Tierverbot in Italiens Zügen:Wir müssen leider draußen bleiben

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Um die Zecken- und Flohplage in italienischen Zügen zu stoppen, dürfen in Zukunft nur noch kleine, schädlingsfreie Tiere mitreisen.

Stefan Ulrich

Viele Passagiere finden ja seit langem, die italienische Bahn sei auf den Hund gekommen. Nun gilt das auch offiziell. Wie Trenitalia, der Passagierdienst der Staatseisenbahn, mitteilt, dürfen vom 1. Oktober an keine großen und mittleren Hunde mehr in ihren Zügen reisen. Trenitalia verdächtigt sie nämlich, all jenes Ungeziefer einzuschleppen, das die Fahrgäste in Italien immer wieder heimsucht.

Hunde dürfen nur noch mit Zertifikat vom Veterinär im Zug fahren. (Foto: Foto: ddp)

Kleine Hunde mit einem Gewicht bis zu sechs Kilogramm sind zwar weiter zugelassen, allerdings nur in Käfigen. Zudem müssen ihre Herrchen eine neue Bescheinigung eines Veterinärs mitführen, dass ihr Tier schädlingsfrei ist. Die selben Regeln gelten für Katzen und andere Haustiere.

Einzige Ausnahme: "Kleine Fische" brauchen kein Gesundheitszeugnis, schreibt die Bahn in ihrem Erlass. Mit einem Goldfisch reist es sich also auch künftig sorglos. Bei einem Karpfen sieht das schon anders aus.

Läuse, Spinnen und ein Skorpion

Trenitalia regiert mit dem ausgeklügelten Regelwerk auf ein Problem, das viele Passagiere aufwühlt: Hinter den Wandverkleidungen und in den Polstern der Waggons tummeln sich nicht selten Insekten wie Zecken, Läuse, Wanzen, Spinnen und Käfer. Auch ein Skorpion wurde schon gefangen.

Vor drei Jahren nahmen die Krabbeltiere so überhand, dass die Bahn Hunderte alter Wägen aufs Abstellgleis schob und etwa zweitausend andere Waggons für mehr als eine halbe Milliarde Euro speziell desinfizieren ließ. Doch damit war die Invasion nicht gestoppt. Auch in diesem Jahr gab es immer wieder Ärger mit den blinden Passagieren. Der Corriere della Sera titelte unlängst: "Zecken, Wanzen und Ameisen - Der Zoo, der in den Zügen reist".

Warum die Bahn gerade in Italien bisweilen verlaust wirkt, ist umstritten. Trenitalia macht etwa ungepflegte Hunde von Punkern verantwortlich, die durch den Tier-Erlass jetzt ausgeschlossen werden sollen. Zumindest eine Mitschuld dürfte aber auch die Reinigungsfirmen treffen, die die Züge offensichtlich unzureichend säubern.

Tierfreunde schimpfen auf die Bahn

Trenitalia verspricht nun, es würden "modernste Methoden der Kälte- und Hitzedesinfektion" eingeführt und andere Putzdienste beauftragt. Doch das besänftigt die Tierfreunde im Lande nicht. Sie schimpfen, die Bahn missbrauche die Hunde als Sündenböcke für eigenes Versagen.

In einem Internetforum des Corriere della Sera machten am Montag viele Hundehalter ihrem Ärger Luft. "Unsere Tiere sind sauber und gesund - im Gegensatz zu den Zügen, die in Italien verkehren", schreibt da etwa ein Fulvio B.

Die Bahn diskriminiere mit der neuen Regelung Millionen von Italienern. Eine Barbara Bacca blickt sehnsüchtig nach Norden und meint: "In Deutschland reisen die Hunde überall hin, egal wie groß sie sind. Aber in den deutschen Zügen gibt es weder Flöhe noch Zecken." Carla Rocchi, die Präsidentin der italienischen Tierschutzvereinigung Enpa, droht der Bahn sogar mit Klagen. "Diese Hygiene-Wut ist lächerlich", findet sie und fragt: "Was kommt als nächstes? Werden die Schaffner die Fingernägel und die Ohren der Reisenden kontrollieren?"

© SZ vom 23.09.2008/jtr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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