ihrer Insel lebte. Man hielt Abstand und achtete darauf, dass niemals das Feuer verlosch. Lange her.

Jetzt hängen sie zwischen den Zeiten, und ihr König ist in einem üblen Zustand. An besseren Tagen flattern seine Hände durch die Luft wie Falter und seine Augenlider zucken wie Windspiele. Es sind kräftige Hände. Wenn sich die Königspranken nicht mehr beruhigen lassen, kommt eine Krankenschwester und bindet sie an das Bett. Keiner der Großen Andamanesen sagt etwas. Sie glauben, es gehört sich so.

Die Kinder der Ureinwohner werden immer heller und sehen so ihren älteren Stammesgenossen immer weniger ähnlich. (Foto: Foto: Reuters)

Sie haben schon größeren Unsinn geglaubt. Was haben die Fremden ihnen nicht alles versprochen. Von ihren Booten warfen sie Geschenke auf den Strand: Bananen, Kokosnüsse, rote Kleider. Lauter Dinge, die man hier nicht kannte. Lauter Dinge, die man hier nicht brauchte. Erst schossen die Großen Andamanesen mit Pfeil und Bogen auf die fremden Wesen. Irgendwann aber nahmen sie die Geschenke an.

Tödliche Zivilisation

Dann ging das Sterben los. Erst kamen Syphilis und Masern, später Hepatitis, Grippe und Malaria. Die jahrtausendelange Isolation wurde zur Todesfalle. Sie aßen Reis und Chapati, benutzten Salz und Zucker, verdarben sich den Magen, zogen Kleider an, die ihre Haut krank machten, verlernten das Jagen, ihre Sprache, fingen das Rauchen und das Trinken an.

Ende der sechziger Jahre sammelte man die restlichen 37 Großen Andamanesen ein und brachte sie auf die Nachbarinsel Strait Island. Ein winziges Eiland - es war groß genug.

Jirake, König der Großen Andamanesen, ist jetzt Herrscher über ein Volk, das wieder 50 Menschen zählt. 69 Jahre ist er alt, ein Epileptiker und Alkoholiker, seit mehreren Wochen nicht ansprechbar. In seiner Krankenakte steht "Zerake", Alter 49. Die Krankenschwester lächelt: "Er sieht älter aus." Ein Arzt kommt vorbei, er ist zuständig für den Entzug. "Der Mann ist geheilt", sagt der Arzt und schaut in die Krankenakte, in der irgendein Alter steht und irgendein Name.

Tödliche Annäherung an die Zivilisation

Er nickt zufrieden und geht wieder. Von Anfang an gaben die Fremden den kleinen, dunklen Negritos Namen wie Hündchen: Crusoe, Friday, Snowball, Jumbo, Topsi, Jirake. Jahrhundertelang dieselben Namen. Jahrhundertelang dieselbe Überheblichkeit. "Sie haben Köpfe wie Hunde", schrieb Marco Polo, als er 1290 hier vorbeikam. Man fing die "Wilden" ein und brachte sie in ferne Länder. 1883 landeten ein paar im Zoo von Kalkutta, wo sie die Besucher für Nachkommen des Affengottes Hanuman hielten und ihr Haar kauften.

Eine Attraktion sind sie nicht mehr. Die Kranken in den Betten neben dem König ignorieren die Ureinwohner. Man sieht sie in Port Blair jetzt öfter, die Großen Andamanesen mit ihrer dunklen Haut und ihren krausen Haaren, mit ihren negroiden Gesichtern, die so gar nicht indisch sind. "Junglees" werden sie genannt von den indischen Siedlern, die vom Festland hierher strömten.

Aus Bengalen, Andhra Pradesh, Orissa oder Bihar. Die Großen Andamanesen waren die Ersten, die mit den Fremden kooperierten. Die Engländer kamen 1789 und machten im 19. Jahrhundert eine Gefangenenkolonie aus der Insel. Sie luden ihre Schwerverbrecher ab, gaben den "Wilden" Hosen und benutzten sie als Kundschafter gegen unwilligere Völker. Als man die Großen Andamanesen 1858 zählte, gab es 4000. 1901 noch 625. 1951 dann 23. Es war eine tödliche Annäherung an die Zivilisation.

Die Reste sitzen dicht gedrängt am Bett des Königs. Nie würden sie ihn allein lassen, den Mann, dessen Familie die Kolonialherren zur Königsfamilie erklärt haben. "Wir müssen zusammenhalten, sonst haben wir keine Chance", sagt Nau Junior, der Bruder des Königs. "Wenn sie uns nur allein gelassen hätten, dann wären wir heute nicht in so einem Zustand", sagt er, tippt auf das grüne Tuch, unter dem der König zittert, und starrt durchs Fenster aufs Meer, in das endlose Blau, das sie einst beschützt hat, bevor es die Fremden an ihre Strände schwappte.

Es ist Mittag, es ist heiß, der König rührt sich nicht. "Er ist Alkoholiker", sagt Nau Junior. Nichts wissen sie so sicher wie das: Der König trinkt. Seit ein paar burmesische Fischer seinem Volk beigebracht haben, was ein Rausch ist. Erst war der Rausch ein Geschenk, dann mussten sie für den Alkohol zahlen. Die Geschäfte liefen schon immer gegen sie.

Als das Wasser kam

Nur hat das bis jetzt keinen interessiert. Bis der Tsunami kam. Seitdem will die Welt wissen, was los ist mit den "Steinzeitmenschen". Das Wasser war wie eine Erweckung. Keiner der Ureinwohner der Andamanen soll gestorben sein an diesem 26. Dezember 2004.

Jetzt fragt sich die Menschheit, ob es etwas zu lernen gibt von diesen Wilden. Aber sie haben es satt, Studienobjekt zu sein. Seit Jahren kommen Leute, die sie anglotzen, andere schreiben ihre Sprache auf, die ihre Kinder nicht mehr kennen. Die Alten sagen tote Worte und bekommen dafür Kautabak. Alles nicht erlaubt, aber was heißt das schon.

Nau Junior erzählt von dem Tag, an dem das Wasser kam. Die Frauen verdrehen die Augen. Sie haben es satt, das Gerede der Männer, ihre Sauferei. Lichu, die älteste Tochter des Königs, hat gerade ein Kind geboren. Es gibt jetzt also 51 Große Andamanesen.

Zweifelhafte Hilfe

Das Kind ist winzig, es ist hell und es hat glattes Haar. Es sieht aus wie ein kleiner Inder. Nau Junior starrt es an: "Schau dir die Farbe an, sie werden immer heller, bis es uns nicht mehr gibt." Die Frauen, sagt er, seien das größte Problem. Sie bekommen die falschen Kinder. Als die Männer darüber mit ihnen sprechen wollten, drohten die Frauen, sich umzubringen. Ende der Diskussion.

Vor dem Adi Basera, dem Gemeindehaus der Großen Andamanesen in Port Blair, flirtet eine andere Königs-Tochter mit einem Rikschafahrer. Ihr Mann schaut zu. Am Tor steht ein indischer Wärter. Das Haus ist Sperrgebiet, wie alle Reservate der Ureinwohner. Nur mit Genehmigung kann man hinein. Die Wenigsten bekommen eine.

Dafür schickt die Regierung Sozialarbeiter zu den Ureinwohnern. Sie bringen Medizin und Essen, weil die Kinder das Essen der Eltern nicht mehr vertragen, aber sie bringen auch Alkohol. Und sie zeugen Kinder. Wenn eine Minderjährige schwanger ist, werden die Sozialarbeiter versetzt. Die Großen Andamanesen haben kein Wort für Vergewaltigung, es gab noch nie eine Anzeige. "Der Staat hilft uns, aber er bringt Probleme", sagt Nau Junior und streichelt ein helles Kind. Sie haben fast keine anderen mehr.

"Manchmal könnte ich schreien vor Wut", sagt Samir Acharya in die Finsternis. Sein Büro ist eine tiefe, dunkle Höhle mitten in Port Blair. Er sitzt an seinem Tisch und raucht. Im Regal, neben dem "Raindance" Wasserreinigungsgerät und einer Weltkugel, stehen Figuren hinter Glas - dunkel, bastberockt und dümmlich grinsend. Ureinwohner. Samir Acharya sagt: "Wenn man die Tiger vor der Ausrottung retten kann, kann man jeden retten. Wir haben hier keine großen Katzen. Unsere großen Katzen sind die Ureinwohner."

Also rettet er, seit Jahren schon. Das war nicht immer einfach, man hat ihn bedroht, sein Geschäft beinahe ruiniert. Er ist trotzdem geblieben, der Mann aus Kalkutta, auch aus Trotz. "Auf den Inseln herrscht eine furchtbar koloniale Mentalität. Das kann sehr garstig sein", sagt er. Sane heißt die Organisation, die er gegründet hat. Sie soll ein Gegenpol sein zu dem, was um ihn herum passiert: Insane, Irrsinn. Keine Geldgeber, keine Abhängigkeiten - er weiß selber, was zu tun ist.

Koloniale Mentalität

Eigentlich wollte er die Natur schützen, vor den viel zu vielen Siedlern, der illegalen Landnahme, den Rodungen. Es ist ein Raubbau, bei dem die Behörden zuschauen. Korruption hat hier Tradition. Irgendwann fing Samir Acharya an, auch die Ureinwohner zu schützen. Sie sind ein Teil der Natur. Es gibt Forscher, die glauben, dass sie seit mehr als 35 000 Jahren hier leben. Auf jeden Fall aber sind sie seit mehreren tausend Jahren hier. Wenn es der Natur nicht gut geht, geht es ihnen auch nicht gut. Momentan leiden beide.

Samir Acharya holt eine Videokassette und sagt: "Schau dir das an." Erst sieht man nur verwackelte Bilder. Türkisfarbenes Meer, weißer Strand, dichter Dschungel. Dann bewegt sich etwas. Der Kameramann sagt: "Da sind sie." Wie aufgescheuchte Tiere rennen nackte Menschen hin und her, schieben Auslegerboote ins Wasser. Um ihre Bäuche gelbe Matten, in ihren Händen Speere.

"Evolution muss stattfinden"

Dann rudern sie, drohen mit ihren Waffen, rudern, drohen, schreien. Willkommen auf Nord-Sentinel, einer Insel, die die Menschen bislang nur durch Teleobjektive gesehen haben. Sperrgebiet. Diese Menschen gehören zu einem Volk, mit dem die Menschheit bis auf eine einzige friedliche Kokosnussübergabe offiziell nie Kontakt hatte: die Sentinelesen. Sie wehren sich seit Jahrhunderten. Bislang erfolgreich. Deswegen leben sie noch.

Heinrich Harrer, der hier 1974 anlanden wollte, schrieb: "Wir sahen den letzten Platz auf unserer Erde, wo man einen Steinzeitmenschen bei seinem rührenden Versuch beobachten kann, mit Gewalt in seiner Steinzeit zu bleiben." Der rührende Versuch ist ihre letzte Chance. Doch die Zivilisation lässt sie nicht in Ruhe. "Fahr' näher dran", sagt der Kameramann. Dann schwenkt er auf die Bootsinsassen, die winken. Am Strand herrscht Panik.

So ist es also, wenn die indische Regierung ihre Ureinwohner schützt. Am 13. April 2003 brachte der damalige Chefsekretär der Inseln eine Verwandte mit ihrem amerikanischen Mann dorthin, wo keiner hin darf. "Gegen alle Gesetze", sagt Samir Acharya. "Man muss sich das mal vorstellen. Die Sentinelesen sind unsere letzte Hoffnung.

Unberührt, stark - der Zivilisation entkommen. Warum können wir sie nicht in Ruhe lassen?" Als das Video öffentlich wurde, war die Empörung groß. Dann vergaß man die Sache wieder. Heute zeigen sie im Anthropological Survey of India in Port Blair dasselbe Video mit Stolz. Und der neue Chefsekretär sagt: "Die Evolution muss stattfinden. Das sind auch Menschen, wir müssen sie teilnehmen lassen." Auch wenn sie nicht wollen? Auch dann. Ende der Audienz.

Bei den Nikobaresen unten auf den Nikobaren ist es besser. Sie haben eine andere Geschichte, andere Vorfahren, sie haben seit Jahrhunderten Kontakt. Sie sind ein großes Volk - und sie wehren sich. Aber die 400 bis 500 Ureinwohner der Andamanen sind schwächer. Man müsse den Sentinelesen Feuer bringen, sagten indische Beamte nach dem Tsunami. Dann flogen sie mit Helikoptern los - doch von unten kamen Pfeile.

Samir Acharya lacht, genug Eisen für Pfeilspitzen hätten die Sentinelesen jetzt. Ihre Insel hat es nach dem Beben im Dezember um ein paar Meter angehoben, seitdem ist ein dort seit Jahren liegendes Schiffswrack gut erreichbar: "Wenn sie kein Feuer und kein Wasser hätten, wären sie schon gekommen. Es ist ihre Feindseligkeit, die sie rettet. Sie haben Angst, nur deshalb sind sie noch da. Die Großen Andamanesen haben teuer für ihre Offenheit bezahlt. Die nächsten, die draufgehen werden, sind die Onges."

Muss für Touristen

Tagelang kann Samir Acharya vom Unrecht erzählen. Von den Onges, denen die Regierung in den sechziger und siebziger Jahren Tausende bengalische Flüchtlinge auf die Insel setzte, bis für sie fast kein Platz mehr war auf Little Andaman. Von den Jarawas, die sich wehrten, bis die Regierung eine Straße durch ihr Leben baute: die Andaman Trunk Road. 129 Kilometer Rechtsbruch.

Der Oberste Gerichtshof Indiens hat 2002 in einem Urteil bestimmt, dass die Straße geschlossen werden muss. Passiert ist nichts. Erst schossen die Jarawas auf die Eindringlinge, dann hielten sie die Busse an, fuhren mit, bettelten. Wer heute dort fährt, muss im Konvoi bleiben, darf nicht halten, nicht fotografieren. Für Touristen ist die Fahrt ein Muss. Ureinwohner begaffen.

Aber an den Rändern der Straße kommen die Dinge durcheinander. Da ist zum Beispiel der Jarawa-Junge En Mei, den sie im April 1996 mit einem gebrochenen Bein einfingen, nach Port Blair brachten, mit dem Schnickschnack der Neuzeit überschütteten, zurückbrachten. Ein Jahr später stand er mit ein paar Freunden da, Neuzeit gucken. Es waren die ersten Touristen von der anderen Seite. Dann verschwand er für immer im Dschungel. "Es ist besser dort", sagte er.

Doch die Straße ist Verführung. Die Neugier treibt besonders die Jungen immer wieder heraus. Sie werden frecher, nehmen, was sie wollen, halten Autos an. Siedler, die mit der Straße in den Dschungel drängten, wurden von Pfeilen durchbohrt. Es war ein Durcheinander und ist es noch immer. Die Straße aber wollen die Inder nicht schließen, wo kämen wir hin, wegen ein paar Wilden.

Jirake, der König, aber hat sich aus dem Staub gemacht. Sie brachten ihn nach Madras. Dort starb er, auf dem Festland, weit weg von Meer und Sand und Seekühen. Zurück bleiben 50 Große Andamanesen. Die Allerletzten ihrer Art.

© SZ vom 21.5.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: