Türkei-Reisende:"Ich wäre am liebsten nicht gefahren"

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Die Anschläge in der Türkei haben viele Reisende verunsichert. Viele Touristen konnten nicht mehr umbuchen - die Stimmung ist gedrückt.

"Wenn es zwei Wochen früher passiert wäre, hätte ich versucht umzubuchen, doch jetzt war es nicht mehr möglich, weil ich den Flug nach Izmir über das Internet gebucht habe", sagt die 41-jährige Beatrice Tanaka aus Karlsruhe.

Türkei-Reisende auf dem Flughafen: Starten mit einem "mulmigen Gefühl." (Foto: Foto: dpa)

Mit ihrem Mann und ihren vierjährigen Zwillingen steht sie am Frankfurter Flughafen am Schalter der deutsch-türkischen Fluggesellschaft SunExpress. "Ich wäre am liebsten nicht gefahren", sagt die 41-Jährige. Jetzt startet sie mit einem "mulmigen Gefühl" in die langersehnten Ferien in der Türkei.

Sie und ihr Mann wollen dort möglichst wenig Risiko eingehen. "Basare und größere Menschenansammlungen werden wir meiden. Und unser Hotel liegt zum Glück in einem Ort, wo sich relativ wenige Touristen aufhalten", sagt Tanaka.

Auch Uta Coburger fliegt mit einem unguten Gefühl nach Izmir. "Ich habe kurz darüber nachgedacht, nicht hinzufahren, aber ich wollte die Reise dann doch nicht verpassen", sagt die 35-jährige Mainzerin auf dem größten deutschen Flughafen.

Die Doktorandin der klassischen Archäologie bricht mit einem Dozenten und Studienkollegen für zwei Wochen zu einer Exkursion entlang der Westküste auf, wo die Gruppe Ausgrabungsstätten besucht. "Aber ich bin froh, dass wir Touristenorte meiden", sagt sie.

Und ihr Freund Holger Faber, der die junge Frau zum Flughafen begleitete, fügt hinzu: "Ich wollte sie am liebsten gar nicht gehen lassen. Ich mache mir doch etwas Sorgen angesichts der aktuellen Situation."

Jörg Flender aus Wiesloch, der mit Frau und zwei Kindern ebenso auf seinen Flug ins westtürkische Izmir wartet, würde jetzt nicht an die türkische Riviera fahren.

"Zu viele Touristen"

"Da hätte ich umgebucht, dort ist mir die Situation zu brenzlig - zu viele Touristen." An dem Ort, in dem er seinen Urlaub verbringt, einige Kilomter nördlich von Izmir, fühlt er sich jedoch mit seiner Familie sicher.

Das deutsch-türkische Ehepaar Angelika Schweda und Bahattin Korkmaz zögerte dagegen keinen Moment, mit Sohn Koray (6) nach Cesme in den dreiwöchigen Urlaub zu fahren. "Wir haben keine Angst. Anschläge können überall in der Welt passieren", sagt Schweda.

Und Ehemann Korkmaz ärgert sich, dass das Image der Türkei schon wieder Schaden nimmt: "Es gibt Kräfte in der Türkei, die den Tourismus verhindern wollen. Das ist wirklich bedauerlich."

Dass die Auswirkungen auf den Türkei-Tourismus nicht zu gravierend sein werden, glaubt der Geschäftsführer des Air Marin Reisebüros am Frankfurter Flughafen, Kenan Seyrekbasan: "Die Menschen haben sich schon daran gewöhnt, dass überall auf der Welt etwas passieren kann." Generell sei das Türkeigeschäft in diesem Jahr - im Gegensatz zu zwei vorherigen Boomjahren - ohnehin rückläufig.

Mit über vier Millionen Besuchern aus Deutschland im vergangenen Jahr hatte sich das Land am Bosporus immer weiter an die Spitze der beliebtesten Reiseziele vorgearbeitet. Grund war das gute Preis-Leistungs-Verhältnis.

Dennoch brach Anfang dieses Jahres das Geschäft enorm ein: Ursachen waren die Vogelgrippefälle und der Streit um die Mohammed-Karikaturen. Zudem hat nach Einschätzung von Veranstaltern die relativ gleichförmige Hotelstruktur das Interesse etwas erlahmen lassen.

Dass die jüngsten Anschläge dem Türkei-Geschäft weiter schaden können, gilt in der Branche als ausgemachte Sache. In welchem Maße vermag jedoch noch kein Experte so recht einzuschätzen. Zahlreiche Veranstalter boten ihren Kunden kostenlose Umbuchungsmöglichkeiten.

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